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Ampel-Regierung beendet Haushalts-Streit: Pläne sorgen für Wirbel

Olaf Scholz SPD, Bundeskanzler, Robert Habeck Buendnis 90/Die Gruenen, Bundesminister fuer Wirtschaft und Klimaschutz und Vizekanzler und Christian Lindner FDP, Bundesminister der Finanzen, aufgenomme ...
Kanzler Olaf Scholz (r.), Wirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und Finanzminister Christian Lindner (m.) treten am Mittwochmittag (13.) vor die Presse.Bild: imago images / photothek/ Florian Grätner
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Ampel-Regierung beendet Haushalts-Streit: Pläne sorgen für Wirbel

13.12.2023, 14:38
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Ein bisschen weniger als einen Monat haben die Vertreter:innen der Ampelregierung nun gebraucht, um sich nach dem Urteil aus Karlsruhe auf einen neuen Haushaltsplan zu einigen. Die Verhandlungen waren offensichtlich hart. Erst in den frühen Morgenstunden des 13. Dezember konnten sich die Koalitionäre auf einen gemeinsamen Plan verständigen.

Schon im Vorfeld der Ergebnispräsentation sorgten die möglichen Pläne für Sorge und Belustigung auf Social Media. So zeigt Moderator Micky Beisenherz auf X, früher Twitter, eine "frühe Abbildung" der "drei Weisen aus dem Kanzleramt". Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband macht seine Forderung deutlich: "Hände weg vom Sozialstaat!"

Nach wenigen Stunden Schlaf, wie die müden Gesichter von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) nahelegen, treten die drei Regierungsvertreter Mittwochmittag dann vor die Presse. Die Regierung hat sich auf verschiedene Sparmaßnahmen geeinigt; der soziale Bereich soll davon nicht betroffen sein, stellt Lindner klar. Gefolgt wird die Aussage allerdings von einem "dennoch".

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Sparmaßnahmen: Was die Ampel nun plant

"Wichtig ist aber, es wird keine Reduzierung von sozialen Standards geben, das ist das gemeinsame Versprechen dieser Koalition", sagt Lindner. Und fügt an: "Dennoch erreichen wir durch mehr Treffsicherheit bei Sozialleistungen eine Einsparung, so haben wir uns das vorgenommen, von 1,5 Milliarden Euro auch im Bereich des Arbeitsmarktes über die bessere Vermittlung von den Geflüchteten aus der Ukraine beispielsweise."

Größere Einsparposten sehen die Koalitionäre aber offenbar im Bereich von Bau, Wirtschaft und Verkehr. So hat etwa Wirtschaftsminister Habeck angekündigt, dass die Förderung für den Kauf von Elektro-Autos früher ausläuft als geplant. Darüber hinaus werde es Kürzungen in der Solarindustrie geben. "Das tut mir weh", fügt er an.

Die vorgesehenen Milliardenmittel für die Sanierung des Schienennetzes sollen außerdem nicht mehr wie geplant aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden. Stattdessen würden die Mittel, laut Habeck, "anders finanziert". Meint: Die Sanierung der Bahn soll trotz finanziellem Engpass nicht aufgeschoben werden.

Die zentralen Ziele der Ampel-Koalition sind laut Kanzler Scholz weiterhin: "Wir treiben den klimaneutralen Umbau unseres Landes kraftvoll voran. Wir stärken den sozialen Zusammenhalt. Und wir stehen eng an der Seite der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland." Um das trotz des Haushaltsloches zu schaffen, will die Ampel nicht nur sparen, sondern an anderer Ecke auch mehr Geld einnehmen.

Die Ampel will nun unter anderem den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien anheben. Es werde auf den alten Preispfad der großen Koalition zurückgekehrt, erklärten Habeck und Lindner. Gestrichen werden soll ein eigentlich geplanter milliardenschwerer Zuschuss zu Entgelten für das Stromnetz, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Koalitionskreisen erfahren haben will. Der Abbau klimaschädlicher Subventionen soll laut Lindner einen Umfang von drei Milliarden Euro haben.

