Barack Obama hat zum Abend mit ihm nach Berlin eingeladen und von seiner Zeit als Präsident im Weißen Haus erzählt. Bild: IMAGO/Cover-Images / William T Wade
Vor Ort
04.05.2023, 15:0404.05.2023, 15:13
"It's good to be back!", begrüßt Barack Obama das Publikum in der Mercedes-Benz Arena in Berlin. Der ehemalige US-Präsident hat zu einem Abend mit ihm in der Hauptstadt eingeladen – und die Menschen feiern ihn wie ein Popstar. Als der große, schlanke Mann im Anzug die Bühne betritt, erhält er einen stürmischen, lang anhaltenden Beifall.
Erinnerungen an 2008 werden wach: Damals versammelten sich etwa 200.000 Menschen an der Siegessäule in Berlin, um dem jungen Senator Obama zu lauschen – damals noch kostenlos. Heute hält er Reden als Privat- und Geschäftsmann. Zuschauer:innen müssen dafür teils tief in die Tasche greifen. Trotz hoher Ticketpreise war die Halle gut gefüllt, aber von ausverkauft weit entfernt. Nur einen Tag vor der Veranstaltung gab es noch zahlreiche Tickets zu kaufen.
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Obama zieht die Menschen noch immer in seinen Bann – auch an diesen Abend. Wie gewohnt zeigt sich der 61-Jährige eloquent und charmant, nur die Haare seien grauer geworden, wie er selbst scherzt.
Wie es ist, den Abend mit dem einst mächtigsten Mann der Welt zu verbringen, fasst watson für euch in sechs Punkten zusammen.
Atmosphäre und Vorprogramm
Weder Maschinengewehre, Scharfschützen noch auffällige Leute in Anzügen mit dunklen Sonnenbrillen stehen vor oder in der Mercedes-Benz Arena. Es ist ein ruhiger, sonniger Abend. Die Tische vor den anliegenden Restaurants und Bars sind fast alle besetzt. Eine übersichtliche Anzahl an Menschen versammelt sich an den Eingängen der Arena.
Vor der Mercedes-Benz Arena ist es ruhig und entspannt, in wenigen Stunden spricht hier Barack Obama. bild: Anne Hamilton
Dass hier heute Abend der weltberühmte Ex-Präsident der USA auftritt – davon ist nichts zu bemerken. Nur vereinzelte Polizist:innen schlendern am Gebäude entlang. Selbst die befürchteten langen Warteschlangen beim Einlass bleiben aus. Der Security-Check wie am Flughafen verläuft schnell und problemlos.
In der Arena tummeln sich Menschen jeder Altersgruppe. Was ins Auge fällt: Vor allem Millennials sind stark vertreten. Von den Gästen sprechen viele Englisch, mit dem typischen amerikanischen, tief gerollten R. Viele gönnen sich noch einen Hamburger oder Wein für jeweils sieben Euro, bevor es losgeht.
Das Vorprogramm verläuft musikalisch sowie diskussionsfreudig. In der Diskussionsrunde geht es lauter zu. Als es um die Bildungschancen für Kinder aus armutsbetroffenen Familien geht, wird es oben in der VIP-Lounge laut. Schnatternde Stimmen, klirrende Gläser – dort oben herrschen offenbar separate Diskussionen.
Die Halle füllt sich mehr und mehr.bild: anne Hamilton
Doch als der Star des Abends angekündigt wird, ändert sich die Atmosphäre in der Halle. Der Entertainer Klaas Heufer-Umlauf bittet Obama auf die Bühne – und das Publikum klebt an seinen Lippen, sobald der Ex-Präsident zu sprechen beginnt.
Michelle, Merkel und sein Alter sorgen für Lacher
Obama erzählt zunächst von seinen Ausflügen in der Hauptstadt. "Gestern Abend habe ich eine alte Freundin getroffen", sagt er, worauf die Gäste schmunzelnd klatschen. Gemeint ist das Abendessen mit der Ex-Kanzlerin Angela Merkel bei einem Italiener in Schöneberg. Später habe er sich zum Lunch mit Kanzler Olaf Scholz getroffen – kurz "'Hi' gesagt" – hier bleibt der Applaus aber aus.
Zwei, die sich verstehen: Alt-Kanzlerin Angela Merkel und Barack Obama treffen sich zum Abendessen in Berlin.Bild: Büro der Bundeskanzlerin a. D.
Berlin ist die dritte Station für Obamas kleine Tour. Zuvor war er bereits in Amsterdam und Zürich. Dies sei nun sein fünfter Besuch in der Hauptstadt.
Was auffällig ist: In seiner Rede lässt er sich keine Chance entgehen, über seine Ehefrau Michelle Obama zu sprechen. Oftmals sind es Anekdoten, die für Lacher sorgen. "Hat man Ihnen als Präsident früher sagen können, dass Sie Unrecht haben?", fragt etwa Heufer-Umlauf. Worauf Obama antwortet: "Fragen Sie Michelle, ich habe etwa zehnmal am Tag Unrecht."
