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Ein Jahr Ampel: Wie CDU und CSU die sozialen Medien zur Oppositionsarbeit nutzt

10.09.2022, Niedersachsen, Hannover: Markus Söder (CSU, l), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, winkt neben Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender, beim Bundesparteitag der CDU. Beim zw ...
Ihre Oppositionsarbeit zur Ampel betreibt die Union auch auf den sozialen Medien.Bild: dpa / Michael Kappeler
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"Willkommen in Ampeldeutschland": Wie die Union die sozialen Medien zur Oppositionsarbeit nutzt

12.12.2022, 07:3112.12.2022, 17:05
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Das erste Jahr der Ampelregierung ist vorbei. Das bedeutet auch: Die Union ist seit einem Jahr in der Opposition. Eine Aufgabe, die traditionell mit viel Streit zusammenhängt. Und mit einem kritischen Auge auf die Handlungen der jeweiligen Regierung.

Und die Christdemokrat:innen hatten im vergangenen Jahr einiges zu meckern mit der Ampel. Ihre Oppositionsarbeit tragen CDU und CSU auch in die sozialen Medien. Für den Rückblick auf 2022 haben sie sogar eine Webseite gelauncht. "Willkommen in Ampeldeutschland" ist die Überschrift. Die Bundestagsfraktion stellt der Regierung darauf ein Zeugnis aus.

Und das fällt nicht besonders gut aus.

Dargestellt ist die Bilanz in Form von Schiebebildern. Verglichen werden Zahlen aus den Jahren 2021 und 2022. Und zwar in den Bereichen Inflation, Schulden, Migration, Export, Strom und Wohnungsbau. Bei jedem Vergleich schneidet die Ampelregierung aus Unionssicht schlechter ab, als die Große Koalition unter Angela Merkel (CDU).

Die Grafik der Union zeigt, dass die Anzahl der Asyl-Erstanträge im Vorjahresvergleich um 43,2 Prozent gestiegen ist.
Die Grafik der Union zeigt, dass die Anzahl der Asyl-Erstanträge im Vorjahresvergleich um 43,2 Prozent gestiegen ist.Bild: screenshot watson / ampeldeutschland.de

Ampel-Kritik: Inhalte erwartbar, aber handwerklich gut umgesetzt

Aus Sicht von Bendix Hügelmann ist die Homepage insgesamt "Dienst nach Vorschrift". Der Kommunikationsexperte betreibt den Blog "Political Influencers" und analysiert politische Kommunikation. Die Inhalte der Homepage seien plausibel, nachvollziehbar und erwartbar. Die Seite handwerklich gut gemacht – samt "call to action". Die Schiebebilder können direkt von der Webseite auf Twitter gepostet werden.

"Einen Jahrestag nutzt die Opposition natürlich, um eigene Standpunkte oder auch Spitzen zu setzen", meint Hügelmann gegenüber watson. Auch wenn, wie er einräumt, auf der Webseite wenig eigene Kritik zu finden sei. Insgesamt handele es sich um eine robuste Attacke. Auffällig sei außerdem, dass diese harte Kritik vor allem über die offiziellen Parteiaccounts verbreitet würde, während die Vorsitzenden mildere Töne fänden.

Kreativer als die Webseite ist aus Sicht von Hügelmann der Ampel-Rückblick, den die CSU auf ihrem Instagramaccount geteilt hat. Darin werden Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) kritisiert. Aufgezogen sind die Infobilder im Stil des Spotify-Jahresrückblicks.

Hügelmann sagt dazu:

"Das Ampel-Wrapped ist grundsätzlich eine gute Idee, kommt aber eine Woche zu spät. Insgesamt ist es begrüßenswert, wenn sich Politik in kreativen Übungen versucht, die aktuelle Themen und Trends widerspiegeln, um so Aufmerksamkeit für die eigenen Inhalte zu erzeugen. Diese muss man dann aber auch vermitteln."

