Politik
watson antwortet

Militär-Flugzeuge über Deutschland: Das steckt hinter "Air Defender 2023"

Niedersachsen, Wunstorf, Air Defender 2023, Medientag der Übung Air Defender 2023 in Wunstorf, *** Lower Saxony, Wunstorf, Air Defender 2023, media day of the Air Defender 2023 exercise in Wunstorf,
"Air Defender 2023" ist am Montag gestartet.Bild: imago images / localpic
watson antwortet

Militär-Flugzeuge über Deutschland: Das steckt hinter "Air Defender 2023"

12.06.2023, 13:34
Mehr «Politik»

Am Himmel über Deutschland sind dieser Tage mehr Flugzeuge als sonst zu sehen. Vor allem dürfte sich der eine oder andere über das hohe Aufkommen von Militär-Flugzeugen wundern.

Zurecht, denn der Eindruck täuscht nicht.

dpatopbilder - 12.06.2023, Schleswig-Holstein, Jagel: Schaulustige beobachten den Start eines Tornado-Kampfjets zu Beginn des internationalen Luftwaffen-Manövers "Air Defender 2023" am Zaun  ...
2000 Flüge von Militär-Flugzeugen soll es in den kommenden Tagen wegen "Air Defender 2023" geben.Bild: dpa / Gregor Fischer

Dahinter steckt die größte Luftwaffenübung seit Bestehen der Nato. Am Montag hat die Übung mit dem Namen "Air Defender 2023" offiziell begonnen. Geplant war sie jedoch schon seit Jahren. In Zeiten der Zerwürfnisse zwischen dem Westen und Russland hat sie nun jedoch einen besonderen Symbolwert.

Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update! Hier findest du unseren Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne hier auch auf Instagram.

Doch was genau geht am Himmel über Deutschland vor sich und warum stößt "Air Defender 2023" auf Kritik? Watson hat die wichtigsten Antworten zusammengefasst.

Was genau ist "Air Defender 2023" eigentlich?

Das Manöver "Air Defender 2023" ist eine riesige Luftwaffenübung der Nato – die größte seit der Gründung des Militärbündnisses im Jahr 1949. Am Montag, dem 12. Juni, hat sie offiziell begonnen und wird von der deutschen Luftwaffe geleitet.

25 Nationen sowie die Nato nehmen an der Übung teil. Laut Angaben der Bundeswehr sind rund 10.000 Soldat:innen sowie 250 Flugzeuge an der zehn Tage andauernden Übung beteiligt, darunter 70 Maschinen aus Deutschland. Ein Sprecher der deutschen Luftwaffe bestätigte den Auftakt am Montagmorgen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Was wird während des Manövers passieren?

Im Rahmen des Manövers "Air Defender 2023" wird es in den kommenden Tagen rund 2000 einzelne Flüge am Himmel über Deutschland geben. Der Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover fungiert als das logistische Drehkreuz der Übung, von dem aus zahlreiche Maschinen starten und landen. Weitere bedeutende Standorte der Übung sind die Flugplätze Schleswig-Jagel und Hohn in Schleswig-Holstein sowie der Fliegerhorst Lechfeld in Bayern. Die Operationen werden in drei verschiedenen Übungszonen stattfinden: über der Nord- und Ostsee, über dem Nordosten Deutschlands und über dem Süden Deutschlands.

Klar, dass 2000 Flüge nicht ohne Folgen bleiben.

Flugzeuge verursachen Lärm und mögliche Verspätungen an Flughäfen

Nicht nur, dass vermehrt Militär-Flugzeuge am Himmel zu sehen sind. Anwohnende müssen mit erhöhtem Fluglärm rechnen. Aber: Nachts und am Wochenende soll es keinen Übungsflugbetrieb geben. Die Bundeswehr plant, über bewohntem Gebiet so wenig wie möglich zu fliegen.

Es ist allerdings noch unklar, wie sich das Manöver auf den zivilen Luftverkehr auswirken wird. Die Bundeswehr geht davon aus, dass sich bestimmte Flüge dadurch möglicherweise verspäten könnten. Massive Probleme mit dem regulären Flugverkehr soll es demnach jedoch nicht geben.

