Wo du in diesem Jahr Urlaub machen darfst, ist noch nicht völlig klar. Macht ja nichts. Man kann schließlich auf Balkonien umsteigen und dafür viel ins Schwimmbad – oder? Schön wäre es. Während die Freibad-Saison in den letzten Jahren spätestens Mitte Mai begann, sind die etwa 2700 deutschen Freibäder in diesem Jahr immer noch geschlossen: Corona.
Müssen wir also dieses Jahr auf Bikini und Sprungtürme verzichten? Oder mit Mundschutz unsere Bahnen ziehen? Und was heißt das für die Betreiber? Wir sprachen darüber mit einem, der es wissen muss: Dr. Christian Ochsenbauer von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB)
Wann und unter welchen Bedingungen die Freibäder öffnen dürfen ist Ländersache. "In Sachsen ist die Öffnung seit dem 15. Mai erlaubt, in Nordrhein-Westfalen ab dem 20. Mai gestattet", erzählt der Experte.
Aus NRW hätte er zumindest gehört, dass etwa ein Fünftel der Freibäder demnächst öffnen werden, also etwa 60 von insgesamt über 300. "Der große Rest wird nach und nach öffnen, spätestens mit Beginn der Sommerferien Ende Juni. Einige aber vielleicht gar nicht." In den anderen Bundesländern wird noch an den Rahmenbedingungen gefeilt, um eine finale Entscheidung zu den Bädern treffen zu können. Niedersachsen und Berlin hatten zuletzt den 25. Mai als Öffnungs-Termin angepeilt.
An heißen Tagen: Deutlich weniger als sonst. Der typische Sommeranblick von Handtüchern dicht an dicht wäre pandemisch betrachtet unvernünftig. Um die Besucherzahl zu begrenzen, hat die DGfdB eine Berechnungsgrundlage für Bäder veröffentlicht, die für jeden Gast eine festgelegte Quadratmeterfläche vorsieht.
Im Schwimmerbereich liegt diese Fläche bei 6 Quadratmetern pro Gast. Der Platzbedarf eines Besuchers im Außenbereich wird mit 15 Quadratmetern festgelegt, ein Sicherheitswert, da Badegäste die Abstände nur schätzen können. Um die maximale Gästeanzahl zu ermitteln, sollen diese beiden Größen ins Verhältnis gesetzt werden. Da es zum Beispiel unwahrscheinlich ist, dass sich alle gleichzeitig auf der Liegewiese befinden, müssen Bäder mit großer Außenfläche von der Beckenfläche ausgehen.
Ochsenbauer erklärt die Folgen: "An den 10 bis 15 Spitzentagen – also Wochenende und sehr heiß – wird nur ein kleiner Teil im Vergleich zum Normalbetrieb im Freibad sein dürfen. Also dann vielleicht nur 1000 statt 5000 Gäste. Bezogen auf die ca. 120 Betriebstage im Durchschnitt werden es wahrscheinlich ein Drittel der Normalbesucher sein."
An einem normalen Wochentag mit mittelgutem Wetter wäre die Begrenzung hingegen kaum spürbar – vorausgesetzt, die Corona-Lage ändert das Verhalten der Besucher nicht. Das sei "schwer kalkulierbar", erklärt er weiter.
Für die Betreiber der Freibäder ist die derzeitige Wartesituation ein Fiasko, doch auch wenn sie ihre Betriebe öffnen dürfen, wird es teuer für sie werden, erklärt Ochsenbauer uns. Das liegt vor allem daran, dass sich die Einnahmen "vorsichtig geschätzt auf ein Drittel reduzieren", sich die Ausgaben aber durch die Umsetzung von Hygieneplänen und ähnlichem erhöhen.
