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Schwere Waffen für die Ukraine? 5 Dinge, die ihr zu den Lieferungen wissen müsst

«Schwere Waffen jetzt» steht auf dem Plakat bei der Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine.
Eine Demonstrantin fordert schwere Waffen für die Ukraine auf einem Protest gegen den russischen Angriffskrieg.Bild: dpa / Paul Zinken
Analyse

Schwere Waffen für die Ukraine? Fünf Dinge, die ihr zu den Lieferungen wissen müsst

01.06.2022, 09:2101.06.2022, 10:30
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Mit einer großen Mehrheit von 586 Ja-Stimmen hat der Deutsche Bundestag am 28. April für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gestimmt. Das ist nun über einen Monat her. Wirklich voran geht es mit den Lieferungen allerdings nicht.

Wo liegen aktuell die Probleme? Welche Kritik gibt es? watson klärt die wichtigsten Fragen für euch.

Was ist aus dem Ringtausch geworden?

Bei der Frage sind sich die Ringtausch-Parteien uneinig: Polen wirft Deutschland Wortbruch vor. Deutschland meint, der Tausch sei komplizierter als gedacht. Der ursprüngliche Plan war, dass die Ukraine durch Ex-Sowjet-Länder mit sowjetischem Kriegsgerät – vor allem schweren Waffen – ausgestattet wird. Deutschland wiederum solle dafür bezahlen, beziehungsweise neues Gerät zur Verfügung stellen. Die Idee dahinter: Ukrainische Soldaten müssten an dem bekannten sowjetischen Kriegsgerät nicht speziell geschult werden, wie etwa jetzt für die Panzerhaubitze 2000.

So weit, so gut.

Oder auch nicht, denn bisher hat der Ringtausch zumindest mit Polen nicht funktioniert: Das Nachbarland hat zwar Kriegsgerät und Panzer in großer Stückzahl an die Ukraine abgegeben – Deutschland allerdings hat die Lücken in den Beständen nicht wieder aufgefüllt. Der polnische Präsident Andrzej Duda wirft der Bundesregierung deshalb Wortbruch vor.

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Polens Präsident Andrzej Duda.Bild: KEYSTONE / GIAN EHRENZELLER

Der Staatschef des Nato-Partners bezog sich in einem Interview des TV-Senders Welt am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos auf eine Zusage aus Berlin, Panzer zu liefern, mit denen von Polen an die Ukraine abgegebene Panzer ersetzt werden sollten. "Sie haben dieses Versprechen nicht erfüllt", fügte Duda mit Blick auf die Bundesregierung hinzu. "Und offen gesagt: Wir sind sehr enttäuscht darüber."

Das Problem sei aus deutscher Sicht, wie der "Spiegel" berichtet, dass die Bundeswehrbestände keine Aufstockung mit neuestem Kriegsgerät hergäben. Anders als das Ringtauschland Tschechien, wo der Dreier-Tausch bereits funktioniert habe, bestehe Polen auf neuestes westliches Kriegsgerät im Austausch für die Sowjet-Panzer.

Auch der angekündigte Ringtausch mit T-72-Panzern für die Ukraine aus Slowenien habe bisher laut dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk nicht geklappt.

Ebenfalls ausgehandelt worden sei der Ringtausch mit Griechenland. Das berichtet "Focus Online". Griechenland liefere nun alte Panzer aus Sowjet-Beständen an die Ukraine.

Welche Waffen wurden geliefert und welche fehlen?

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wird in Deutschland über die Lieferung von Kriegsgerät gesprochen. Zu Beginn waren da die 500 Helme, die das Verteidigungsministerium an die Ukraine schicken wollte. Mit der Zeit wurde die materielle Unterstützung allerdings sinnvoller. Deutschland lieferte bereits leichte Waffen – also Panzerfäuste, Luftabwehrraketen, Maschinengewehre und Munition.

Die Bundeswehr hat inzwischen außerdem mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 begonnen. Für eine deutsch-niederländische Waffenlieferung an das von Russland angegriffene Land würden insgesamt 18 Besatzungen trainiert, das teilte das Verteidigungsministerium laut dpa Mitte Mai mit.

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Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).Bild: imago images / imago images

Wie die "Welt am Sonntag" mit Verweis auf der Redaktion vorliegender Dokumente Ende Mai berichtete, sollen die deutschen Waffenlieferungen – auch von leichtem Gerät – in den vergangenen neun Wochen spärlich ausgefallen sein. Zwischen 30. März und dem 26. Mai seien nur zwei Waffenlieferungen der Bundesregierung in der Ukraine eingetroffen.

Wie die Zeitung weiter berichtete, läge die letzte Lieferung von Luft- und Panzerabwehrwaffen mehr als zwei Monate zurück. Sie beinhaltete 2000 Raketen für die Panzerfaust 3 und 1500 Luftabwehrraketen des Typs Strela. Die "Welt am Sonntag" beruft sich hierbei auf Aussagen der Ukraine.

Die Bundesregierung hat bisher die Lieferung von zwei Arten schwerer Waffen zugesagt: 50 Gepard-Luftabwehrpanzer und sieben Panzerhaubitzen 2000. Letzteres sind schwere Artilleriegeschütze. Die Ukraine fordert aber auch Kampf- und Schützenpanzer, Mehrfachraketenwerfer oder Antischiffsraketen.

