Lisa Poettinger ist nach der Demo gegen rechts am Sonntag in München massiver Hetze ausgesetzt.Bild: X / lisa Poettinger / Thomas Vonier
Deutschland
Lisa Poettinger hat mithilfe des Orga-Teams innerhalb von nur einer Woche die wohl zweitgrößte Demonstration in der Nachkriegsgeschichte von München organisiert. Mehr als 100.000 Menschen versammelten sich am Sonntag am Siegestor in der bayerischen Hauptstadt bei der Demo gegen rechts. Größer war nur die Lichterkette im Jahr 1992 als Reaktion auf rassistische Anschläge. Zahlreiche Menschen zeigen sich Lisa Poettinger gegenüber dankbar für dieses Engagement. Doch es gibt seitdem auch viel Hetze gegen die Münchnerin.
Die 27-jährige Lehramtsstudentin und Aktivistin leitete die Versammlung, sprach auf der Bühne in ihr Mikrofon. Nun steht sie im Zentrum einer hitzigen Debatte. Der Grund: Viele empfanden es so, als ob AfD, Ampelkoalition und Union in einen Topf geworfen wurden. Es ist ein regelrechter Shitstorm gegen die Verantwortliche für das Bühnenprogramm entbrannt. Poettinger erfährt massiven Hass und Anfeindung. Dies setzt der Aktivistin deutlich zu, wie sie jetzt verrät.
Demo-Organisatorin Lisa Poettinger im Zentrum von Hass und Hetze
Bereits einen Tag nach der Demo ging der Hass im Internet los. Sowohl über Beiträge auf Social Media, als auch über Direktnachrichten. Teils stammen diese von anonymen Accounts. "Es macht einem schon Angst", sagt Poettinger jetzt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). So wird sie demnach etwa als "erbärmliche Linksextremistin", "kleine verwirrte Psycho-Eule" oder "Judenhasserin" bezeichnet, um harmlosere Aussagen zu zitieren.
Aber auch eindeutige Drohungen finden sich auf X, ehemals Twitter. Zum Beispiel diese hier: "Weiß jemand, wo diese Dünnbrettbohrerin wohnt? Man könnte ja mal gleiches mit gleichen vergelten oder sie mit den eigenen Mitteln konfrontieren ... denn wer Hass und Hetze sät, wird dies auch zurückbekommen!"
Lisa Poettinger polarisiert – und stellt klare Forderung an die Politik
Lisa Poettinger ist keine Unbekannte, hat sich einen Namen in der Klimabewegung gemacht. Sie war etwa beim Protest gegen den G7-Gipfel 2022 dabei, engagierte sich zwei Jahre lang bei "Extinction Rebellion". Sie tut ihre Meinungen regelmäßig öffentlich kund.
Das nehmen Kritiker:innen jetzt zum Anlass, sie zu kritisieren, einige auch, um gegen sie zu hetzen. Unter anderem wegen Aussagen, die sie in der Vergangenheit getätigt hat. So schrieb sie im Sommer 2022 auf Social Media, dass sie es für legitim halte, "Adressen von Nazis, Klimafaschos und Konzerneigentürmer:innen" zu veröffentlichen. Auch Häuser mit Farbe zu bewerfen oder mit Graffiti zu beschmieren, ist ihrer Ansicht nach okay. Der Vorwurf: Sie sei radikal. Laut "SZ" streitet sie dies nicht ab, sei aber gegen jede Form von Gewalt gegen Menschen.
Mehr als 100.000 Menschen versammelten sich am Sonntag am Siegestor in München bei der Demo gegen rechts.Bild: imago images / Wolfgang Maria Weber
Es gibt viele inhaltliche Kritikpunkte in der Debatte um die Demo und die Aktivistin. Etwa weil sie die Union mit Rechtsextremen und der AfD teils in einen Topf warf, sagen Kritiker:innen. Poettinger könne verstehen, dass sich einige dadurch auf den Schlips getreten fühlen. Wie massiv die Aufregung sich entlädt, stößt bei ihr jedoch auf Unverständnis. Das Motto der Demo lautete schließlich "gemeinsam gegen rechts".
Der Protest habe sich nicht ausschließlich gegen Rechtsextremismus und AfD gerichtet. Die CDU müsse sich nicht nur in ihren Aussagen von der AfD abgrenzen, sondern auch Taten folgen lassen. Ampel und die Union hätten der Partei oftmals den Weg bereitet, beispielsweise in der Migrationspolitik mit dem "Rückführungsverbesserungsgesetz".
Extremer Shitstorm gegen Demo-Organisatorin durch polemische Artikel
Sie sieht zudem die Demo als Erfolg. Schließlich sei es gelungen, eine "Riesendebatte auszulösen. Das finde ich großartig."
Weniger großartig findet sie Hass und Hetze. Befeuert wurde der Shitstorm gegen Poettinger durch einen polemischen Artikel auf der von Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt gegründeten Seite "Nius". "Die Guten dürfen alles", heißt es in der Überschrift eines Fotos von Poettinger. Und auch die "Bild" titelte: "Schatten über Mega-Kundgebung - Münchner Demo-Organisatorin ist selbst extrem." Sie sei eine System-Gegnerin. In dem Artikel beziehen sich die Autoren etwa auf einen viele Monate zurückliegenden Social-Media-Post Poettingers. Darin hatte sie das Vorgehen Israels im Krieg gegen Gaza als "Völkermord" bezeichnet.
Sie stellt klar: Der Genozid-Vorwurf spiegele ihre persönliche Meinung wider, richte sich nicht gegen Jüd:innen. Sie kritisiere vielmehr die israelische Regierung für das Vorgehen. Die Hamas finde sie "grauenvoll". Mit der Demo will sie diesen Vorwurf nicht in Verbindung bringen.
Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich
hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden?
Hier findest du unseren Broadcast-Channel.
Über die Hass-Nachrichten nach Veröffentlichung der Artikel sagt sie: "Das setzt mir schon zu." Um damit umzugehen, helfen ihr Freunde, schlimme Gewaltaufrufe zu filtern. Bekannte kümmerten sich um den X-Account, als "Puffer gegen Hassnachrichten", sagt sie der "SZ". Darunter befänden sich auch "ekelhafte, sexualisierte Gewaltfantasien". Gleichzeitig sagt sie: "Wer Haltung zeigt, macht sich angreifbar. Das ist auch in Ordnung, denn so entstehen Debatten und Diskurse."
Robert Habeck ist wohl eine der einprägsamsten Figuren der Politiklandschaft Deutschlands. Seit Dezember 2021 ist er Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler der Bundesrepublik. Als Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat er sich einen Namen als pragmatischer und kommunikationsstarker Politiker gemacht.