"Einige Investitionen für Trennwände etc. werden erforderlich, auch bei den Zugangssystemen sind nicht unerhebliche Investitionen in die digitale Ausstattung nötig, zum Beispiel Tablets und spezielle Software für das Online-Ticketing", erklärt er weiter. Um die Aufenthaltsdauer der Gäste im Auge zu behalten und Schlangen zu vermeiden, sind solche Systeme jetzt im Vormarsch. Dennoch wollen die Freibäder die neu entstehenden Kosten wohl nicht auf die Gäste umlegen, sagt Ochsenbauer. Im Gegenteil.
Nein. Das Umweltbundesamt hat sich mit dem Thema beschäftigt und Ende März gemeldet, dass in üblichen Freibädern, in denen das Wasser durch Chlor gereinigt wird, kein erhöhtes Infektionsrisiko besteht.
Unter einer Bedingung ist eine Ansteckung theoretisch aber doch möglich: Ein Restrisiko besteht nur, wenn Menschen mit Durchfall schwimmen gehen und dabei Viren im Stuhl ausscheiden, heißt es weiter. Das sei bei Covid-19 aber nur sehr selten der Fall. Ganz abgesehen davon: Wer Durchfall hat, sollte so oder so in kein Schwimmbecken einsteigen.
Wer von seinem Nebenschwimmer angehustet wird, hat natürlich dasselbe Risiko, dessen Viren abzubekommen, wie sonst auch. Aber Corona-Viren werden nicht durch das Wasser im Schwimmbecken selbst transportiert.
Bislang nicht, sagt uns Ochsenbauer, obwohl Nordrhein-Westfalen am 16. Mai festgesetzt hat, dass eine Mund-Nase-Bedeckung zumindest in geschlossenen Räumen auch bei Freibädern Pflicht sei. Das könnte Umkleiden oder auch Dusch- und Toilettenräume betreffen und kompliziert werden. "Wir haben heute das nordrhein-westfälische Gesundheits-Ministerium schriftlich gebeten, diese Regelung noch einmal zu überdenken", stellt er klar.
Ja. Um der Pandemie Einhalt zu gebieten, hat der DGfdB für Deutschlands Bäder eine Mustervorlage zur Erweiterung der Hausordnung geschaffen. Die soll als Leitlinie für deutsche Bäder dienen, denn bislang herrscht große Unklarheit.
"Wir erleben im Moment, dass länderspezifische Bestimmungen herausgegeben werden, die jüngste am 16. Mai 2020 durch NRW", erzählt uns Ochsenbauer. Die Bäder müssen die Leitlinien dann den jeweiligen Bestimmungen ihres Bundeslandes anpassen. "Wir haben bereits Richtung Politik und Öffentlichkeit signalisiert, dass wir uns bundesweit eine größere Einheitlichkeit gewünscht hätten."
In den erweiterten Hausregeln der DGfdB heißt es zum Geschehen rund ums Schwimmen unter anderem:
Also keine freibadtypischen Sitzpartys am Beckenrand mehr, auch keine Ansammlungen vor den Sprungtürmen und Wasserrutschen. Wer das Schwimmbecken nutzt, soll beim Ein- und Ausstieg auf seine Vorgänger warten und auch im Wasser den Mindestabstand von 1,5 Metern wahren, im besten Fall in der Mitte einer Schwimmbahn bleiben.
Auch außerhalb des Beckens wird das wilde Sommertreiben wohl einen Dämpfer verpasst bekommen. Abgesehen von inzwischen wohl allseits bekannter Corona-Etikette (Niesen in die Ellenbeuge, häufiges Händewaschen), kommen ein paar weitere Hausregeln im Außenbereich hinzu:
Ja. Allerdings unter Vorbehalt. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung GRC, auf den die Bäder verweisen, stellte zu dem Thema fest: "Wie bereits vor der Covid-19-Situation empfohlen, kann auf die Atemspende verzichtet werden, wenn man diese nicht durchführen kann bzw. nicht durchführen möchte. In diesem Fall können zum Eigenschutz der Ersthelfer vor Aerosolen Mund und Nase des Betroffenen zusätzlich mit einem luftdurchlässigen Tuch (im Sinne einer 'Mund-Nasen-Maske') bedeckt werden."