Es gab in den vergangenen Wochen zahlreiche Gerüchte um den Putin-Verbündeten und tschetschenischen Staatschef Ramsam Kadyrow. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich zusehends, hieß es etwa. Oder, dass Kadyrow im Koma liege. Sogar vom Tod des Tschetschenenführers war die Rede.
Eine Reihe von veröffentlichten Videos auf seinem Telegram-Kanal sollten die hartnäckigen Gerüchte zerstreuen. Kadyrow ist darauf zu sehen, wie er etwa durch einen Park spaziert, einen kranken Verwandten besucht und einen Regierungsbeamten trifft. Auf den Aufnahmen wirkt der 46-jährige Russland-Sympathisant jedoch alles andere als gesund. Nun meldet sich Kadyrow erneut mit einem klaren Statement zu Wort. Doch glaubwürdig sind seine Worte nur bedingt.
Er hat an Gewicht zugelegt, spricht oft undeutlich und hat einen mürrischen Blick. Trotzdem: Der tschetschenische Staatschef Ramsan Kadyrow behauptet, die Gerüchte um seinen Gesundheitszustand seien falsch. In einem der Video sagte er bereits Anfang der Woche:
Nun meldet sich der Putin-Freund erneut auf seinem Telegram-Kanal zu Wort. Neben zahlreichen Bitten um Spenden veröffentlicht er eine Nachricht mit einem klaren Statement zu den Spekulationen. Darin teilt er seinen Anhänger:innen mit: "Ich lebe und es geht mir gut. Im Internet kursieren nur Gerüchte."
Aufgrund der Anzahl der Videos und Nachrichten wird es tatsächlich immer wahrscheinlicher, dass der Tschetschenenführer Kadyrow zumindest nicht tot ist oder im Koma liegt. Allerdings gibt es vermehrt Anzeichen dafür, dass es um die Gesundheit von Kadyrow nicht gut bestellt ist.
Trotz seines scheinbar fröhlichen Auftretens haben Kadyrows Videos nur weitere Spekulationen über seinen Gesundheitszustand ausgelöst. Nehme man das Video von seinem Besuch am Krankenbett eines kranken Verwandten in Moskau, das er am Donnerstag (21. September) veröffentlichte: Damit wollte er offenbar die Berichte entkräften, wonach er zur medizinischen Behandlung in die russische Hauptstadt geflogen sei.
Ramsan Kadyrow versicherte, er sei im Moskauer Zentralkrankenhaus gewesen, um seinen Onkel zu besuchen. Nicht zur eigenen Behandlung.
Doch aufmerksamen Kommentator:innen fiel in dem Video ein Plastikgerät an Kadyrows Finger auf. Dieses ist auch in seinem letzten Video vom Samstag zu sehen, auf dem er schwerfällig in die Kamera spricht. Die Vermutung des britischen Mediums "The Telegraph": dass dieses Gerät den Sauerstoffgehalt in seinem Blut oder den Puls misst. Oder beides.
Beobachter:innen hielten es auch für seltsam, dass Kadyrow in dem Video nur kurz auftaucht. Zudem verkündete der Arzt in den Aufnahmen im Krankenzimmer deutlich das angebliche Datum des Tages.
Zweifel an den Aussagen Kadyrows zu seinem Gesundheitszustand hat auch Alexei Venediktov. Er ist ein gut vernetzter, ehemaliger Redakteur des russischen Radiosenders "Echo Moskvy". Der Journalist ist von Kadyrows Behauptungen, er sei in bester Verfassung, nicht überzeugt.
Venediktov teilte etwa auf Telegram mit, dass der tschetschenische Statthalter nach Moskau geflogen sei, um sich im Krankenhaus behandeln zu lassen. Anders, als von dem Tschetschenenführer kürzlich behauptet. "Kadyrow leidet an schwerem Nierenversagen und benötigt daher eine häufige Hämodialyse", sagte er.
Der ukrainische Militärgeheimdienst stimmte dem zu. Zuvor hatte es bereits Gerüchte um ein angebliches Nierenleiden des Putin-Verbündeten gegeben. Möglicherweise infolge einer Vergiftung, hieß es. Unabhängig überprüfen lässt sich dies nicht. Ob diese Spekulationen stimmen oder nicht: Dass Kadyrow ungesund aussieht und schwerfällig spricht, lässt sich kaum leugnen. Und: Auch er selbst hatte kürzlich zumindest teilweise angedeutet: "Ich verstehe nicht, warum selbst im Falle meiner Krankheit so ein Aufheben gemacht wird."
Ramsan Kadyrow regiert die russische Republik Tschetschenien seit 2007. Damals wurde er von Russland-Machthaber Wladimir Putin ernannt. Seitdem ist der Mann ein wichtiger Unterstützer des russischen Präsidenten. Unter anderem hat er Russland im Krieg gegen die Ukraine mit Menschen und Material unterstützt und sich selbst als "Putins Fußsoldat" bezeichnet. Auch "Putins Pitbull" oder "Bluthund" ist er bekannt.
Auch, wenn für Außenstehende kaum nachzuvollziehen ist, was hinter den Kulissen vor sich geht: Für den Kreml-chef Putin wäre der Tod des Tschetschenenführers aktuell wohl ein Verlust, wie etwa Alexander Cherkasov dem "Telegraph" erklärt. Er ist Experte für den Nordkaukasus bei der Menschenrechtsorganisation Memorial und begründet diese Aussage damit, dass Kadyrow ein Garant für Stabilität im Nordkaukasus sei.
Außerdem könnte der Tod Kadyrows über die Grenzen der Republik hinaus für Unruhe sorgen – sogar innerhalb Russlands, so der Experte. Ein Ableben des Tschetschenenführers könnte seiner Meinung nach überdies "die kriminelle Welt" destabilisieren. Denn: Einige von Kadyrows Vertretern fungieren als sogenannte "Entscheidungsträger" im Land. "Sie sind rechtliche Garanten für die russische kriminelle Welt", sagt Cherkasov.