Belgiens Regierungschef Charles Michel war so etwas wie der heimliche Star am Montag auf dem UN-Migrationsgipfel in Marrakesch. "Ich habe keine parlamentarische Mehrheit mehr, aber ich bleibe aufrecht", sagte Michel und stimmte dem Pakt zu.
Michels Tage als belgischer Premier scheinen gezählt. In der Heimat beantragte die flämisch-nationalistische Partei N-VA am Montag einen Misstrauensantrag im Parlament.
Belgien erlebt nun ein ein europäisches Drama. Die Rechte inszeniert ein Spektakel um den Migrationspakt - zum ersten Mal könnte darüber gar eine Regierurung in der EU stürzen.
Ein Drama in 3 Akten.
Belgien ist geteilt, in das niederländischsprachige Flandern rund um Antwerpen und Gent im Norden des Landes und den frankophonen Süden um Brüssel, Lüttich und Charleroi.
Die N-VA (Neue Flämische Allianz) ist eine rechtskonservative Partei, die sich für eine flämische Autonomie einsetzen. Ihr Anführer Bart De Wever ist Bürgermeister von Antwerpen.
Bei der letzten Parlamentswahl 2014 wurde die N-VA landesweit stärkste Kraft. Nach langem Zögern zog sie in eine Regierung unter dem liberalen Premier Charles Michel (Wallone) ein und stellte die wichtigsten Minister: Finanzen, Verteidigung und Inneres.
Zur grauen Eminenz stieg Theo Francken auf, Innenstaatssekretär der bald den Migrationskurs verschärfte. Unter anderem wurde die Zahl der Asylanträge auf 50 pro Tag begrenzt.
Im September stimmte Belgiens Regierung aus Liberalen, Christdemokraten und flämischer N-VA dem UN-Migrationspakt zu.
Jetzt lehnt die konservative N-VA den Pakt ab. Dafür gibt es zwei Gründe:
Am Wochenende ließ die rechte N-VA das Bündnis mit dem liberalen Premier Michel platzen.
Belgien ist eine EU im Kleinen: Wirtschaftlich starker Norden, schwächelnder Süden, vereint in einem vielsprachigen Bundesstaat. Im Streit um die flämische Autonomie geht's also auch um Solidarität.
Zudem zeigt sich vor den wichtigen Europawahlen: Rechtskonservative Kräfte wie
instrumentalisieren die Debatte um Zuwanderung.
Vor der Europawahl im kommenden Mai setzen die Rechtskonservativen auf billige Ausländerhatz.
Es geht also um mehr als um Belgien. Es geht um ein offenes Europa.
(per/dpa, afp)