Das Ehepaar Michelle und Barack Obama ist besonders bei jungen Demokrat:innen in den USA beliebt.Bild: AP / Andrew Harnik
Auch macht er immer wieder witzige Bemerkungen über sein Alter. Man dürfe sich nicht zu ernst nehmen, betont er. Selbst wenn man der Präsident der USA ist – leider könne man das nicht von allen Staatsoberhäuptern behaupten.
Seitenhieb gegen Autokraten wie Putin
"Wer sich nur noch mit Ja-Sagern umgibt, isoliert sich", meint Obama. Das passiere vielen Autokraten in der Welt – wie etwa dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Laut Obama darf man nicht die Verbindung zum alltäglichen Leben verlieren. Anführer:innen brauchen Leute um sich herum, die sie auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Obama betont, dass es wichtig sei, seinen Mitarbeiter:innen zuzuhören, um ein verantwortungsvoller Anführer zu sein. Für ihn selber war es wichtig, ein gut durchmischtes Team zu haben – nicht nur hinsichtlich des Alters oder Geschlechts, sondern auch der Denkweise. So habe er bei einem wichtigen Meeting einfach mal auf einen jungen Mitarbeiter in der hintersten Ecke gezeigt und gesagt: "Hey, du! Was denkst du darüber?"
Obama spielt mit dem Baby eines Mitarbeiters im Weißen Haus.Bild: imago stock&people / ZUMA Press
Obama zufolge haben schließlich die jungen Leute die Arbeit gemacht und reichten den "Alten" am Tisch – also den Generälen oder Minister:innen – dann ihre Unterlagen. Junge Menschen liegen Obama offenbar besonders am Herzen.
Themen, die Obama am Herzen liegen
Während des Gesprächs kommt beinahe eine "Bewunderung" Obamas für die junge Generation zum Vorschein. Sie sei es, in der er seine Hoffnung stecke – vor allem beim Thema Klimawandel. Die Last fühle sich manchmal groß an, meint er.
Schaffen wir die Klimaziele? Ist nicht alles für die Katz? Das frage ihn manchmal seine älteste Tochter. Doch seine Message lautet: "Wir dürfen nicht aufgeben." Solange die Welt beim Klimaschutz in die richtige Richtung gehe, könne man das Problem lösen, sagt er zuversichtlich.
Obama mit seiner Ehefrau Michelle und seinen Töchtern.Bild: imago / xCourtesy Everett Collection
Neben der Kraft der jungen Menschen hebt er auch die Stärke der Frauen hervor. Stolz betont er, dass in seiner Regierung viele Frauen einflussreiche Posten innehielten. "Wenn wir ein paar Jahre lang überall Frauen in Machtpositionen haben würden, wären viele Probleme auf der Welt gelöst", meint Obama, worauf das Publikum ihm mit einem langen Applaus zustimmt.
Probleme gebe es aktuell genügend, wie etwa den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, aber auch an der Heimatfront: In den USA wachse der Einfluss der rechten Republikaner. Allgemein sei er besorgt um den Zustand der weltweiten Demokratie.
Themen, die Obama Sorgen machten
Laut Obama wird die Demokratie nicht nur von außen, sondern auch von innen angegriffen. Besonders Sorgen bereitet ihm dabei der zunehmende Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) und Desinformationen. Er sei der erste "digitale Präsident" gewesen und habe selbst erlebt, was Deepfakes ausrichten können.
"Die Aufnahmen von mir sahen täuschend echt aus", sagte er. Vor allem junge Menschen sollten ihm zufolge besser über die Nutzung von Social Media aufgeklärt werden. Für die Verwendung von KI brauche man klare Vorgaben und einen digitalen Fingerabdruck, sodass man erkennen könne, was echt sei und was nicht.
Allgemein hinterfragt Obama die heutige Medienlandschaft kritisch. Oft ziele sie nur noch darauf ab, Menschen wütend zu machen. Sender wie Fox News und auch die sozialen Medien heizten die Desinformation an, sodass man sich nicht mehr auf die Fakten konzentriere.
Man spiele mit den Ängsten von Menschen, die sich abgehängt fühlen oder ihre traditionellen Normen bedroht sehen, etwa durch Migrant:innen oder LGBTQ-Personen. Besonders die Rechten würden diese Ängste ausnutzen, wodurch der Extremismus wachse – offensichtlich eine Anspielung Obamas auf Trumps MAGA-Republikaner in den USA.
Obamas Nachfolger Donald Trump tritt erneut zur Präsidentschaftswahl 2024 an. Bild: AP / Evan Vucci
Doch trotz der schwierigen Weltlage – ob Krieg, Extremismus, Klimawandel – bleibt Obama optimistisch. Denn eine Generation schenke ihm besonders Hoffnung.
Obamas Message an die jungen Menschen
Obama lege seine Hoffnung in die zukünftigen Generationen. Auch wenn sich die Last der Weltprobleme manchmal schwer anfühlen sollte, sei es eine "erfüllende" Aufgabe, die Welt zu verbessern.
Obama unterstützt junge Menschen mit seiner gemeinnützigen Organisation "Obama Foundation".Bild: AP / Morry Gash
Daher seine Message an die Jungen: "Gebt nicht auf!" Und den Alten sagt er: "Macht Platz!" Mit diesen Worten verabschiedet sich Obama und verlässt die Bühne.