13.06.2023, Hessen, Frankfurt/Main: Eine Passagiermaschine der Lufthansa startet am Flughafen Frankfurt am Main. Durch das internationale Luftwaffen-Manöver "Air Defender 2023" rechnen Luftf ...
"Air Defender 2023" könnte Auswirkungen auf den regulären Flugverkehr haben.Bild: dpa / Boris Roessler

Was ist der Grund für die Protz-Militärübung?

Der ursprüngliche Gedanke von "Air Defender" ist so aktuell wie schon lange nicht mehr. Dabei entstand die Idee bereits im Jahr 2018, lange bevor Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete. Mehrere Jahre vor dem Einmarsch russischer Truppen war schon klar, dass das Manöver stattfinden würde. Die Übung soll die Nato-Verbündeten für den Fall eines hypothetischen Angriffs durch einen östlichen Angreifer trainieren.

HANDOUT - 12.06.2023, Wunstorf: Eine amerikanische C-130 Hercules startet im Rahmen der Luftwaffenübung «Air Defender 2023». Die größte Luftwaffenübung seit Bestehen der Nato - das Manöver «Air Defend ...
Wunstorf: Eine amerikanische C-130 Hercules startet im Rahmen der Luftwaffenübung.Bild: Bundeswehr / Francis Hildemann

Jetzt, wo sich die Kluft zwischen westlichen Staaten und Russland zunehmend vergrößert, gilt "Air Defender2023" jedoch auch als Machtdemonstration gegenüber dem von Wladimir Putin regierten Regime. Das bestätigte auch der Generalinspekteur der deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, gegenüber dem NDR: "Wir zeigen, dass das NATO-Territorium unsere rote Linie ist. Dass wir bereit sind, jeden Zentimeter dieses Territoriums zu verteidigen."

Warum steht "Air Defender 2023" auch in der Kritik?

Das geplante Luftwaffen-Manöver stößt auf kontroverse Reaktionen. Am Samstag fand am Fliegerhorst in Wunstorf eine Protestaktion statt, bei der einige Hundert Friedensaktivist:innen gegen das Manöver demonstrierten. Sie befürchten, dass die Aktion die Konflikte verschärfen und zu einer weiteren Eskalation führen könnte.

Kritik von Aktivisten: Militärflugzeuge schlecht für die Umwelt

Abgesehen von der Sorge über mögliche politische Folgen kritisieren Umweltaktivist:innen, dass 2000 Flüge in zehn Tagen schädlich für das Klima seien. Peter Lienau, der Leiter der Seehundstation Norddeich, äußerte ebenfalls Bedenken und warnte vor möglichen negativen Auswirkungen, etwa auf die Seehunde. Aufgrund des Manövers könnten mehr Jungtiere, sogenannte "Heuler", auftauchen, die von ihren Müttern getrennt und geschwächt stranden. Der Lärm könnte demnach die Tiere erschrecken.

Phoca vitulina - Harbor Seal - on the beach and in the sea on the island of Dune in Germany. Wild foto.
Umweltschützer:innen warnen vor den Auswirkungen auf Seehunde.Bild: Getty images / iStockphoto / Roman Bjuty

Der Generalinspekteur der Luftwaffe, Gerhartz vertritt jedoch die Meinung, dass es Sicherheit nicht zum Nulltarif gebe. Er sagte dem NDR:

"Wenn ich das Verhältnis sehe, zehn Tage von 365, damit wir am Ende des Tages in diesem Land auch noch in Frieden und Freiheit leben können, dann, denke ich, ist das jetzt schon das richtige Zeichen, das wir senden müssen."

(Mit Material von dpa)

Ukraine-Krieg: Russland eskaliert, weil Olaf Scholz deeskalieren will

Vor mehr als 1000 Tagen fing es mit 5000 Helmen an. Russland startete völkerrechtswidrig einen Großangriff auf die Ukraine – und Deutschland antwortete mit der Lieferung von Militärhelmen.

Zur Story