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USA: Trump schiebt die Schuld am Israel-Krieg Biden in die Schuhe – ohne Beweise

Former President Donald Trump addresses an audience during a campaign event, Monday, Oct. 9, 2023, in Wolfeboro, N.H. (AP Photo/Steven Senne)
Biden sei zu schwach und Trump hätte mal wieder alles besser gemacht. Was hinter den Schuldzuweisungen des Ex-Präsidenten steckt.Bild: AP / Steven Senne
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Trump schiebt die Schuld am Israel-Krieg Biden in die Schuhe – ohne Beweise

11.10.2023, 08:0517.10.2023, 13:42
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"Mit mir wäre das nicht passiert", verkündet Ex-Präsident Donald Trump und fügt hinzu, dass Joe Biden mit dem Abkommen "Israel verraten" habe. Auch der X-Account (ehemals Twitter) seines Sohnes Trump Junior steht seit dem Hamas-Übergriff nicht mehr still. Er schmeißt mit Vorwürfen und Anschuldigungen um sich – wie so viele Trump-treue Republikaner auch.

Für Trump und seine Verbündeten ist klar: Das Blut der israelischen Opfer durch die Hamas klebt an der Hand von Präsident Biden. Dabei sind ihre Argumente teils völlig haltlos, erklären USA-Experten gegenüber watson.

09.10.2023, Pal�stinensische Gebiete, Gaza-Stadt: Flammen und Rauch steigen w�hrend israelischer Angriffe auf. Israel hat in der Nacht den Gazastreifen bombardiert, w�hrend die K�mpfe mit der islamist ...
Gaza steht in Flammen. Nach den brutalen Hamas-Angriffen ruft Israel den Krieg aus.Bild: imago images/ Ahmed Zakot

Trumps Anschuldigungen gegen Biden sind haltlos

"Die Opposition kritisiert die Regierung für alles, was während ihrer Amtszeit geschieht, insbesondere für Krisen. Das ist nicht ungewöhnlich", sagt Thomas Greven, Privatdozent für Politikwissenschaft am Kennedy-Institut der FU Berlin. Er betont aber: Trump und die Maga-Republikaner verzichten oft völlig auf Beweise und schlüssige Argumente. Maga steht für Trumps Wahlspruch "Make America Great Again".

Greven weist daraufhin, dass der "Angeber-in-Chief", Trump, schon anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine behauptete, diesen hätte es mit ihm im Weißen Haus nicht gegeben, und er könne ihn als Präsident in 24 Stunden beenden.

Auch diesmal nutzen Trump und seine Republikaner die Krise aus und schieben Biden die Schuld in die Schuhe, meint der US-amerikanische Politikwissenschaftler Andrew Denison vom "Transatlantic Networks".

Dabei sei das Gegenteil der Fall: Die Republikaner sollten sich wohl an die eigene Nase fassen.

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Denn: Der Streit innerhalb der republikanischen Partei legt gerade das US-Repräsentantenhaus still. "Das weckt den Eindruck eines gelähmten und abgelenkten Amerikas noch mehr", sagt Denison. Diese vermeintliche Schwäche sei für die Hamas ebenfalls eine Provokation zum Angriff.

Doch laut dem Narrativ Trumps und seiner Gefolgschaft hat die Biden-Regierung die Hamas-Angriffe indirekt finanziert. Das entpuppt sich offenbar als eine "Sechs-Milliarden-Dollar-Lüge".

United States President Joe Biden delivers remarks on the September Job Report and National Manufacturing Day in the Roosevelt Room at the White House in Washington, DC on Friday, October 6, 2023. Acc ...
Trump und seine Republikaner werfen Biden vor, Israel verraten zu haben.Bild: imago images / Leigh Vogel

Trump wirft Biden die Mitfinanzierung der Hamas vor

Ein Großteil der Kritik dreht sich um die Auszahlung der Biden-Regierung von sechs Milliarden Dollar an den Iran. "Amerikanische Steuergelder haben zur Finanzierung dieser Angriffe beigetragen", sagt Trump in einer Erklärung zum Überfall. Ein Vorwurf, den auch seine Maga-Anhänger:innen teilen.

Zum Hintergrund: Um fünf im Iran inhaftierte US-Amerikaner:innen freizulassen, kam eine komplexe Vereinbarung zustande. Im Rahmen dieser wurden etwa sechs Milliarden Dollar an eingefrorenen iranischen Vermögenswerten, die in Südkorea gelagert waren, auf ein Konto in Doha, Katar, überwiesen.

Nach Trumps Logik habe der Iran damit nun die Hamas-Angriffe auf den gemeinsamen Feind Israel finanziert. "Das ist klassischer Trump – also das Gegenteil der Wahrheit. Denn es ist noch kein Geld geflossen", sagt Denison. Das Geld sei beschlagnahmtes iranisches Geld. Sprich, es darf nur an akkreditierte Hilfsorganisationen für Nahrung und Gesundheit gehen.