Bis 2027 sollen zudem Klimaschutz- und Transformationsprojekte im Volumen von 45 Milliarden Euro gekürzt werden. Der Klima- und Transformationsfonds bleibe das zentrale Instrument des Bundes für den klimaneutralen Umbau des Landes, meinte Scholz. Er habe noch immer ein Gesamtvolumen von 160 Milliarden Euro. Allein 2024 würden die Ausgaben aber um 12 Milliarden Euro verringert.

Die Spitzen der Koalition sicherten außerdem der Ukraine weitere und umfassende Hilfen zu. Diese Unterstützung werde aus dem Regelhaushalt gestemmt, "so wie wir es geplant haben und vor allem so lange wie nötig", sagte Scholz dazu. Für viele ist die Einigung nun ein wichtiger Schritt zurück in eine stabile Regierung – aber der Plan der Ampel kommt längst nicht bei jedem gut an.

Viel Kritik von allen Seiten

Für Martin Huber, Generalsekretär der CSU, geht die "Farce", wie er es nennt, bereits damit los, dass die Ampel-Verhandler nicht direkt nach der Einigung vor die Presse getreten sind. Huber schreibt auf X: "Nun gibt es offensichtlich eine Einigung – aber die Ampel muss sich erstmal frisch machen und lässt das Land nochmal fünf Stunden warten, bevor sie ihre Entscheidungen verkündet! Kann man sich nicht ausdenken."

Juso-Chef Philipp Türmer ist offensichtlich wenig begeistert von den Plänen in Sachen Sozialpolitik. So würden durch die Einigung in Zukunft Sanktionen für Bürgergeldbeziehende verschärft und der Weiterbildungsbonus gekürzt. "Gerade in einem wirtschaftlichen Umbruch ist Weiterqualifizierung unglaublich wichtig", stellt Türmer klar. Wie beim Bürgergeldvorgänger Hartz IV werde nun also wieder auf Druck statt auf positive Anreize gesetzt.

Linken-Politikerin Susanne Ferschl sorgt sich durch den neuen Haushalt gar vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft. Auf X schreibt sie:

"Der Haushalt wird zu Teuerungen beim Tanken und Heizen (durch CO2-Preis), zu Einschnitten im Sozialen, und zu mehr Rüstungsausgaben führen und die soziale Schieflage zwischen Arm und Reich vergrößern. Das alles treibt die Spaltung der Gesellschaft weiter voran."

Ihr Parteivorsitzender Martin Schirdewan geht noch einen Schritt weiter: "Die Ampel ist ein Konjunkturprogramm für Demokratieverdrossenheit", wettert er. Ähnlich drastisch gibt Filippos Kourtoglou, Gewerkschaftssekretär der IG-Metall seine Meinung kund: "Ampel will das Land nicht gestalten und fit für die Zukunft machen, man will’s verwalten und hoffen, dass alles irgendwie gut geht." Die Politik des Kürzens und Sparens werde die Arbeiter:innen genauso treffen, wie künftige Generationen, merkt er an.

Auch Svenja Appuhn, Co-Sprecherin der Grünen Jugend, zeigt sich wenig begeistert von den Plänen. Sie twittert: "Dass der CO2-Preis stärker angehoben wird, ohne, dass ein Klimageld ausgezahlt wird, ist keine gute Nachricht. Hohe Preise sind jetzt schon die größte Sorge der Menschen in Deutschland. Wenn Klimaschutz das Leben jetzt noch teurer macht, werden Mehrheiten wegbrechen."

Grünen-Kollegin Paula Piechotta merkt auf Twitter allerdings auch an, es gebe mit dem "heutigen Tag den Einstieg aus dem Ausstieg aus klimaschädlichen Subventionen. Damit hat das Urteil des BVerfG definitiv schon jetzt auch Positives bewirkt." Auch die Kindergrundsicherung, die trotz Sparkurs kommen soll, wird von einigen Parteifreund:innen hochgehalten.

Zufrieden zeigt sich auch der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Liberalen, Tobias Weiskopf. Laut ihm ist die FDP "in dieser Bundesregierung die Stimme künftiger Generationen". Die Einhaltung der Schuldenbremse 2024 sei ein wichtiges Signal, meint er.

(Mit Material der dpa)

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