Das bedingungslose Einkommen wird im Kampf gegen Armut nichts beitragen können.Bild: imago images / Jürgen Ritter
Meinung
Das ist er also nun, der Beweis, dass die Sache mit dem bedingungslosen Grundeinkommen nicht klappt. Und der kommt nicht irgendwie daher, sondern hübsch gekleidet im Gewand wissenschaftlicher Seriosität, als Studie. Chapeau! Damit haben die Faulenzer-Initiativen ausgedient.
So klingt jedenfalls der Tenor. Natürlich wird dabei das klassische Taugenichts-Narrativ bedient. Die Studie hält praktisch als Beleg dafür hin, dass es einen Tritt in den Hintern braucht, um malochen zugehen. Eine Perspektive, die in der Regel von rechts kommt.
Dabei sollten auch mehr Linke das bedingungslose Grundeinkommen ablehnen. Aus Gründen, die vor allem den sonst so lauten Gegner:innen nicht schmecken.
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Bedingungsloses Grundeinkommen: Studie gibt Reality Check?
Das ist passiert: 2019 starteten OpenAI-CEO Sam Altman und sein Team von Openresearch eine dreijährige Studie. 1000 Menschen bekamen dabei 1000 US-Dollar monatlich als Grundeinkommen, 2000 weitere, die Kontrollgruppe, nur 50. Das durchschnittliche Einkommen der Probanden lag knapp unter 30.000 US-Dollar netto.
Mittels Fragebögen sollten sie angeben, wie viel sie arbeiten, was sie in ihrer Freizeit machen und wie viel Geld sie verdienen. Das Ergebnis: die Menschen mit 1000 US-Dollar arbeiteten durchschnittlich 1,3 Stunden die Woche weniger, zudem sank ihr Arbeitseinkommen um 21 Cent je geschenktem Dollar. Die gewonnene Zeit nutzten sie übrigens für Freizeitaktivitäten.
Eigentlich sollte es wenig überraschend sein, dass Menschen mit bedingungslosem Grundeinkommen etwas weniger arbeiten. Das ist Sinn des Ganzen. Und 1,3 Stunden sind bei weitem nicht viel, immerhin wird aktuell über eine Vier-Tage-Woche gestritten. Trotzdem warnt zum Beispiel die "FAZ" vor einem Einsturz der Volkswirtschaft.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Gefahr für den Sozialstaat
Von der Studie kann man halten, was man will. Doch das bedingungslose Grundeinkommen stellt keine Gefahr für die Volkswirtschaft dar, sondern für den Sozialstaat. Angenommen es wird umgesetzt, der Staat zahlt monatlich pauschal 1000 Euro an alle. Keine Ausnahmen.
Doch hier könnte es heißen, vor allem mit einer FDP oder CDU in der Regierung: 1000 Euro müssen reichen, mehr gibt's nicht! Alle anderen Zuschläge würden gestrichen werden. Und hier zeigt sich ein Problem.
Aktuell fällt das Bürgergeld zwar deutlich geringer aus, dafür gibt es weitere Unterstützung wie Wohngeld, Kindergeld, Leistungen für Bildung und Teilhabe. Je nach Wohnort, beruflicher und Familiensituation, können Leute also noch deutlich mehr als 1000 Euro bedingungsloses Grundeinkommen benötigen.
Um die Ausgaben für das Ganze auszugleichen, wären dann noch höhere Steuern möglich, sehr wahrscheinlich indirekt, zum Beispiel in Form einer höheren Mehrwertsteuer. Das bedingungslose Grundeinkommen liefert das Eisen, aus dem das Fallbeil für den Sozialstaat geschmiedet wird.
Und darunter leiden würden im schlimmsten Fall nicht nur die ärmsten der Gesellschaft, sondern auch diejenigen, die ihr Einkommen aufstocken müssen. Aber auch Menschen, die eine Pflegestufe haben, sind auf deutlich mehr finanzielle Unterstützung angewiesen.
Gewinner wäre dabei vor allem die Kapitalseite, sprich alle, die von der Arbeit anderer profitieren. Letztlich lässt ein schwacher Sozialstaat die Arbeiterseite verstummen. Niemand wagt es zu murren, wenn dann der Sturz in die Armut droht.
Bedingungsloses Grundeinkommen wirkt sich nicht auf Löhne aus
Ein Argument der Fürsprecher:innen ist, dass das bedingungslose Grundeinkommen höhere Löhne ermöglicht, schließlich finden Unternehmen sonst keine Leute mehr. In meiner dystopischen Vorstellung ist das Blödsinn.
Mal abgesehen davon, dass Löhne nicht nur vom Wettbewerb um Arbeitskräfte abhängen, sondern auch vom Organisationsgrad der Gewerkschaften, stellt sich selbst in einem weniger zugespitzten Szenario die Frage, wer denn die höheren Löhne verlangen soll. 1000 Euro zusätzlich können im Niedriglohnsektor kaum die nötige Verhandlungsmasse liefern, um Löhne ins Unermessliche zu steigern.
Es braucht einen starken Sozialstaat, es braucht starke Gewerkschaften und es braucht starke Sozialverbände, um die Lebensbedingungen für das Gros der Gesellschaft zu verbessern.
Was es hingegen nicht braucht, ist ein Mittel, um das alles zu bekämpfen. Insofern ist es gut, dass die Altman-Studie erschien. Hoffentlich hilft sie, das Thema endlich zu begraben. Vielleicht aus den falschen Gründen, aber geschenkt.