Grünen-Chef Omid Nouripour gerät bei Lanz in Verlegenheit.Bild: imago images / Bernd Elmenthaler
Deutschland
Der Plan der Regierung, bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren zu lassen, wackelt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hieß es: "Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen werden wir darauf ausrichten, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist." Mit der Förderung allerdings ist es seit diesem Jahr aus.
In der ZDF-Talkshow von Moderator Markus Lanz kommt Grünen-Chef Omid Nouripour in diesem Zusammenhang ins Schwitzen. Lanz löchert den Grünen gleich zu Beginn der Sendung zum Thema grüne Mobilität. Und Nouripour windet sich.
"Es ist schon komisch", beginnt Moderator Lanz seine Ausführungen und fährt fort:
"Einerseits kämpft der Grüne Wirtschaftsminister [Robert Habeck] in Amerika darum, dass endlich auch die deutschen Autobauer in den Genuss amerikanischer Subventionsmilliarden kommen, weil sie sonst abgehängt werden. Andererseits stellt er selbst die Förderung von E-Autos in Deutschland kurzfristig ein."
Zur Erinnerung: Durch den Green New Deal soll in den USA ein klimafreundliches Wirtschaftszeitalter eingeleitet werden. Milliardensubventionen inklusive. Der Haken: Für die Unterstützung geht es bei Firmen um die Frage, wie hoch der Anteil innerhalb der Produkte ist, der tatsächlich in den USA produziert wurde.
Nouripour kommt bei E-Auto-Debatte ins Straucheln
Vom Grünen-Chef will der Moderator schließlich wissen, warum auf deutschen Straßen vor allem viele Teslas unterwegs sind – und weniger deutsche E-Autos. Nouripour eiert daraufhin herum: Elektromobilität sei die Zukunft, meint er. Nun gehe es darum, mitzuhalten. Innovationen, Technik, Ideen, all das gebe es aus Sicht des Grünen auch in Deutschland. All das müsse schnell entfesselt werden.
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Lanz reicht das nicht. Er kommt auf die fehlende Ladeinfrastruktur zu sprechen – und bringt Nouripour damit offenbar in Verlegenheit. Ob der Grünen-Chef wisse, wie viele Ladesäulen für E-Autos im vergangenen Jahr gebaut worden seien? Nein, muss Nouripour zugeben. Eine Blitz-Recherche der Regie gibt Lanz die Möglichkeit, die aktuelle Zahl in die Debatte einzubringen. Nicht aber ohne Nouripour zumindest ein bisschen auflaufen zu lassen.
Zunächst nämlich will der Moderator vom Grünen-Chef wissen, wie viele E-Autos jährlich in Umlauf gebracht werden müssten, um die geplanten 15 Millionen E-Autos 2030 zu erreichen. "Hätte ich einen Knopf im Ohr, würde ich jetzt auch den Telefonjoker fragen", kontert Nouripour. Lanz erwidert, er brauche dafür keinen Joker, so etwas wisse der Talkmaster aus dem Kopf: "anderthalb Millionen." Ob Nouripour wisse, wie viele E-Autos im vergangenen Jahr zugelassen wurden? Nein. "500.000", stellt Lanz fest.
Er kommt zurück zu den Ladesäulen und will Nouripour schätzen lassen, der passt allerdings. "13.000 Ladesäulen", löst Lanz schließlich die Frage auf. "Das passt an keiner Ecke zusammen", stellt er fest.
Finanzierungsfrage von E-Auto-Förderung sorgt für Diskussion
Nouripour gerät in Verlegenheit. Es habe viele Gründe, dass die Umstellung so langsam vonstattengehe, merkt er an. Da seien die Antragsverfahren, die beschleunigt werden müssten. Das Kabinett arbeite daran, schneller zu werden. Lanz grätscht rein: "Warum kürzen wir dann in dieser Situation, quasi über Nacht, die Förderungen und würgen das alles ab?"
"Beim zweiten ist es ganz einfach: Kein Geld mehr da", antwortet Nouripour, wie aus der Pistole geschossen – womöglich, um zu vermeiden, dass Lanz ihn wieder unterbricht, ehe er auf diesen Punkt eingehen kann. Dann will er diesen Satz weiter ausführen, wird allerdings von Lanz unterbrochen. "Herr Nouripour", setzt dieser an. "Ich werde dazu noch zwei, drei Sätze sagen", würgt ihn der Grünen-Chef ab und fährt fort:
"Die Rechnung mit den anderthalb Millionen E-Autos jährlich und den bisher erst 500.000 im Jahr ist nicht ganz sauber, denn wir werden natürlich schneller werden und es werden demnach mehr Autos zugelassen werden."
Ein Punkt, den der Grüne nach den Vorhaltungen des Moderators offensichtlich machen wollte. Danach kommt er auf die Subventionen zu sprechen: Natürlich habe der Bund den E-Auto-Markt anschieben wollen. Die Regierung habe sich ebenfalls gewünscht, dass diese Förderung länger laufen könnte. Nun sei aber das Problem, dass kein Geld mehr da ist.
Wir erinnern uns: Im vergangenen Herbst stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Klima- und Transformationsfonds teils verfassungswidrig gefüllt wurde. Die Ampel-Koalition hatte dafür nämlich nicht verbrauchte Corona-Hilfen umgewidmet. Mit dem Urteil aus Karlsruhe standen die Koalitionäre vor einem milliardentiefen Haushaltsloch – und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein Spardiktat erlassen. An allen Ecken und Enden mussten Kosten reduziert werden.
Lanz unterbricht Nouripour an der Stelle: Die Grünen seien kein Trachtenverein, der sich etwas wünsche, merkt der Moderator an. Vielmehr handele es sich um eine Regierungspartei. "Sie müssen doch Leitplanken setzen", fordert er. Man könne nicht sagen, wir fördern etwas, und diese Förderung dann von jetzt auf gleich einstellen, bevor die Bürger:innen ihre bestellten Autos überhaupt erhalten haben, kritisiert er.
"Wir sind keine Gelddruckmaschine", verteidigt sich der Grünen-Chef: "Wenn kein Geld da ist, ist kein Geld da."
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Ganz anders als sein Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Der will trotzdem Kanzlerkandidat seiner Partei werden.