In Russlands Angriffskrieg muss die Ukraine derzeit intensive Attacken des Aggressors aushalten. Die Region um Charkiw steht an mehreren Fronten massiv unter Beschuss. Deshalb sieht sich die ukrainische Armee gezwungen, ständig seine Einsatzkräfte hin und her zu verschieben.
Einige Expert:innen kritisieren, dass europäische Staaten die Ukraine derzeit nur mangelhaft Unterstützung liefern. Häufig wird im gleichen Atemzug folgendes Argument geliefert: Die Ukraine verteidigt nicht nur das eigene Staatsgebiet, sondern auch Putins Vormarsch in Europa.
In der Tat weist vieles darauf hin, dass der russische Präsident auch Anspruch auf andere europäische Staatsgebiete erheben will. Derartige Pläne wurden zuletzt durch eine Recherche der "Moscow Times" unterstrichen. Besonders die Staaten in der Ostsee sind in Alarmbereitschaft, wie etwa Schwedens Armeechef nun mitteilte.
Micael Byden, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND), Putin habe "beide Augen auf Gotland geworfen". Gotland ist eine schwedische Insel im Osten des Landes. Zwischen ihr und Russland liegen zwar noch die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen.
Nichtsdestotrotz könnte Gotland von der russischen Exklave Kaliningrad im Südwesten der baltischen Staaten erreicht und von Putin eingenommen werden. Gotland gilt als strategisch wertvoll. Die Insel liegt im Zentrum der Ostsee. "Wer Gotland kontrolliert, der kontrolliert die Ostsee", erklärt Byden. Wenn Putin in Gotland einmarschieren sollte, könne er die Nato-Länder vom Meer aus bedrohen.
Die Insel hat eine wichtige Funktion für die nordischen und baltischen Staaten, so Byden: "Von Gotland aus können wir anderen Nato-Staaten in der Ostsee helfen, in Sicherheit zu leben." Daher musste Schweden Gotland "massiv aufrüsten", wie der Armeechef erklärt.
Putins Absichten für die nordischen und baltischen Staaten und die Seegebiete in der Region wird nun durch einen Bericht der "Moscow Times" unterstrichen. Das unabhängige russische Medium zitiert aus einem Bericht des russischen Verteidigungsministeriums.
Darin stehe, dass Russland einen Teil des Wassergebiets im Osten des finnischen Meerbusens sowie in der Nähe der Städte Baltijsk (deutsch: Pillau) und Selenogradsk in der Region Kaliningrad zu seinen Binnengewässern erklären wolle. Das würde konkret bedeuten: Russland will seine Staatsgrenze zu Litauen und Finnland eigenmächtig erweitern.
Die aktuellen Grenzen, die 1985 von der Sowjetunion festgelegt worden waren, würden "nicht vollständig der aktuellen geografischen Situation" entsprechen. Das litauische Außenministerium erklärte gegenüber der "Bild", Russlands Vorgehen sei eine "bewusste, gezielte, eskalierende Provokation zur Einschüchterung der Nachbarländer."
Die finnische Außenministerin Elina Valtonen sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", viele Menschen in Finnland seien beunruhigt: "Das Land ist nervös." Vielleicht sei es aber genau das, "was Russland mit einer hybriden Kriegsführung hier erreichen will." Sie rief Russland dazu auf, sich an die UN-Verträge zu halten, welche die aktuellen Grenzen bestimmen.