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Russland: Verdächtige Importe aus Zentralasien wecken brisanten Verdacht

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert auch 2024 an. Bild: IMAGO images / Wolfgang Maria Weber
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Russland: Wie Zentralasien mit Pflanzen die Rüstungsindustrie stützt – trotz Sanktionen

04.01.2024, 11:22
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Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat der Westen weitere Sanktionen gegen Russland erlassen. Vermögen wurden eingefroren, Importe und Exporte runtergefahren. Auch auf die russische Rüstungsindustrie haben die Sanktionen Auswirkungen. Viele Teile, die für die Produktion von Militärgütern nötig sind, sind nicht mehr so einfach verfügbar.

Stattdessen setzt Russland wohl auf herkömmliche Elektroartikel, deren Mikrochips, für Waffen genutzt werden können. Aber auch verbündete Länder wie Iran oder Nordkorea versorgen Russland weiterhin mit Kriegsgerät. Und auch Zentralasien hat wohl den Handel mit sprengstofffähigen Pflanzenteilen nicht aufgegeben. Das zumindest legt eine Recherche der investigativ Plattform "iStories.Media" nahe.

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Ukraine-Krieg: Baumwollfasern als Sprengmaterial für Artillerie-Geschosse

Gemeinsam mit dem Organized Crime & Corruption Reporting Project (OCCRP) hat "iStories" Dokumente analysiert, die aufzeigen sollen, dass Kasachstan und Usbekistan im letzten Jahrzehnt über 98 Prozent des von Russland importierten Baumwollzellstoffs geliefert haben. Seit der russischen Invasion habe dieser Import noch weiter zugenommen.

10.07.2023, Brasilien, Cristalina: Auf der Plantage Pamplona in Cristalina, Goias, wird Baumwolle geerntet. Foto: Lucio Tavora/XinHua/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Aus Baumwolle lassen sich nicht nur Klamotten herstellen.Bild: XinHua / Lucio Tavora

So sollen usbekische Unternehmen in den ersten neun Monaten 2023 Baumwollzellstoff im Wert von etwa 8,7 Millionen US-Dollar nach Russland exportiert haben. Das sollen etwa 70 Prozent mehr sein als im gesamten Vorjahr. Auch die Exporte aus Kasachstan sollen um etwa 60 Prozent zugenommen haben; das zentralasiatische Land soll seine Baumwollfasern fast ausschließlich an Russland verkaufen. Kasachische Unternehmen sollen diverse Verträge mit russischen Rüstungsunternehmen haben, so etwa einen mit einem Schießpulverwerk, der bis 2026 laufen soll.

Mindestens sieben usbekische Unternehmen sollen zudem zu den Exporteuren gehören. Laut Dokumenten des Föderalen Steuerdienstes Russlands, die dem Rechercheteam zugespielt wurden, ist darunter die Firma Fergana Chemical Plant. Eigentümer des Unternehmens sollen offenbar zwei russische Staatsbürger sein.

Die meisten Unternehmen hätten laut "iStories" nicht auf Anfragen reagiert, zwei allerdings hätten erklärt, die Fasern würden in Russland zur Produktion von Lacken und Farben verwendet.

Konkret widerlegen könne das Investigativ-Team diese Aussagen zwar nicht. Dennoch zeigten öffentliche Beschaffungsverträge, dass "Baumwollzelluloseimporte aus beiden Ländern von russischen Munitionsfabriken für Verteidigungszwecke gekauft wurden", heißt es in der Recherche.

Sanktionen werden wohl durch Zwischenhändler umgangen

Vier dieser Werke wurden wohl sanktioniert. Die meisten Exporte aus Usbekistan und Kasachstan seien daher über private Importunternehmen abgewickelt worden. Diese Unternehmen sollen den Stoff schließlich an die staatlichen Schießpulverfabriken verkauft haben. Handelsdaten legten aber wohl nahe, dass mindestens zwei usbekische Firmen direkte Geschäfte mit der russischen Rüstungsindustrie abgeschlossen haben sollen; unter anderem Fergana Chemical Plan.

Das könnte Folgen haben, erklärt Eric Woods, Spezialist für Exportkontrollen am Middlebury Institute of International Studies in Monterey gegenüber OCCRP. Er sagte:

"Die Partnerländer der Ukraine gehen immer aggressiver gegen nicht sanktionierte Vermittler vor. Wenn bestimmte Zwischenhändler sanktionierte Unternehmen beliefern, die an der militärischen Produktion beteiligt sind, wird dies als Verstoß untersucht und es werden sekundäre Sanktionen verhängt."

Die Werke selbst reagierten wohl nicht auf Anfragen der Journalist:innen und auch offizielle Angaben zur Produktion innerhalb dieser Fabriken gebe es nicht.

Baumwollzellstoff ist allerdings ein Schlüsselbestandteil von Schießpulver. Der Zellstoff muss mit bestimmten Chemikalien und Säuren gemischt werden, um in einen leicht entzündlichen Treibstoff umgewandelt zu werden. Aus diesem Grund und seiner potenziellen militärischen Verwendung gelten seit Juni 2023 Exportkontrollen für den Zellstoff in der EU.

In Zentralasien ist das anders, dort unterliegt Baumwollzellstoff wohl keiner Exportkontrolle. Und wie Anfragen der investigativ Reporter:innen ergaben, wollen sich wohl weder die kasachischen, noch die usbekischen Behörden zu der Sache äußern.

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