Für Friedrich Merz ist klar: Das AfD-Umfragehoch liegt an der Politik der Ampel – insbesondere der Grünen.Bild: dpa / Carsten Koall
Deutschland
Die AfD – das lässt sich nicht anders sagen – hat einen Run. Nach neusten Umfragen von Insa und Infratest Dimap liegen die Rechtspopulisten zwischen 18 und 19 Prozent. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl und alle Befragten stimmten ab, wie angegeben, würde die Partei ihr Ergebnis von 2021 fast verdoppeln.
Dass rechtspopulistische Parteien gerade offensichtlich profitieren und Stimmen einsammeln, haben auch die Bürger in Wut (BiW) bei der Bremen-Wahl bewiesen. In Bremerhaven, der zweiten Stadt im Stadtstaat, waren die BiW drittstärkste Kraft.
Warum rechte Parteien – und allen voran die AfD – gerade absahnen, ist aus Sicht von CDU-Chef Friedrich Merz leicht zu erkennen: "Eine schwache und beständig streitende Regierung löst Gegenreaktionen aus", schreibt er in seinem Newsletter "MerzMail". In einem Interview mit dem ZDF macht er aber auch in Richtung AfD eine klare Ansage.
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Friedrich Merz: Gendersterne treiben Menschen zur AfD
Eine besondere Schuld an dem Schlamassel trifft, aus Sicht von Merz, aber eine Partei: die Grünen. Mit "ihrer penetrant vorgetragenen Volkserziehungsattitüde" bekäme die Öko-Partei nämlich besonders viel Gegenwind ab. Im echten Leben, meint Merz, interessiere sich eben niemand wirklich für "Indianer" oder die "Mohrenstraße". Vielmehr seien die Menschen von Inflation und Wohnungsnot bedroht. Merz schreibt weiter:
"Und wenn die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger bei den Regierungsparteien kein Gehör mehr finden, dann wenden sie sich eben denen zu, die ganz besonders scharf dagegen sind, egal ob ganz rechts oder ganz links."
Und mit der Ampel-Regierung und den Grünen gibt es aus Sicht von Merz etliche Themen, die die Menschen in die Arme der AfD treiben: Habecks Trauzeugen-Affäre, Geflüchtete, marode Infrastruktur, Ärzt:innen- und Lehrer:innenmangel und die Unpünktlichkeit der Bahn. Aber eben auch: das Gendern.
Merz schreibt: "Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr nur im Stillen abgelehnt."
Auf Twitter hagelt es dafür Kritik. "Menschen werden zu Nazis, weil jemand Wähler:innen oder Pfleger:innen schreibt? Es muss etwas im Trinkwasser sein", schreibt beispielsweise ein Nutzer.
Grünen-EU-Politiker Erik Marquardt nimmt die Vorwürfe Merz' mit zynischem Humor: "Es ist ja auch logisch, denn man kann in vielen Geschichtsbüchern nachlesen, dass der Grund für Faschismus, Diktatur und Weltkriege auch in der Vergangenheit fast immer eine genderneutrale Toilette war", schreibt er.
Ein anderer Nutzer schreibt: "Ich frage mich, wann es hierzulande aus der Mode kam, konstruktive Oppositionsarbeit durch Zündeln nach Vorlage Trump zu ersetzen. Was Sie/die CDU machen, kann ich mir nur so erklären, dass Sie eine zukünftige Koalition mit der AfD vorbereiten wollen."
Merz verstärkt Brandmauer nach rechts
Ein Vorwurf, der dem CDU-Chef gar nicht passen dürfte. "Solange ich Parteivorsitzender der CDU bin, wird es keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei geben", erklärte er am Sonntagabend im ZDF. Er wolle den Menschen eine Stimme geben, die mit den Vorstößen der Ampel nicht zufrieden sind.
Warum die Union aktuell nicht anstelle der AfD profitiere, beantwortet Merz in seinem Newsletter so: "Auch wir werden mitverantwortlich gemacht für den Zustand des Landes – und das Mantra der Ampel, sie müsse nun endlich mal aufräumen, was da 16 Jahre lang liegen geblieben ist, verfängt eben bei vielen Wählerinnen und Wählern." Zur Wahrheit gehöre aber, dass auch SPD und FDP mitregiert hätten.
Für ihn ist aber klar: Ein Erstarken der AfD will er nicht hinnehmen. Deshalb will er sich auch für den Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) einsetzen, eine Kommission einzurichten, die sich mit illegaler Migration nach Deutschland beschäftigt.
Trotz der klaren Abgrenzung sieht sich der CDU-Chef mit Kritik konfrontiert. "Bloß keine Verantwortung übernehmen", schreibt ein Account unter den Tweet. Ein anderer schreibt: "Ich war lange Teil der schweigenden Mehrheit, aber angesichts der Zustände kann ich nicht mehr schweigen. Die CDU bietet keine Lösungen, sondern nur Hetze und treibt die Menschen dadurch zur AfD."
Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.