So funktioniert der (noch!) legale Handel mit Punkten aus Flensburg
Privat kennt man sicher jemanden, der es schon mal gemacht hat: Punkte in Flensburg für einen Bekannten übernehmen. Aber der Handel mit den unliebsamen Blitzer-Überbleibseln floriert inzwischen auch im Internet.
Händler werben online damit, die Strafen für Kunden zu übernehmen, die sich keine weiteren Punkte mehr leisten können. Verboten ist das in Deutschland bislang nicht.
Watson erklärt, was es mit diesem Geschäft auf sich hat und fragt zwei der Händler, wie sie zu ihrem seltsamen Beruf kamen.
Erste Frage: Ist das überhaupt legal?
Der Punktehandel ist eine rechtliche Grauzone. Wenn Kunden in der Vergangenheit angezeigt wurden, dann vor allem wegen zwei entscheidenden Paragrafen:
- § 271 StGB zu mittelbare Falschbeurkundung
- § 164 StGB zu falscher Verdächtigung
Das letzte wichtige Urteil zum Thema fiel am 20. Februar 2018 am Oberlandesgericht Stuttgart. Ein Mann hatte online einen Punktehändler beauftragt, seine Strafe in Flensburg zu übernehmen, wurde daraufhin angezeigt – und freigesprochen. Der Grund: Juristisch ließe sich die Trickserei nicht verurteilen.
Der 1.Vorwurf: Falschbeurkundung
Es klingt kurios, aber dieser Paragraf greift nur bei "öffentlichen Registern", so das Gericht in Stuttgart. Und dazu gehört das Verkehrszentralregister nicht.
Der 2.Vorwurf: Falsche Verdächtigung
Dieser Paragraf klingt zwar passend, greift beim Punktehandel aber auch nicht – denn dieser ist nur eine Ordnungswidrigkeit, keine Straftat. Juristisch ist das ein großer Unterschied: Ordnungswidrigkeiten sind nämlich "nur" Verwaltungsprozesse, die nach einer Verwarnung oder einem auferlegten Bußgeld erledigt sind.
Punktehandel ist also bislang nicht strafbar, schrammt aber haarscharf an der Illegalität vorbei. Verkehrsrechtler raten den Deutschen daher davon ab, sich auf den halbseidenen Deal einzulassen und fordern schon lange, die Gesetzeslücke auch juristisch zu schließen.
Wie läuft so ein Handel ab?
- Das Angebot ist für Autofahrer gedacht, die keinen (weiteren) Punkt in Flensburg haben wollen, denen aber einer droht (z.B. durch Geschwindigkeitsüberschreitungen).
- Der Kunde sendet seinen Anhörungs- oder Zeugenfragebogen an den Punktehändler.
- Der Händler setzt den Preis fest, der sich aus Bußgeld, Servicegebühr und Verwaltungskosten zusammensetzt.
- Der Kunde erteilt den Auftrag und überweist das Geld.
- Ist das Geld angekommen, sucht der Händler einen Fahrer, der den Verstoß stellvertretend zugibt und den Anhörungsbogen mit seinen Daten ausfüllt.
- Ist der Bußgeldbescheid dann da, zahlt ihn der Händler.
Und so teuer sind die Bußgelder
Händler Nr. 1 gegenüber watson
Wie seriös ist die Branche?
Immer wieder gibt es Beschwerden von Kunden über dubiose Punktehändler. Sie müssten ihr Geld zum Teil bis nach Thailand überweisen oder warteten vergeblich auf die versprochene Leistung. Dabei belaufen sich die Kosten bei satten 250 Euro pro Punkt, dazu Verwaltungs- und Servicegebühren. Eine Qualitätsprüfung gibt es in der Branche nicht – also Vorsicht!
Übrigens gilt im Punktehandel, wie in jeder anderen Branche: Wer versprochene Dienstleistungen nicht bekommt, kann klagen.