Bundeskanzler Olaf Scholz tritt sich in Berlin mit Vertretern der Auto- und Mobilitätsbranche. Bild: dpa / Michael Kappeler
Deutschland
Unter der Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz steigt am Dienstag in Berlin ein umstrittenes Treffen im Kanzleramt. Was früher mal Autogipfel hieß, trägt jetzt den Namen Mobilitätsgipfel und steht von Beginn an unter keinem guten Stern. Neben Umweltorganisationen, Koalitions- und Oppositionsparteien haben auch Fahrrad- und Bahnverbände Kritik an dem Treffen geäußert.
Im Folgenden erfährst du alles Wichtige zum Gipfel und dazu, warum er so polarisiert.
Worum geht es beim Mobilitätsgipfel?
Das Treffen soll sich damit befassen, "das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen und gleichzeitig Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland zu erhalten." Ähnliche Zusammenkünfte hatte es auch unter Scholz' Vorgängerin Angela Merkel gegeben – diesmal ist es das erste Treffen einer sogenannten Strategieplattform "Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft".
Wer nimmt teil?
Nach Angaben der Regierung nehmen neben Scholz (SPD) auch die Ministerinnen und Minister der Ressorts Verkehr, Wirtschaft, Finanzen, Umwelt und Arbeit teil sowie Vertreterinnen und Vertreter von Ländern und Kommunen, Gewerkschaften und Wissenschaft sowie der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.
Roboter bauen im VW-Werk im niedersächsischen Emden das Elektroauto ID.4 zusammen.Bild: dpa / Sina Schuldt
Warum wird das Treffen kritisiert?
Bahn- und Fahrradverbände hatten im Vorfeld kritisiert, dass der Gipfel den Fokus zu sehr auf das Auto lege. Mobilität dürfe nicht mit Elektromobilität gleichgesetzt werden, forderten sie.
"Was früher einmal Autogipfel genannt wurde, hat jetzt ein neues Label bekommen – die Inhalte sind aber die alten", erklärte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Montag. Das Kanzleramt denke die Transformation der Mobilitätswirtschaft nicht als Ganzes, sondern setze Mobilität mit Elektromobilität gleich, lautete die Kritik weiter. Es sei aber ein Fehler, jedes Verkehrsmittel isoliert zu betrachten.
So sehen es auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und weitere Fahrradverbände. Die Menschen seien "längst bereit, für kürzere Strecken das Auto stehenzulassen und das Rad zu nehmen", erklärte die ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters. Es gebe aber nicht genügend Radwege. Der Bund müsse rasch den rechtlichen Rahmen dafür liefern, dann könnten die Kommunen auch schnell neue Wege bauen.
Wie blicken Umweltverbände auf das Trefffen?
Kritisch. Es müsse auch um "Mobilität mit weniger Autos und mehr Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr" gehen, erklärte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock.
Greenpeace äußerte im Vorfeld, geringe Erwartungen an den Gipfel zur Zukunft der Mobilität im Kanzleramt zu haben. "Ich habe schon so viele 'Autogipfel' verfolgt, die ohne Ergebnis, ohne Wirkung zu Ende gegangen sind", sagte der Deutschland-Co-Geschäftsführer der Umweltschutzorganisation, Martin Kaiser.
Wie reagiert die Politik?
Sowohl innerhalb der Koalition als auch vonseiten der Opposition gab es im Vorfeld des Treffens Kritik. Die FDP richtet sich dabei gegen die Industriepolitik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Es brauche "ein klares Bekenntnis zum Automobilstandort Deutschland mit seinen hunderttausenden hoch spezialisierten Arbeitsplätzen", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Carina Konrad, dem "Handelsblatt". Bislang sei das Interesse des Ministeriums am Industriestandort "höchst überschaubar".
Sie warf dem grünen Koalitionspartner vor, "immer weitreichendere Regulierungsideen" zu hegen und zugleich "ein an vielen Stellen lückenhaftes energiepolitisches Konzept" zu verfolgen. Habeck müsse sich auf EU-Ebene für eine "umsetzbare" neue Abgasnorm einsetzen und die "Blockade" gegen synthetische Kraftstoffe aufgeben.
Carina Konrad, die Vize-Fraktionschefin der FDP, schießt vor dem Autogipfel gegen Wirtschaftsminister Habeck.Bild: IMAGO/Christian Spicker
Auch der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, forderte mehr Unterstützung für die sogenannten E-Fuels. Der stockende Ausbau der E-Ladesäulen zeige, dass "der alleinige Fokus auf die Elektrifizierung" nicht funktioniere, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Die E-Fuel-Technologie gilt bislang als sehr teuer und weniger effizient als ein Elektroantrieb. Auf Druck der FDP hatte sich die Bundesregierung bei der Debatte zum Aus des Verbrennungsmotors auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass die Tür für Verbrenner von E-Fuels grundsätzlich offen bleibt.
(mit Material von dpa und AFP)
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