Iran als Unterstützer der Hamas
Obwohl die Hamas eine sunnitische muslimische Gruppe ist, pflegt sie seit langem eine enge Beziehungen zum vorwiegend schiitischen Iran. Er gilt etwa als eine finazielle Quelle der Terrorgruppe. Denn: Die gemeinsame Feindschaft gegenüber Israel verbindet die Hamas und den Iran.

Das bestätigt etwa auch die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, auf X, ehemals Twitter. Denison zufolge würde wohl Trump Biden ebenfalls Schwäche und Inkompetenz vorwerfen, wären die Geiseln noch in iranischer Haft.

Doch Greven warnt: Grundsätzlich können alle Gelder, die aus humanitären oder anderen Gründen, etwa aufgrund kommerzieller Transaktionen in autoritär regierte Staaten fließen, missbraucht werden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Iran der Hamas umfangreiche finanzielle und logistische Unterstützung bereitstellt. Demnach ist die Kritik Trumps laut Greven ein durchsichtiges innenpolitisches Manöver.

Laut Politikwissenschaftler Heinz Gärtner gehe es aber noch tiefer: "Die Hardliner-Republikaner wollen einen Krieg gegen den Iran", meint der Vorsitzende des Beirates des International Institute for Peace (IIP), der auch am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien tätig ist.

Iran ist für die Republikaner der ultimative Gegner

So ruft etwa die Republikanerin Nikki Haley dazu auf, den Iran in die Knie zu zwingen. Das Geld fließe nicht in humanitäre Hilfen, sondern "füttere" ihren Terrorismus, behauptet sie in einem Interview mit dem konservativen US-Sender Fox-News. Laut ihr würden die Iraner:innen die USA mehr als Israel hassen, daher müsse man sie aufhalten. Auch Floridas Gouverneur und Republikaner Ron DeSantis schießt sich seit dem Hamas-Überfall auf den Iran ein.

Er fordert nun stärkere Sanktionen gegen den Iran. Laut ihm dürfe kein Dollar an das Land fließen. Iran müsse in die Schranken gewiesen werden. Auch der republikanische Senator von South Carolina, Tim Scott, behauptet, der Angriff sei "die 6-Milliarden-Dollar-Lösegeldzahlung von Biden bei der Arbeit". "Wir haben diese Aggression nicht nur eingeladen, wir haben dafür bezahlt", sagte er laut US-Medien.

Doch auch Gärtner stellt klar: Die sechs Milliarden Dollar haben mit dem terroristischen Überfall der Hamas nichts zu tun.

"Es ist beinahe schon menschenverachtend, jetzt gegen den Deal für den Gefangenenaustausch zu sein, nur damit Iran kein Geld bekommt", meint er. Doch die Republikaner sehen jetzt ihre Chance, gegen das Land vorzugehen. Das erinnert den Politikwissenschaftler an die Zeit nach den Terroranschlägen am 11. September 2001, als man gleich den Irak bombardieren wollte.

Gärtner weist darauf hin, dass es laut US-Außenminister Antony Blinken und den israelischen Geheimdiensten bisher keine Beweise gibt, dass der Iran die Hamas direkt unterstützt habe. Dennoch sei für Trump klar, mit Bidens "Sechs-Milliarden-Dollar-Deal" habe er Israel verraten und die USA wirke nach außen zu "schwach".

"Diese Aussage ist Kernbestandteil seiner Vorstellung von Außenpolitik. Stark wirken, um damit Aktionen anderer abzuschrecken", meint Greven.

Trump will jüdische Demokraten für sich gewinnen

Mit der Realität der internationalen Beziehungen habe das wenig zu tun. "Trump lebt auch hier in einer 'Fantasiewelt', wie es Richter Arthur Engoron im New Yorker Zivilprozess ausdrückte", führt der Experte aus.

09.10.2023, USA, Wolfeboro: Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung. Foto: Steven Senne/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Donald Trump lebt laut USA-Experte in einer "Fantasiewelt". Bild: AP / Steven Senne

Zudem versuche er laut Greven mit dieser Taktik, die traditionelle Neigung jüdischer Amerikaner:innen, die Demokraten zu wählen, zu brechen. "Durch die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und stark pro-israelische Rhetorik hat er das schon während seiner Amtszeit betrieben, mit gemischtem Erfolg", meint der Politikwissenschaftler.

Biden verurteilt indes den "skrupellosen" Angriff und verspricht, dafür zu sorgen, dass Israel nach dem Angriff "alles hat, was es braucht, um sich zu verteidigen". Die Unterstützung seiner Regierung für die Sicherheit Israels sei felsenfest und unerschütterlich.

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