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SPD will Demokratie-Offensive auf Tiktok starten

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Die SPD hat sich auf Tiktok bislang zurückgehalten.Bild: imago stock&people / foto2press
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SPD will Demokratie-Offensive auf Tiktok starten: "Du musst nicht hip for the kids sein"

22.02.2024, 20:51
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Bislang hat nur die AfD verstanden, dass Tiktok eine Plattform ist, auf der sie sehr schnell sehr viele Menschen erreichen können. Auch auf den anderen Plattformen, wie Facebook oder Youtube, sind die Mitglieder der rechtsaußen Partei Spitzenreiter, wenn es um Follower:innen-Zahlen geht. Bei Tiktok aber waren sie lange auch die einzigen, die umfassend Social-Media-Arbeit betrieben haben.

Dabei geht es auf der Video-Plattform nicht nur um Accounts von Landesverbänden oder dem Bundesverband (dieser wurde 2022 sogar gesperrt). Die AfD setzt auf die Social-Media-Kompetenz ihrer Mitglieder. Und so überschwemmen zahlreiche Pro-AfD-Accounts die Plattform. Die anderen Parteien haben das Nachsehen. Bis jetzt.

Die SPD plant nämlich eine Gegenoffensive. Aus diesem Grund hat der Juso Tim Vollert zum Tiktok-Workshop für Basismitglieder eingeladen. Geplant wurde die Veranstaltung von der SPD-Schule im Willy-Brandt-Haus. Der Plan: eine Demokratie-Offensive starten.

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SPD: Mit Tiktok-Offensive zur Europawahl

Demokratische Parteien, meint Vollert, haben zu lange geschlafen. Warum das so ist, ist für ihn offensichtlich: "Die Hürde ist höher als bei Twitter, Facebook und Instagram", sagt er. Die Mitglieder bräuchten mindestens ein Mikrophon, eigentlich auch ein Ringlicht. Hinzu käme der Videoschnitt, der selbst mit Übung noch bis zu einer Stunde dauere. Trotzdem sei das wichtig.

Dem Juso ist klar, dass nicht alle Teilnehmer:innen seines ersten Kurses Influencer werden: "Aber selbst wenn nur ein paar die 100.000 Klicks schaffen, können die anderen gemeinsam trotzdem tausende Menschen erreichen", sagt er. Um die hundert Menschen hätten an der Online-Veranstaltung teilgenommen. Darunter Basis-Mitglieder, Mitarbeiter:innen in Wahlkampfteams und auch Kandidat:innen, die bei der Europawahl antreten.

Die SPD sei wie alle anderen demokratischen Parteien sehr spät dran, sagt Vollert. Er selbst hat einen Tiktok-Kanal, auf dem er regelmäßig live geht. Dort geht es allerdings nicht um Politik und Sozialdemokratie, sondern um Physik, das Weltall und die großen Fragen von Leben und Tod.

Selbst 2023 habe er noch regelmäßig Kommentare seiner Genoss:innen gehört, dass Tiktok nur eine Tanzplattform sei. Was sollen da Politiker:innen im höheren Alter? Was Vollert den Teilnehmer:innen des Workshops erklärt: "Du musst nicht hip for the kids sein."

Es müsse nämlich bedacht werden, dass im vergangenen Jahr knapp 20 Millionen User:innen aus Deutschland auf Tiktok waren. Eine Masse an potenziellen Wähler:innen. Und die wurden bislang vor allem AfD-Content und der Propaganda der Neuen Rechten überlassen. Vollerts Vision ist klar: "Die SPD macht sich damit als erste demokratische Gesamtpartei auf den Weg, die Plattform zu demokratisieren."

Das erklärte Ziel des Workshops sei es gewesen, Know-How an die Hand zu geben, wie auch Basismitglieder in kurzer Zeit zu Influencer:innen werden können. Gerade mit Blick auf die Europawahl sei das von Bedeutung, meint Vollert. Er wird daher auch in den kommenden Wochen und Monaten einige Europa-Kandidierende direkt beraten und unterstützen.

Gar nicht so leicht: "Du musst in Kurzvideos eine Prise Populismus zeigen. Das ist eine der größten Hürden der SPD. Die Mitglieder sind zu aufrichtig." Was er damit meint: Ein Video über die Klimakrise sollte aus Sicht Vollerts nicht mit Stromtrassen starten, sondern mit einer alarmierenden Aussage; Artensterben zum Beispiel. Danach könnte man wieder zum eigentlichen Lösungsansatz zurückkommen.

Laut Vollert wird dieser erste Workshop wohl nicht der letzte sein, den er für die SPD gibt. Die Demokratie-Offensive beginnt wohl gerade erst.

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