Wer nach Nordkorea reist, erlebt keinen gewöhnlichen Urlaub. Tourist:innen werden rund um die Uhr von einheimischen Guides begleitet, dürfen keine Einheimischen ansprechen und ihr Hotel nachts nicht verlassen. Der Alltag, den Besucher:innen in dem am meisten abgeschotteten Land der Welt zu Gesicht bekommen, ist sorgfältig inszeniert. Wer einen Teil der Realität des Landes erfassen will, muss sehr genau hinsehen.
Vor der Pandemie reisten vor allem chinesische Tourist:innen nach Nordkorea, 2019 waren es laut dem Portal "NK News" rund 350.000. Westliche Besucher:innen blieben mit wenigen Tausend Reisenden eine Minderheit. Doch mit Corona war selbst damit Schluss.
2023 öffnete sich Nordkorea dann langsam für den Tourismus, zunächst für Reisegruppen aus Russland. Bald soll das Land nach fünf Jahren auch wieder für westliche Besucher:innen zugänglich werden, allerdings sehr eingeschränkt: Erste Reiseveranstalter planen Touren.
Gergo Vaczi wird einer der ersten westlichen Menschen sein, die Nordkorea wieder betreten. Er ist Reiseleiter bei Koryo Tours, einem auf Nordkorea spezialisierten Anbieter mit Sitz in Peking. Doch noch ist vieles ungewiss. Er warnt andere Tourist:innen.
Vaczi hat das Land bereits 27 Mal besucht, zuletzt im Januar 2020. Die kommende Reise so kurz nach der Öffnung für den Tourismus ist besonders für ihn. Am 13. Februar soll er mit einer kleinen Gruppe von Tourist:innen die Grenze überqueren, wenn alles glattläuft. Die Route führt über die Wonjong-Brücke, die China mit der nordkoreanischen Stadt Rason verbindet. "Das ist schon aufregend", sagt der 37-Jährige zum Portal "Merkur".
Rason ist die erste Stadt, die die Regierung in Pjöngjang wieder für westliche Besucher:innen freigegeben hat. Die 200.000-Einwohner-Stadt liegt an der Grenze zu China und Russland und hat eine besondere wirtschaftliche Stellung. "Man muss sich Rason ein bisschen wie Hongkong vorstellen", erklärt Vaczi dem Medium.
Die nordkoreanische Regierung nutzt die Sonderwirtschaftszone als Experimentierfeld für wirtschaftliche Reformen. Das könnte der Grund sein, warum Rason als erste Stadt wieder geöffnet wurde, mutmaßt Vaczi.
Die geplante Reise umfasst vier Übernachtungen in Rason, inklusive Anreise aus China, Verpflegung und Eintrittsgelder – Kostenpunkt: rund 700 Euro. Bei dem Nordkorea-"Urlaub" können die Reisenden unter anderem eine Taekwondo-Schule, eine Seegurken-Farm und ein Sanatorium besichtigen.
Ob die geplante Reise wirklich stattfinden kann, ist jedoch noch unklar. Zwar hat Nordkorea offiziell erklärt, dass Tourist:innen wieder nach Rason einreisen können, doch auf chinesischer Seite fehlt noch die finale Genehmigung. Sie seien noch nicht auf ausländische Reisende eingestellt, erklärt Vaczi.
Tourist:innen berichteten in der Vergangenheit übereinstimmend, dass ihre Reise nach Nordkorea unter ständiger Überwachung stand. Eine russische Reisende erzählte 2023 dem "Guardian": "Man konnte die Hoffnungslosigkeit und ständige Kontrolle im Land spüren."
Falls die Faszination für das Land trotzdem überwiegt, sollten sich Interessierte eine Reise nach Nordkorea gut überlegen. Die deutsche Botschaft ist noch immer geschlossen und kann im Notfall nicht helfen. Das Auswärtige Amt rät von Reisen dringend ab: "Insbesondere bei Versuchen einer selbständigen Erkundung kommt es häufig zu Zwischenfällen", heißt es auf der Webseite.
Man erinnere sich etwa an den Fall des US-Touristen Otto Warmbier. Der Student wurde 2016 zu 15 Jahren Straflager verurteilt, nachdem er ein Propagandaplakat gestohlen haben soll. Kurz nach seiner Rückkehr in die USA – er war in einem merkwürdigen Zustand reaktionsloser Wachheit – verstarb er. Es gab Hinweise auf massivste Foltermethoden.
Gergo Vaczi warnt, sieht Nordkorea aber dennoch als sicheres Reiseziel: "Wenn man sich an die Regeln hält, und das sind nicht viele, dann ist Nordkorea sicher." Kritische Äußerungen über die Regierung oder Alleingänge könnten jedoch drastische Konsequenzen haben. Tourist:innen werden daher vor ihrer Abreise umfassend geschult. Allerdings kann Willkür der nordkoreanischen Behörden nicht ausgeschlossen werden.
Wann Nordkorea seine Grenzen weiter öffnet, bleibt ungewiss. Eigentlich sollten bereits Silvester-Trips nach Pjöngjang angeboten werden, doch die Pläne wurden nicht umgesetzt. Einige ehemalige Touri-Hotspots, wie die Demilitarisierte Zone an der Grenze zu Südkorea, sind mittlerweile für Besucher:innen tabu.
Dennoch könnte in Zukunft ein neues Reiseziel hinzukommen: Im Juni soll ein Ferienresort an der Ostküste nahe der Hafenstadt Wonsan eröffnen. Bilder aus nordkoreanischen Staatsmedien zeigen riesige Hotelanlagen entlang eines Sandstrands. Machthaber Kim Jong-un besichtigte das Gelände bereits. Ob westliche Tourist:innen hier jemals Urlaub machen können, bleibt jedoch abzuwarten.