Bürger in Kabul warten vor einer Bank, um Geld abzuheben.Bild: AP / Bernat Armangue
International
Knapp einen Monat nach der Rückkehr der Taliban an
die Macht in Afghanistan berät die internationale Gemeinschaft über
ihren künftigen Umgang mit den militanten Islamisten. Auf einer
Geberkonferenz unter dem Dach der Vereinten Nationen in Genf soll an
diesem Montag entschieden werden, wie es mit humanitärer Hilfe
weitergeht. Viele Länder sind dazu bereit, knüpfen daran aber
Bedingungen. Die Taliban machten einmal mehr deutlich, dass sie von
ihren Grundsätzen nicht ablassen wollen: Am Sonntag gaben sie
bekannt, dass Frauen und Männer an Afghanistans Universitäten künftig
streng getrennt werden.
Ziel des bislang größten internationalen Treffens seit der
Machtübernahme Mitte August ist, den Hunger in dem zentralasiatischen
Land zu bekämpfen und das öffentliche Leben vor dem Zusammenbruch zu
bewahren. UN-Hilfsorganisationen haben einen Finanzbedarf von 606
Millionen Dollar (513 Millionen Euro) bis Dezember angemeldet.
Erwartet werden etwa 40 Minister, darunter Außenminister Heiko Maas
(SPD). Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres will nach Genf
kommen. Andere Teilnehmer sind nur per Videoschalte dabei.
Die Bürger sorgen sich um die Zukunft ihres Landes unter den Taliban
Die Taliban haben inzwischen auch eine Übergangsregierung ernannt – ohne eine einzige Frau und ohne einen einzigen Minister einer anderen
politischen Gruppierung. Die internationalen Truppen haben das Land
nach annähernd 20 Jahren nahezu vollständig wieder verlassen. Nach
Angaben der Welthungerhilfe haben 13 Millionen Menschen in
Afghanistan nicht genug zu essen. Hunderttausende wurden seit
Jahresbeginn durch Kämpfe in ihren Städten und Dörfern vertrieben.
Viele sind in die Hauptstadt Kabul geflohen.
Dutzende Frauen gingen in Afghanistan auf die Straße
An den Universitäten wird es künftig nur noch nach Geschlechtern
getrennten Unterricht geben, wie der amtierende Minister für höhere
Bildung, Abdul Baghi Hakkani, bekanntgab. Für Studentinnen
wollen die Taliban Dozentinnen einstellen – aber auch Männer sollen
Frauen unterrichten dürfen, solange der Unterricht nach ihrer Scharia-Auslegung erfolgt. Dazu zählten auch islamische
Kleidungsvorschriften, so der Minister.
Am Samstag demonstrierten Dutzende Frauen für die neue Regierung. Sie
zogen über das Gelände einer Universität und versammelten sich dann
in einem Hörsaal. Viele waren auf eine Weise verschleiert, wie das in
Afghanistan in den vergangenen Jahren nie zu sehen war: Sie trugen
bodenlange schwarze Gewänder und auch schwarze, kapuzenähnliche
Kopfbedeckungen. Auch ihre Gesichter waren komplett schwarz verhüllt.
Der Marsch wurde von Sicherheitskräften der Taliban begleitet.
Die Talibanregierung hat Demonstrationen verboten
Nach mehreren Protesten diese Woche in Kabul und anderen Städten – gegen Pakistan und indirekt auch gegen die Herrschaft der Taliban – hatte das Innenministerium Demonstrationen verboten und erklärt,
Proteste müssten künftig vorab angemeldet werden. Journalisten, die
von den Protesten berichteten, wurden teils für mehrere Stunden
festgenommen und dabei schwer misshandelt.
Nach dem Ende der militärischen Evakuierungsmission in Kabul wurden
in den vergangenen Tagen mehr als 250 Schutzbedürftige aus der
afghanischen Hauptstadt ausgeflogen, darunter nach Angaben des
Auswärtigen Amts auch 60 Bundesbürger. Sie wurden mit
Passagiermaschinen ins arabische Emirat Katar gebracht. Künftig will
auch Pakistan mit solchen Flügen helfen. Mit Militärmaschinen waren
zuvor schon mehr als 120.000 Menschen ausgeflogen worden. Die
Bundeswehr brachte etwa 5300 Menschen außer Landes.
(lfr/dpa)
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