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Afghanistan: Taliban schocken mit Uni-Verbot für Frauen

ARCHIV - 15.08.2022, Afghanistan, Kabul: Frauen in Burkas warten auf Lebensmittelrationen, die von einer humanit
Jetzt dürfen Frauen in Afghanistan auch nicht mehr studieren. Die Taliban schränken Frauen und Menschenrechte immer weiter ein.Bild: AP / Ebrahim Noroozi
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Afghanistan: Taliban schocken mit Uni-Verbot für Frauen – dabei ist diese Entwicklung gar nicht neu

21.12.2022, 12:02
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Es ist die nächste Stufe, die die islamistischen Taliban auf der Leiter der Menschenrechtsverletzungen erreichen: Jetzt verbieten sie Frauen, Universitäten zu besuchen. Und zwar ab sofort.

In einer Regierungserklärung wurden alle privaten und öffentlichen Universitäten angewiesen, das Bildungsverbot bis auf Weiteres durchzusetzen. Eine Begründung dafür? Fehlanzeige.

Frauenrechtlerin Fausia Kufi spricht von "Alptraum"

Die bekannte afghanische Frauenrechtlerin Fausia Kufi hat diesen Schritt scharf kritisiert. "Ich war im 1. Jahr meines Medizinstudiums, als die Taliban 1996 die Macht übernahmen. Es sah wie ein Alptraum aus, als sie am selben Tag das Verbot der Mädchenbildung verkündeten", schrieb Kufi am Mittwoch auf Twitter. "Wer ist verantwortlich für die Rückentwicklung meines Landes in die Steinzeit?", beklagte Kufi.

Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 hat die militante Gruppe Frauenrechte massiv eingeschränkt. Mädchen und Frauen sind vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen. Auch weiterführende Schulen ab der siebten Klasse sind für Mädchen seit dem Machtwechsel geschlossen. In dem Land ist Frauen seit Kurzem sogar der Besuch in öffentlichen Parks und in Fitnessstudios untersagt.

Am Mittwoch haben Sicherheitskräfte der Taliban Berichten zufolge Frauen den Zugang zu den Hochschulen verwehrt.

Besonders grotesk: Nach ihrer Machtübernahme hatten die Taliban Frauen unter strengen Auflagen den Unibesuch zunächst noch erlaubt. Auch wenn Vorlesungen mit Geschlechtertrennung stattfanden und sich Studentinnen an strenge islamische Kleidungsvorschriften halten mussten.

Jetzt ist damit allerdings auch Schluss.

Auch international ist ein Aufschrei zu hören – selbst wenn ein solcher Schritt der Taliban nicht sonderlich überraschend kommen dürfte. Bislang hat sich die radikal-islamische Gruppe doch an kaum eines ihrer Versprechen gehalten.

Nur wenige Stunden vor der Ankündigung beklagte die neue UN-Sondergesandte für Afghanistan, Rosa Otunbajewa, eine Verschärfung des Taliban-Regierungskurses bei einer Rede in New York. "Wir haben eine Reihe von Einschränkungen erlebt, die besonders für Frauen schädlich sind", sagte Otunbajewa. "Ihr sozialer Raum wird nun ebenso eingeschränkt, wie ihr politischer Raum."

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nannte das Verbot eine "beschämende Entscheidung". Die Taliban machten jeden Tag deutlich, dass sie die Grundrechte der Afghanen, insbesondere der Frauen, nicht respektierten, schrieb HRW auf Twitter.

Internationale Gemeinschaft geschockt: Doch Experten warnten schon früh

Die US-Regierung drohte den Islamisten mit Konsequenzen. Die "unerwartete, inakzeptable Haltung" werde erhebliche Folgen für die Taliban haben, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte hat die weitere Beschneidung der Frauenrechte in Afghanistan scharf kritisiert. Volker Türk nannte das Verbot des Universitätsbesuchs für Frauen am Mittwoch in Genf "einen erschreckenden und gemeinen Schlag" und einen "zutiefst bedauerlichen Rückschlag für das ganze Land". Dabei erinnerte er an all die Ärztinnen, Anwältinnen und Lehrerinnen, "die für die Entwicklung des Landes verloren gegangen sind und noch verloren gehen werden".

Frauen unter dem Taliban Regime in Afghanistan September 12, 2021, London, United Kingdom: A demonstrator holds a Save Afghan Women placard during the protest in Trafalgar Square..Demonstrators gather ...
2021 demonstrierten weltweit Frauenrechtler:innen für die Frauen in Afghanistan.Bild: www.imago-images.de / ZUMA Wire

Es gibt immer wieder internationale Kritik an der Politik der Taliban. Dennoch hält die Gruppe trotz interner Meinungsverschiedenheiten an ihrem Kurs fest. Dabei hatten die Islamisten noch vor ihren militärischen Erfolgen im vergangenen Jahr, die schließlich zum Sturz der vom Westen gestützten Republik unter dem Präsidenten Aschraf Ghani führten, einen moderaten Kurs versprochen.

Experten warnten jedoch früh vor diesen Ankündigungen.

Denn: Die Taliban haben seit ihrer Machtübernahme im August 2021 neben Frauen- auch Freiheits- und Medienrechte eingeschränkt.

Besonders bitter ist das, da sich in Afghanistan in den vergangenen Jahren zahlreiche Frauenorganisationen gegründet hatten. Frauen hatten vor der Machtübernahme deutlich mehr Zugang zu Bildung und konnten politische Ämter und höhere Positionen besetzen. Das ist nun aber Geschichte. "Wenn die Taliban so weitermachen, dann herrschen in Afghanistan bald wieder die gleichen Zustände, wie in den 90er Jahren", erklärte Afghanistan-Experte Jörgen Klußmann in einem früheren Gespräch mit watson.

Und das treffe nicht nur auf die Rechte von Frauen zu.

KABUL, AFGHANISTAN - JANUARY 16: An interior view of a hospital in Kabul, Afghanistan on January 16, 2022. The World Health Organization (WHO) has warned that Afghanistan's health system is on th ...
Besonders für Frauen und Mädchen hat sich die Lage drastisch verschlechtert.Bild: AA / Sayed Khodaiberdi Sadat

Afghanistan gehe es nämlich generell nicht gut. Das Land hatte schon vor der Herrschaft der Taliban mit Armut, Hungersnöten, Korruption und den Folgen der Klimakrise zu kämpfen. "Seitdem hat sich die humanitäre Situation dort noch einmal deutlich verschärft."

Beobachter werfen den Taliban zudem gezielte Racheaktionen und Tötungen unbequemer Kritiker vor. Die humanitäre Lage im Land hat sich massiv verschlechtert. Millionen Menschen sind auf Unterstützung und Lebensmittelhilfen angewiesen. In dem Land gibt es zudem weiter regelmäßig Terroranschläge, die oft die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert.

(jor/dpa)

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