Deutschland hat einen Corona-Impfstoff, doch die bestellten Mengen reichen nicht aus. Der Impfstart in Deutschland steht in der Kritik und damit auch Gesundheitsminister Jens Spahn. Gleichzeitig sind die Infektionszahlen immer noch hoch und Deutschland verzeichnet bereits mehr als 40.000 Tote. Haben Bundesregierung und EU beim Impfstart versagt? Und welche Gefahr stellt die neue Mutation des Coronavirus hierzulande dar? Dies waren die Hauptfragen an diesem Abend bei der kurzerhand einberufenen "Anne Will"-Ausgabe.
Besonders SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, formulierte an diesem Abend scharfe Kritik am Impfstart. Sie warf der Bundesregierung Versagen beim Kauf der Impfdosen vor.
Das waren die Gäste bei "Anne Will":
Während die Corona-Infektionszahlen in Deutschland unverändert hoch sind, blickt man hierzulande auch besorgt auf Großbritannien. Eine Virus-Mutation bringt die Situation im Vereinigten Königreich derzeit außer Kontrolle. Viele stellen sich die Frage: Wie gefährlich ist die Mutation, die auch in Deutschland bereits angekommen ist?
Virologin Melanie Brinkmann erklärte bei "Anne Will": "Es sieht tatsächlich so aus, als wäre dies eine Virus-Variante, die sich schneller verbreitet und infektiöser ist. Aus virologischer Sicht ist sie noch schwer einzuordnen."
Die Virologin plädierte an dem Abend dafür, die Kontaktbeschränkungen in der Pandemie noch weiter zu verschärfen. Gerade weil wir mit dem Impfstoff gegen das Virus "das Licht am Ende des Tunnels" laut Melanie Brinkmann sehen können, sei es an der Zeit, nun durchzuziehen und die Zahlen so weit runterzubringen, dass ein dritter Lockdown nachhaltig verhindert werden könne.
Erst vor wenigen Tagen wurde der zweite Lockdown hierzulande verlängert und die Maßnahmen weiter verschärft. Reicht dies etwa noch nicht aus? Ja, meinte auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Sie sprach sich für stärkere Einschränkungen besonders in einem Bereich aus:
Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, gab sich überzeugt: "Das Einzige, was uns jetzt hilft, ist die Distanzierung, das ist das Vermeiden jedweder Kontakte."
Als einzig langfristig wirksames Mittel gegen das Coronavirus gilt bisher noch immer ein Impfstoff. Im Vergleich zu anderen Ländern verläuft der Impfstart in Deutschland eher schleppend.
Das Problem: Die Bundesregierung hat gemeinsam mit der EU zu zaghaft bestellt, nun gibt zu wenig Impfdosen im Land. "Das haben andere Länder anders gemacht. Hier kann man schon den Punkt setzen, dass das nicht sehr vorausschauend war", warf "Spiegel"-Journalist Martin Knobbe ein.
Frank Ulrich Montgomery verteidigte das Handeln der Bundesregierung bei den Verhandlungen über den Kauf von Impfdosen wiederholt. Er brachte außerdem den Preis-Vorteil ins Spiel, den die EU heraushandeln konnte. "Der Preis, den Pfizer und Biontech am Anfang verlangt haben, liegt etwa vierfach bei dem, was am Ende bezahlt worden ist", sagte er. Sieben Milliarden Euro habe man so weniger gezahlt, hob er lobend hervor. Da platzte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig der Kragen:
Die Geld-Debatte hält Schwesig für völlig verfehlt: "Wir haben doch eingangs darüber gesprochen, was uns droht. Die ganzen Beschränkungen, die Existenzen, die Arbeitsplätze, die Gesundheit... Alles was auf dem Spiel steht."
Schwesig kritisierte: "Es geht hier doch nicht um Computer für die Gesundheitsämter. Es geht um das einzige Mittel, das wir haben, um aus der Pandemie zu kommen." Und weiter: "Da kann es nicht sein, dass die EU feilscht."
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern sprach ihr Unverständnis darüber aus, dass die "starke und reiche EU nicht auf alle Impfstoffkandidaten gesetzt hat und bei allen Kandidaten 100 Prozent Impfstoff für die EU bestellt hat".
Dann hätten wir am Ende aber doch viel zu viel Impfstoff, wollte wohl der ein oder andere Zuschauer an dieser Stelle gerne einwerfen. Doch auch darauf lieferte Schwesig eine überzeugende Antwort: "Der Impfstoff, der über gewesen wäre, den braucht doch auch noch die restliche Welt."
Mit diesem Vorschlag hätten sich, so Schwesigs Logik, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen lassen: Deutschland und Europa wären ausreichend mit Impfstoff versorgt – und auch eine internationale Versorgung wäre sichergestellt gewesen. "Ich hatte immer gedacht, dass wir da in die Vollen gehen", sagte Schwesig. "Das hätte ich schon erwartet."