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Gaza-Krieg: Betrüger locken Palästinenser mit vermeintlicher Ausreise

26.07.2025, Palästinensische Gebiete, Gaza-Stadt: Palästinenser beten im Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt an der Leiche eines Menschen, der bei dem Versuch getötet wurde, Hilfsgütertransporter zu erre ...
Die Not der Menschen im Gazastreifen ist groß.Bild: AP / Abdel Kareem Hana / dpa
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Gaza: Flucht vor Krieg und Gewalt – Betrüger nutzen Not der Palästinenser aus

Betrüger nutzen die Verzweiflung der Menschen im Gazastreifen aus. Mit gefälschten Einwanderungsangeboten versuchen sie, den unter dem Krieg leidenden Menschen Geld abzuknöpfen.
18.08.2025, 14:2618.08.2025, 14:26
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Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. In den vergangenen eineinhalb Jahren sind mehr als 80 Prozent der Infrastruktur im Küstenstreifen durch die Offensive Israels zerstört worden. Durch die Abriegelung kamen lange Zeit kaum Hilfsgüter zu den Menschen vor Ort; jetzt sind es immer noch viel zu wenige für die an Hunger leidenden Menschen.

Inmitten dieser humanitären Katastrophe versuchen Betrüger:innen, die Not der Menschen im Gazastreifen auszunutzen. Sie geben sich als Mitarbeitende der kanadischen Botschaft aus und machen den Menschen Hoffnung, mit ihrer Hilfe aus dem Gazastreifen fliehen zu können. Eine Hoffnung, die nicht nur enttäuscht wird: Sie erbeuten obendrein noch viel Geld von ihren Opfern.

Gaza: Betrüger locken mit Ausreise gegen Geld

Die 51-jährige Ruqayya aus Rafah berichtet der "taz", was ihr widerfahren ist. Ruqayya ist Witwe. Sie verlor durch den Krieg nicht nur ihr Zuhause, sondern auch einen Teil ihrer Familie. Neun Monate nach Kriegsbeginn wurde ihr eine Anzeige für ein angebliches Einwanderungsprogramm nach Kanada auf ihrem Smartphone angezeigt.

Sie nahm Kontakt mit dem angeblichen Berater "Royel", reichte ihre Unterlage ein und bekam die Nachricht, für das Programm angenommen worden zu sein. Wenige Tage später erhielt sie sogar einen Anruf von einer Nummer, die laut Bericht der "taz" mit NHCR-Büros in Kairo übereinstimmte.

Noch am selben Tag erhielt sie demnach eine Mail, die auf den ersten Blick von der kanadischen Botschaft zu sein schien, in der sie aufgefordert wurde, 2000 US-Dollar (etwa 1700 Euro) über einen Kontakt im Westjordanland zu bezahlen.

Für Ruqayya wirkte alles offiziell und echt, also überwies sie das Geld. Ab diesem Zeitpunkt ließ sich für sie kein Kontakt mehr herstellen. Die Whatsapp-Nummer war nicht mehr aktiv; über die E-Mail antwortete niemand mehr. Ruqayya war Betrüger:innen aufgesessen.

Die kanadische Botschaft, dessen Mail-Domain bei dem Betrug offenbar nachgebildet wurde, ließ eine Anfrage der "taz" unbeantwortet.

Expertin nennt Vorgehen "illegal und ausbeuterisch"

Die "taz" konnte einen weiteren Fall ermitteln: den des 46-jährigen Ahmed, der mit seiner Familie nach Europa oder Kanada auswandern wollte. Ahmed stieß auf ein ähnliches Angebot, bevor er jedoch zahlte, setzte er sich über eine gemeinnützige Organisation mit einem Einwanderungsanwalt in Kanada in Verbindung, der bei den Unterlagen schnell auf Ungereimtheiten stieß. So konnte Ahmed dem Betrug gerade noch ausweichen.

Ruqayya und Ahmed, die beide weiterhin im Gazastreifen leben, sind nicht alleine. Auf Social Media berichten weitere Betroffene von ähnlichen Erlebnissen.

Die Methoden der Betrüger:innen sind auch Sarah Mansour bekannt. Die Einwanderungsberaterin in Ottawa in Kanada erzählt, mehrere Personen aus Krisengebieten wie Gaza oder Syrien hätten ihr berichtet, dass ihnen eine schnelle Ausreise gegen Geldzahlung versprochen worden sei. Das sei "Illegal und ausbeuterisch", findet Mansour.

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Seit einem halben Jahr erstellt Hanin Al-Batsh immer wieder neue Bluesky-Accounts – mehr als 80 an der Zahl. Jede Woche hofft die Mutter aus Gaza, so genügend Spenden für etwas Essbares für ihre Kinder zu sammeln.
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