Kriege, die Nachwehen einer Pandemie, explodierende Preise, und eine Klimakrise, um die sich keiner so richtig kümmert – der Druck auf junge Menschen ist nicht zu unterschätzen. Auch in der modernen Arbeitswelt läuft nicht alles so rund, wie sich das die junge Generation wohl wünscht.
Bei zwei Faktoren hakt es offenbar besonders: Arbeitszeit und Bezahlung. Das ergibt eine bundesweite Repräsentativumfrage im Auftrag der DGB-Jugend. Sie ist eine Jugendorganisation, die sich um die Interessen junger Menschen im Zusammenhang mit Ausbildung, Praktikum und Job kümmert. Die Ergebnisse zeigen, wie junge Beschäftigte unter 35 Jahre die Arbeitsqualität einschätzen.
Die Daten stammen aus dem DGB-Index "Gute Arbeit von 2020 bis 2022". Für die Sonderauswertung für watson wurden insgesamt 4427 Datensätze ausgewertet.
Das Ergebnis zeigt, dass junge Menschen vor allem unter einer belastenden, unflexiblen Arbeitszeit leiden. Bei 39 Prozent gibt es Mehrfachbelastungen bezüglich der Arbeitszeit: Wochenendarbeit. 30 Prozent der jungen Vollzeitbeschäftigten arbeiten pro Woche tatsächlich mehr als 42 Stunden. Auch arbeiten etwa 20 Prozent der Befragten regelmäßig oder ständig im Schichtsystem.
13 Prozent der jungen Arbeitenden sind außerhalb ihrer normalen Arbeitszeit unbezahlt für ihren Betrieb tätig. "Viele Arbeitgeber erwarten, dass gerade ihre jungen Beschäftigten ständig erreichbar sind. Dagegen hilft nur das Recht auf Log-Off endlich durchzusetzen", erklärt Kristof Becker auf watson-Anfrage. Der Bundesjugendsekretär von der DGB-Jugend mahnt: Die im Arbeitsschutzgesetz festgelegten Pausen- und Ruhezeiten müssen eingehalten werden. In der Regel seien zwischen zwei Arbeitseinsätzen 11 Stunden Ruhepause vorgesehen.
"Gerade in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels muss es auch im Interesse der Arbeitgeber sein, ihren Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen zu bieten", meint Becker. Sprich, bessere Möglichkeiten, Arbeitszeiten individuell gestalten und so Arbeit und Familienleben besser vereinbaren zu können, gehören laut ihm unbedingt dazu.
Doch neben der Arbeitszeit kommt noch eine hohe Belastung durch Zukunftssorgen hinzu.
Reicht das Geld bis Ende des Monats, fragen sich wohl so einige junge Menschen. 32 Prozent der jungen Beschäftigten geben an, dass ihr Einkommen nicht oder gerade so ausreicht. 41 Prozent halten ihr Einkommen für nicht oder nur in geringem Maße für angemessen.
Die Hoffnung auf eine Rente, von der sie später leben können, geben 78 Prozent auf. Fast jede:n Zweite:n belaste dieser Gedanke daran "stark" oder "sehr stark". "Rente ist Jugendthema: Junge Beschäftigte sorgen sich um ihre Rente, vor allem bei geringem Einkommen", sagt Becker. Hier helfe mehr Tarifbindung.
Becker zufolge führt Tarifbindung zu höheren Löhnen, höhere Löhne zu besserer Rente im Alter. Auch deshalb sei es wichtig, dass die Bundesregierung ihr angekündigtes Tariftreuegesetz auf den Weg bringt – staatliche Aufträge sollten nur noch an Firmen gehen, die nach Tarif zahlen, führt er aus.
Auch zeigt die Umfrage, wie wichtig ein Betriebsrat ist: In Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat verdienen junge Leute mehr als in Betrieben ohne gewählte Vertretung. Und zwar 2960 Euro gegenüber 2450 Euro. Laut Becker zeigt das klar: Die Mitbestimmung wirkt – nicht nur Lohn, sondern auch Arbeitsbedingungen sind in diesem Fall besser.
Fazit: Für 17 Prozent der jungen Beschäftigten liegt die Arbeitsqualität im Bereich "Gute Arbeit". Durchschnittlich wird ein Wert von 66 Punkten erreicht. Das entspricht einer Arbeitsqualität im oberen Mittelfeld. Die Qualität der Arbeitsbedingungen wird auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten anhand mehrerer Faktoren ermittelt.
Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Seit 2012 entwickelt sich die Arbeitsqualität junger Beschäftigter leicht positiv (2012: 62 Punkte, 2022: 66 Punkte). Besonders "schlechte" Arbeitsbedingungen gehen zurück. Der schlechteste Wert lag 2014 bei 24 Prozent, 2020-2022 liegt der Anteil schlechter Arbeitsbedingungen bei nur noch 13 Prozent.