Infografiken und viele Zahlen als Zeichen von Seriosität

Ähnlich bewertet auch Politikberater Martin Fuchs die Kampagne. Aufgabe der Opposition sei es, Regierungshandeln kritisch zu begleiten. Daher, erklärt Fuchs auf watson-Anfrage, seien sowohl die Webseite, als auch der Instagrampost eine klassische Oppositionskampagne. Die Union versuche so die Kritik an der Regierung zu bündeln und die mediale Aufmerksamkeit rund um das erste Ampeljahr zu nutzen.

"Es ist sehr unredlich, die Zahlen aus dem Jahr 2021 mit den Zahlen aus der Multikrise 2022 zu vergleichen."
Politikberater Martin Fuchs

Fuchs sagt:

"Damit bedient sie zum einen Journalist:innen mit bereits recherchierten Daten und Fakten und liefert so Futter für die Medienberichterstattung. Zum anderen wird das seit Antritt der Regierung kommunizierte Narrativ 'Die können es nicht' in der Bevölkerung weiter bestärkt."
Beim Öffnen der Webseite blicken Christian Lindner (v.l.), Olaf Scholz und Robert Habeck die Nutzer:innen an.
Beim Öffnen der Webseite blicken Christian Lindner (v.l.), Olaf Scholz und Robert Habeck die Nutzer:innen an.Bild: screenshot watson / ampeldeutschland.de

Die Verwendung von Infografiken und vielen Zahlen suggeriere außerdem Wissenschaftlichkeit und somit Seriosität. "Allerdings ist es sehr unredlich, die Zahlen aus dem Jahr 2021 mit den Zahlen aus der Multikrise 2022 zu vergleichen", räumt Fuchs ein. Die Rahmenbedingungen hätten sich aufgrund von Krieg, Energiekrise und Pandemie extrem verändert.

Die Kritik lenke außerdem davon ab, dass viele der bestehenden Probleme von einer CDU/CSU-Regierung mitverantwortet werden müssten. Fuchs nennt hier die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas, sowie das Versäumen von Energie- und Verkehrswende.

Kampagne ohne konstruktive Lösungsansätze

Insgesamt geht es der Union mit der Kampagne um Krawall und das Schüren von Empörung und negativen Emotionen, meint der Experte. Er könne im Rahmen der Webseite keine konstruktiven Ansätze zum Lösen der Probleme erkennen. Fuchs führt aus:

"Insbesondere in einer der größten Krisen Deutschlands erwartet auch die Öffentlichkeit, dass sich die Opposition staatstragend konstruktiv mit einbringt – und mit eigenen Ideen oder verantwortungsvollem parlamentarischem Handeln hilft, das Land wieder aus der Krise zu führen."
29.11.2022, Berlin: Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, nimmt an einem Pressestatement vor der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag teil. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Friedrich Merz ist der Chef der Unionsfraktion im Bundestag.Bild: dpa / Michael Kappeler

Klar sei, dass der Fokus der Kampagne auf Social Media liege. Die Infografiken seien darauf angelegt, dass Nutzer:innen sie in ihre eigenen Feeds, in Whatsapp-Gruppen oder auf Twitter teilen. Damit setze die Union darauf, meint Fuchs, dass die politischen Inhalte verbreitet und aufgegriffen würden – vor allem, weil die Information von Bekannten oder Freunden käme. "Der Absender CDU/CSU würde bei vielen Nutzer:innen nicht so eine hohe Reputation und Wahrnehmung erhalten", meint der Experte.

Dass auf der Webseite ausschließlich das direkte Teilen auf Twitter angeboten würde, zeige außerdem, dass Journalist:innen und Entscheidungsträger:innen die Hauptzielgruppe der Kampagne seien, meint Fuchs.

Die Frage, welche Kommunikationsagenturen für die Umsetzung der Kampagnen verantwortlich war, lassen sowohl die Bundestagsfraktion der Union, als auch die CSU unbeantwortet. Ebenso die Anfrage von watson, mit welcher Intention die Kampagne gestartet worden ist.

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