Klimaschutz, ja bitte, aber rechnet sich das auch? Das war ungefähr das Thema bei "Maybrit Illner" am Donnerstagabend. Der Titel der Sendung formulierte es natürlich eleganter: "Grüne Wirtschaft, rote Zahlen – Klima gerettet, Jobs weg?"
Die klarste und kritischste Position vertrat dabei die Fridays-for-Future-Aktivistin Carla Reemtsma. Sie warf Politik und vor allem der Wirtschaft vor, ihre Klimaschutz-Kampagnen seien reine Fassade.
Zwar werde ganz viel über das Thema gesprochen. Fridays for Future bekomme sehr viel Zuspruch, auch aus der Politik und von Unternehmen.
Arndt Günter Kirchhoff, Präsident der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, sah das natürlich anders. Es sei eben eine Transformationsphase, durch die man jetzt durchmüsse. Dazu gehöre auch, dass sein eigenes Unternehmen weiterhin Güter transportiere, die nicht CO2-frei seien. "Aber wir sind Teil der Lösung und arbeiten daran."
Warum Unternehmen überhaupt auf legale Geschäfte verzichten sollten, wenn diese Arbeitsplätze und Gewinn bringen, wollte Moderatorin Illner von Reemtsma wissen. Die Studentin beharrte darauf: Wenn Unternehmen sich auf die Fahne schrieben, sie wollten klimaneutral und Vorreiter werden, dann sollten sie sich auch daran halten. "Wir messen die Leute an dem, was sie sagen. Und da sind die Diskrepanzen sehr groß."
Gerade das Angebot von Siemens-Chef Joe Kaeser an ihre FFF-Kollegin Luisa Neubauer zeige die Hilflosigkeit der Unternehmen:
Siemens hätte den Auftrag niemals annehmen dürfen, erklärte sie. Auf Illners Frage, was denn mit Verträgen und möglichen Strafen bei einem Ausstieg gewesen sei, erwiderte sie: "Dann muss man sich fragen, möchte man sich diese Glaubwürdigkeit im Klimathema, durch die man attraktiv sein möchte, behalten? Dann muss man vielleicht auch mal eine unangenehme Entscheidung treffen."
Die Entscheidung von Neubauer verteidigte Reemtsma gegen Kritik. Als Klima-Aktivistin habe man eine ganz andere gesellschaftliche Funktion, als in in einem Unternehmen im Aufsichtsrat mitzureden. "Man wäre dann auch plötzlich Interessen verpflichtet, die eindeutig nichts mit dem zu tun haben, was man gerade auf der Straße vertritt."
Kirchhoff versuchte, zu beschwichtigen. Man – damit meinte er offenbar sämtliche deutschen Unternehmen, schließlich sitzt er auch im Präsidium des Bunds Deutscher Industrieller (BDI) – habe alles dem gemeinsamen Ziel untergeordnet, bis 2050 eine CO2-freie Gesellschaft zu haben.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wollte eher positive Signale sehen. Umwelt, Klima und Energie seien das Schlüsselthema der Menschheit. Ohne eine starke Wirtschaft aber sei der Klimawandel nicht aufzuhalten. "Wenn acht Milliarden Menschen einen Wohlstand haben sollen, der dem unseren entspricht, dann müssen wir nachhaltiger wirtschaften."
Als Erfolg wertete er auch eine Verschiebung in den Debatten. "Im letzten Jahr haben wir in Davos gar nicht über das Klima geredet. In diesem Jahr wird dort nur über das Klima geredet. Auch das ist ein Erfolg der Klimabewegung."
Alles in Butter also. Braucht nur bisschen Zeit. Allein Reemtsma wollte daran nicht so recht glauben. Sie kam auf die Briefe von Blackrock zu sprechen, in denen der wohl mächtigste internationale Vermögensverwalter Unternehmen wie Siemens, die Deutsche Bank und RWE zu mehr ökologischem Denken und Handeln aufgeordert hatte. Niemand würde soweit gehen und Blackrock als neuen Partner im Kampf gegen die Klimakrise bezeichnen, sagte sie. Die Entscheidung beruhe auf rein wirtschaftlichen Interessen. "Larry Fink hat es selbst gesagt, er trifft diese Entscheidung nicht als Umweltaktivist, sondern als Ökonom."
In Zeiten des globalen Kapitalismus liege sehr viel Macht bei der Frage, wo Finanzen hingingen. Deswegen sei eindeutig, dass die Briefe Folgen haben würden. Aber:
Womit sie eine große, ungelöste Frage der Klimadebatte ziemlich treffend auf den Punkt brachte: Was passiert, wenn das Thema für Politik und Wirtschaft nicht mehr interessant erscheint?
(om)