Während Wladimir Putin dem Westen wiederholt damit drohte, den Gashahn abzudrehen, bat Wolodymyr Selenskyj hierzulande erneut um weitere Unterstützung, die über die bisherigen Sanktionen hinausgeht. Der Krieg in der Ukraine dauert an und war auch am Donnerstagabend Thema bei "Maybrit Illner".
Wie weit kann Deutschland in seiner Unterstützung für die Ukraine gehen, ohne dabei selbst wirtschaftlich in die Knie zu gehen?
Die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer wollte ob des Leids in der Ukraine keinesfalls von einer Chance sprechen, bezeichnete ein Aus von Kohle und Gas grundsätzlich aber als "logische und notwendige Konsequenz" des russischen Angriffskriegs. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), hielt ein Energie-Embargo aus Sicht der deutschen Industrie hingegen für nicht verkraftbar.
Das waren die Gäste bei "Maybrit Illner" am 31. März:
Aktivistin Luisa Neubauer sprach sich im Beistand mit der Ukraine für ein sofortiges Energie-Embargo gegen Russland aus. Das politische Argument, ein solches würde den sozialen Frieden in Deutschland und Europa gefährden, wollte sie nicht gelten lassen. Die 25-Jährige machte deutlich:
Das derzeitige Entlastungspaket der Bundesregierung bestehe aus "fossilen Subventionen für die Reichsten in diesem Land". Es brauche echte soziale Ausgleichspolitik.
Über die Kosten und Folgen eines Embargos seien sich Ökonominnen und Ökonomen außerdem uneins. Neubauer erklärte: "Niemand schlägt ein Embargo vor, weil es leicht und unkompliziert ist, sondern weil es richtig und notwendig ist. Und weil wir jeden Tag, an dem es das nicht gibt, einen Kriegsverbrecher weiter finanzieren."
Wirtschaftsvertreter Siegfried Russwurm widersprach Luisa Neubauer gleich in mehreren Punkten. Mit dem Import von russischem Öl und Gas finanziere Deutschland zwar das System, jedoch nicht diesen Krieg. "Putin zahlt seine Soldaten in Rubel", stellte Russwurm fest.
Ein Energie-Embargo hielt der Wirtschaftsvertreter für unmöglich. Dieses lasse sich nur unzulänglich in Geld ausdrücken. "Wenn es nur eine Geldfrage wäre, dann könnte man über manches diskutieren", so der 58-Jährige.
Der wirtschaftliche Schaden eines Energie-Embargos gegen Russland sei jedoch komplizierter. Für den Fall eines Embargos prophezeite Russwurm:
Die Verflechtungszusammenhänge der Produktion mit Öl- und Gas hätten Auswirkungen auch auf viele andere Bereiche.
Die Politikwissenschaftlerin Jana Puglierin stimmte Russwurm in seinen Argumenten nur bedingt zu. Sie stärkte die Aussage Luisa Neubauers, dass ein Energie-Embargo Putin in eine schwierigere Lage bringen würde. Es stimme nicht, dass Deutschland den Krieg Putins nicht mit dem Kauf von Energie aus Russland mitfinanziere, so Puglierin.
Weiter erklärte sie: "Nur, weil die russischen Panzer schon bezahlt sind, heißt das ja nicht, dass wir nicht die gesamte Infrastruktur bezahlen."
Die Waffenlieferungen an die Ukraine bezeichnete die Leiterin des Berliner Büros der außenpolitischen Denkfabrik "European Council On Foreign Relations" (ECFR) als die "Lebenslinie der Ukraine". Sie setzte sich für noch stärkere Unterstützung für die Ukraine ein, um den Druck auf Putin zu erhöhen.
Luisa Neubauer, ganz die Klima-Aktivistin, spannte darüber hinaus auch noch den Bogen zur Klimakrise. Die Bemühungen im Kampf gegen Putin und gegen den Krieg in der Ukraine müssten begleitet werden von einem Umschwung, der grundsätzlich weg geht von fossilen Abhängigkeiten. Denn, so die 25-Jährige mit Blick auf die jüngsten Wirtschaftsverträge: "Autokraten gibt es viele auf der Welt."