Am Dienstag bebte Twitter. Die Satiriker Serdar Somuncu und Florian Schroeder hatten in einem Radioeins-Podcast mit von Twitter-Nutzern als rassistisch, antiziganistisch und sexistisch wahrgenommenen Aussagen einen Shitstorm provoziert. Der Sender sah sich genötigt, in einem Statement den Podcast zu verteidigen, sich für fehlende redaktionelle Einordnung des Gesagten und verletzte Befindlichkeiten zu entschuldigen.
Am Dienstagnachmittag dann durften Schroeder und Somuncu bei Radioeins selbst antreten und den Ausschnitt einordnen.
Was das denn gewesen sei, was die beiden in ihrem Podcast gesagt hatten, wollte Radioeins von den beiden Satirikern wissen. Witze? Comedy? Schließlich hätten sie "beschissene Begriffe, die es gibt, um Menschen zu diffamieren, auf einmal rausgekübelt".
Vor allem Somuncu, der sich in seiner Twitter-Bio als "Shitstormtrooper" bezeichnet, nahm bei seiner Antwort kein Blatt vor den Mund. Er und Schroeder versuchten, mit künstlerischen Möglichkeiten Antworten zu geben. Bei ihm bedeute das seit 35 Jahren, dass er "souverän auch in die Täterrolle springen will" und nicht nur Opfer sein wolle. Er habe daher angefangen, "selbst zu beleidigen und die Schuld des Täter-seins auf mich zu nehmen".
Somuncu verweist dann auf den zentralen Satz seiner Figur: "Jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung." Dieser Satz ist seit vielen Jahren das Motto, unter dem Somuncu in seiner Figur auf die Bühne tritt – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Religion wird jeder und jede beleidigt.
Es sei daher auch nicht richtig, ihm nur Sexismus vorzuwerfen. Er sei genauso antisemitisch oder "gegen Hunde gewesen", genauso wie "gegen meine eigenen Landsleute". Alles, was sich anbiete, werde beleidigt, mit der Absicht "eine Gerechtigkeit herzustellen". Er wolle zeigen: "So funktioniert Intoleranz."
Der Shitstorm, den Somuncu und Schroeder mit ihren Aussagen im Podcast hervorgerufen hatten, sei für ihn ein Zeichen. "Wir machen das richtig", erklärte der Satiriker. Die zum Teil extremen Reaktionen ihrer Kritiker – Somuncu spricht von Beleidigungen und Morddrohungen – seien für ihn der Anlass zu sagen: "Ziel erreicht."
Im weiteren Verlauf des gut sechs Minuten langen Radiobeitrags reagiert Somuncu noch auf den Vorwurf der Grenzüberschreitung, explizit auch auf seine Verwendung des N-Worts.
Radioeins sei ein Programm für Erwachsene mit Abstraktionsvermögen, verteidigt er seinen Auftritt: "Wer Kabarett und Satire nicht von Realität unterscheiden kann, der darf sich auch nicht beschweren, wenn er es dann missversteht."
Florian Schroeder wird gegen Ende auf seine ebenfalls scharf kritisierte Reaktion auf Somuncus Beleidigungs-Stakkato im Podcast angesprochen. Statt sich im Gespräch zu distanzieren oder die Aussagen als Beleidigungen einzuordnen, hatte Schroeder laut gelacht.
Er begründete dies damit, dass er über Somuncus Auftritt als Figur gelacht habe, nicht über die Beleidigungen. "Das habe ich als Performance amüsant gefunden", sagte er. Das Gesagte habe er damit nicht unterstreichen wollen.
(pcl)