
Karl Lauterbach (SPD) sieht sich derzeit mit harscher Kritik für eine Video-Empfehlung konfrontiert.Bild: POOL / John Macdougall
Deutschland
13.11.2023, 10:2513.11.2023, 10:36
Rücktrittsforderungen an (Spitzen-) Politiker:innen sind keine Seltenheit, auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kann ein Lied davon singen.
Vor allem zu Pandemiezeiten hatte er mit vielen Kritiker:innen seiner Corona-Maßnahmen zu kämpfen. Jetzt teilte Lauterbach allerdings ein Video auf der Plattform X, ehemals Twitter, zum Krieg der Hamas gegen Israel, mit dem viele so gar nicht einverstanden waren.
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Inzwischen ist der Post gelöscht, die Kritik hört allerdings nicht auf. Ein Statement dazu wurde seitens Lauterbach nicht veröffentlicht (Stand 13. November, 10 Uhr).
Hamas-Terror: Publizist zieht in Interview perfiden Holocaust-Vergleich
Das Video, das aktuell seine Kreise zieht, ist ein Interview des britischen Senders TalkTV mit dem Publizisten Douglas Murray. TV-Moderator Piers Morgan sprach darin sieben Minuten lang mit Murray über den Terror der Hamas.
Zunächst erfuhr das Video viel Zuspruch. So schrieb etwa die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) dazu: "Ansehen und zuhören". Auch die deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm teilte das Interview mit den Worten "Wirklich großartig".

Karin Prien (CDU) ist Bildungsministerin in Schleswig-Holstein.Bild: imago images / Frank Gaeth
Der deutsche Journalist Jan Fleischhauer schrieb dazu: "Das ist großartig. Von beiden Seiten. So etwas wäre im deutschen TV undenkbar." Und auch in eine ähnliche Kerbe schlug Lauterbach mit seinem Tweet.
Er teilte das Video mit den Worten:
"Das Interview ist in der Tat extrem sehenswert, hier wird viel ausgesprochen, was sonst nur gedacht wird. Man muss nicht jeden Punkt teilen. Die Verharmlosung der Nazis gegenüber der Hamas ist falsch, solche Verbrechen sollte und kann man nicht vergleichen."
Trotz der Einschränkung, die Lauterbach hier in seiner Empfehlung tätigt, lässt scharfe Kritik nicht lange auf sich warten. Rücktrittsforderungen werden – wieder einmal – laut.
Denn: Murray vergleicht in dem Interview den Terror der Hamas mit den Taten der SS während des Holocausts.
Holocaust-Vergleich: Historiker ordnet Interview ein
Zahlreiche Wissenschaftler:innen widersprachen inzwischen den Aussagen in dem Video entschieden. So erinnerte der Historiker Jürgen Zimmerer an die grausamen SS-Verbrechen:
"Es gibt hunderte Fotos mit SS Männern und Soldaten, die vor Leichen posieren. Aus tätowierter Haut von ermordeten Jüdinnen ließen manche sich Lampenschirme anfertigen. Aber wenn ein islamophober Rechtsradikaler sagt, sie hätten sich geschämt, applaudieren alle."
Ex-Linken-Politiker Fabio De Masi fragte: "Karl, hast du ein Rad ab?" Weil Lauterbach "jeglichen politischen Kompass verloren" habe, forderte er dessen Rücktritt.
De Masi fordert Aufarbeitung der Lauterbach-Äußerungen
Während Journalist Jan Fleischhauer kurz darauf ein Statement veröffentlichte, in dem er sich entschuldigte, das Video empfohlen zu haben, löschte Karl Lauterbach seinen Tweet lediglich. Quittiert wurde dieses Vorgehen seitens De Masi mit den Worten:
"Der Minister Karl Lauterbach fühlt sich mit seinem Tweet offenbar nicht mehr so wohl. Fehlerkultur ist wichtig. Ich denke aber, das wird innerhalb der Bundesregierung noch aufzuarbeiten sein."
Nicht nur zwischen Union und SPD gibt es Uneinigkeit beim Thema Mindestlohn, auch die Opposition ist unzufrieden. Gegenüber watson kritisiert Grünen-Politiker Timon Dzienus die Einigung der neuen Koalition. Er sagt: Junge Menschen werden im Stich gelassen.
Um die Bodenhaftung von Politiker:innen zu taxieren, wird in Interviews gerne mal nach dem Preis für eine Tüte Milch gefragt. Das ist natürlich fies. Die Höhe des Mindestlohns aber, den in Deutschland immerhin knapp jede sechste Person in einem Beschäftigtenverhältnis verdient, den könnte man als Politiker:in schon kennen. Also, Friedrich Merz, wie hoch ist eigentlich der Mindestlohn aktuell?