Der ukrainische Botschafter Melnyk kritisierte, dass bislang weder Gepard-Panzer, noch Leopard 1 oder Marder geliefert worden seien. Also keine der erbetenen schweren Waffen.

Kanzler Scholz hat nun die Lieferung von modernen Flugabwehrsystemen angekündigt. Ob diese Systeme zu schweren Waffen zählen, hängt von den Modellen ab. Nicht alle Luftabwehrsysteme zählen zu schweren Waffen.

Wo hakt es aktuell?

Allerdings stockt nun wohl die Lieferung schwerer Waffen – Kanzler Olaf Scholz lehnt es ab, deutsche Kampf- und Schützenpanzer in die Ukraine zu liefern. Er betont, dass auch Frankreich und die USA keine schweren westlichen Kriegspanzer lieferten.

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Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem EU-Sondergipfel.Bild: imago images / imago images

Auch die Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretärin Siemtje Möller hatte im ZDF gesagt, es sei die "einheitliche Position" der westlichen Nato-Mitgliedsstaaten, keine Schützenpanzer oder Kampfpanzer westlichen Modells zu liefern. Daraufhin wurden Spekulationen laut, es könne inoffizielle Nato-Absprachen bezüglich der Waffenlieferungen an die Ukraine geben. Erweitert werden die Spekulationen um den Faktor Wladimir Putin: Die interne Absprache in der Nato-Chefetage soll eine Provokation des Kreml-Chefs vermeiden. Einen aktiven Eintritt in den Krieg verhindern.

Da es sich um mögliche inoffizielle Absprachen handelt, sind die Spekulationen aber vor allem eines: ungesichert.

Was ist dran an den Gerüchten über die internen Nato-Absprachen?

Wie der dpa in Bündniskreisen in Brüssel bestätigt wurde, soll durch die informellen Absprachen das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Nato-Staaten und Russland möglichst gering gehalten werden. Befürchtet wird so zum Beispiel, dass Russland die Lieferung westlicher Kampfpanzer und Kampfflugzeuge offiziell als Kriegseintritt werten könnte und dann militärische Vergeltungsmaßnahmen ergreift. Waffensysteme dieser Art wurden bislang nicht in die Ukraine geliefert.

BRUSSELS, BELGIUM - APRIL 28: NATO Secretary General Jens Stoltenberg and European Parliament President Roberta Metsola (not seen) hold a press conference at the European Parliament in Brussels, Belgi ...
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.Bild: AA / Dursun Aydemir

Vonseiten der Bundesregierung sei ebenfalls bestätigt worden, dass es informelle Gespräche darüber gegeben habe, was geliefert werden könne und was besser nicht. Das berichtet der "Tagesspiegel". Ein Nato-Sprecher äußerte sich währenddessen nur allgemein zu dem Thema. Alle Lieferentscheidungen seien Sache der einzelnen Mitgliedstaaten.

Bei einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses hatte sich Kanzler Scholz den Fragen der Abgeordneten gestellt. Es besteht die Möglichkeit, dass es auch in diesem Gespräch um die internen Absprachen ging. Der SPD-Obmann im Verteidigungsausschuss, Wolfgang Hellmich, soll anschließend öffentlich vor der Tür des Saales gesagt haben, dass damit klar sei, dass zum Beispiel keine Leopard-Kampfpanzer geliefert würden. Das berichtet der "Tagesspiegel". Eben diese Leopard-Panzer sollen laut dpa zur Kategorie der Waffensysteme gehören, die Nato-Staaten nicht an die Ukraine liefern sollen.

Der Inhalt des Gespräches im Verteidigungsausschuss ging allerdings wegen der Aktion des FDP-Politikers Marcus Faber unter. Dieser und zwei weitere FDP-Abgeordnete hatten die Sitzung voreilig verlassen. Wie Faber im Anschluss meinte, als Protestaktion.

Nach der verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen wenige Tage nach dem Eklat im Verteidigungsausschuss hat FDP-Chef Christian Lindner seine Partei zur Koalitionsdisziplin aufgerufen. Die Ampel-Koalition sei zwar keine Wunschhochzeit gewesen, aber gut für das Land. Wie das "Handelsblatt" berichtete, forderte der Finanzminister "berechenbares Regierungshandeln", von seinen Parteifreunden.

Was ist Koalitionsdisziplin?

Bei der Koalitionsdisziplin geht es darum, die Koalitionspartner politisch nicht zu schneiden und Entscheidungen und Kompromisse gemeinsam zu tragen. Koalitionen treten ihre Regierungszeit mitsamt eines Vertrages an, der die gemeinsamen Ziele festhält.

SPD, B
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor der Aufnahme der Koalitionsverhandlungen.Bild: imago images / Chris Emil Janssen

Innerhalb der einzelnen Fraktionen gibt es auch die Fraktionsdisziplin. In Deutschland sind Abgeordnete ihrem Gewissen verpflichtet, daher kann es keinen Fraktionszwang geben. Das würde bedeuten, dass alle Abgeordneten einer Fraktion geschlossen abstimmen müssten. Zur Fraktionsdisziplin gehört allerdings, die Fraktionsmeinung mitzutragen. Nur so kann eine Fraktion nach außen Geschlossenheit und Mehrheitsfähigkeit demonstrieren.

Bei der Koalitionsdisziplin ist das das Gleiche: Abgeordnete der Ampel-Fraktionen sind nicht verpflichtet, allerdings können zu viele Querschüsse der Regierungsfähigkeit schaden.

(Mit Material von dpa)

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