Wenn es der Ukraine gelingt, das Herzensprojekt von Kreml-Chef Wladimir Putin zu treffen, gehen die Bilder um die Welt. Die Krim-Brücke gilt als ein Prestigeprojekt mit hoher Symbolkraft, das den russischen Anspruch auf die ukrainische Halbinsel festigen soll.
Im Jahr 2018 weihte der russische Machthaber Putin höchstpersönlich die umstrittene Brücke ein: Sie ist die einzige Verbindung zwischen dem russischen Festland und der von Russland besetzten Krim.
Zum Hintergrund: Seit Frühjahr 2014 liegt die Krim in den Händen der Russen, nachdem das Land die Insel völkerrechtswidrig besetzt und annektiert hatte. Seither baut der Kreml die Krim zu einer regelrechten militärischen Festung um.
Doch die Angriffe der Ukraine auf die Brücke häufen sich – wohl so sehr, dass Russland auf einen Plan B setzt und der heißt "Tavrida-2". Eine neue Eisenbahnlinie soll als Alternative zur Krim-Brücke den Nachschub für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sichern.
2023 rückte der Bau der alternativen Brücken erstmals in den Fokus. Ukrainische Offizielle mutmaßten gegenüber "El País" im Juni, dass die neue Strecke mindestens 500 Kilometer lang werde und als alternative Route die seit 2014 besetzte Krim mit russischem Territorium verbinden soll.
Aufgrund der verschiedenen Drohnen- und Marschflugkörper-Angriffe der Ukraine auf die Krim-Brücke sei dieser Weg für russischen Nachschub offenbar zu unsicher geworden.
"Tavrida-2" laute der Name dieser Bahnlinie, wie Denis Chistikov, der zweithöchste ukrainische Vertreter für die besetzten Gebiete der Krim, der Zeitung mitteilte.
Laut ukrainischen Medienberichten soll der erste Abschnitt zwischen Rostow und Mariupol inzwischen fertiggestellt sein. Die ukrainische Armee geht davon aus, dass dieses Schienennetz noch in diesem Jahr in Betrieb genommen wird und eine Schlüsselrolle in der Militärlogistik des Angreifers spielen wird.
Damit wäre die Bahn frei für eine neue russische Offensive. Denn am Ende ist der Erfolg immer eine Frage der Logistik. Mit dieser weiteren Eisenbahnlinie sichert Russland den Nachschub an Soldaten, Waffen und Kriegsmaterial.
"Ähnlich wie in der Sowjetunion und auch im Russischen Reich stütze sich die Logistik der heutigen russischen Armee auf den Eisenbahnverkehr", berichtet das ZDF: "Die sowjetische beziehungsweise russische Armee zog es daher stets vor, Offensivoperationen entlang von Eisenbahnlinien durchzuführen, um einen ununterbrochenen Logistikfluss zu gewährleisten", schreiben die politischen Analysten Christian Mölling und András Rácz.
Der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums sieht der Eröffnung der Trasse mit Schrecken entgegen.
"Das könnte für uns ein ernstes Problem darstellen", sagt Kirill Budanow im Gespräch mit dem britischen Magazin "National Security News" im April. Denn die künftige Strecke bietet den Vorteil: Eine zerstörte Trasse lässt sich leichter wiederherstellen als eine beschädigte Brücke.
Der Analyst, Michael Clarke, des britischen Thinktank Royal United Services Institute (RUSI) vermutet, "dass die neue Eisenbahnstrecke ein mögliches Zeichen dafür sei, dass Russland sich auf eine künftige Offensive im Jahr 2025 logistisch vorbereite", wie ihn die "National Security News" zitiert.