Der Islam. Die Muslime. Und überhaupt.
Horst Seehofer hat in seiner Regierungserklärung an diesem Freitag klar gemacht, dass er weiterhin hinter seiner Aussage "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." steht.
Der neue Innenminister sagt:
Aber zu dieser Bevölkerung gehören eben auch Muslime.
Laut einer Studie von 2015 leben zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Muslime in Deutschland. Das sind auf unsere Einwohnerzahl gerechnet gerade mal 5,4 bzw. 5,7 Prozent.
Und den Islam gibt es so nicht. Weltweit und auch in Deutschland existieren zahlreiche Strömungen dieser Religion. Also wen meint unser Innenminister?
Die Sunniten bilden weltweit und auch in Deutschland die größte islamische Glaubensgemeinschaft.
2.640.000 Sunniten leben übrigens auch in Horst Seehofers Heimat (Stand 2015).
Die Sunniten gelten als traditionell. Alle Rechtsschulen der Sunniten sehen laut Zentralrat der Muslime das Kopftuch als religiöse Pflicht vor.
Ob Aleviten wirklich Muslime sind oder nicht, darüber streiten sich nicht nur andere islamische Religionsgruppen, sondern auch die Aleviten selbst.
Streng aus religionswissenschaftlicher Sicht könnte man sie nämlich als eigenständige, synkretistische Religion bezeichnen.
Denn die Aleviten sind zwar als Zweig der Schiiten entstanden (Anhänger Alis), haben aber ganz eigene Regeln und Ansichten, das Kopftuch ist beispielsweise für Aleviten keine Pflicht, so wie viele andere Regeln, die für Sunniten wichtig sind.
Deswegen herrscht Uneinigkeit darüber, ob Aleviten als Muslime zu sehen sind. An vielen Orten der Welt werden sie nicht anerkannt und daher verfolgt.
In Deutschland bilden Aleviten die zweitgrößte Gruppe an Muslimen mit 500.000 Anhängern.
Aus der weltweit zweitgrößten Glaubensgruppe leben in Deutschland 225.500 Mitglieder.
Innerhalb der Schiiten gibt es nochmal viele verschiedene Rechtsschulen und Ansichten, die sich über die Jahre herausgebildet haben.
Mehrheitlich glauben Schiiten aber an 12 Imame (die "Zwölfer-Schia"), der letzte Imam lebt laut 12-er-Schiiten noch in Verborgenheit.
Schiiten haben eigene Feiertage, wie beispielsweise Muharram: An diesem Feiertag gibt es bestimmte Trauerrituale, da Schiiten dort dem Tod Husains in der Schlacht von Kerbela gedenken.
Husain war der Sohn von Ali, dem schon die Nachfolge verwehrt blieb. Aus Trauer geißeln sich einige Schiiten dann selbst.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Ahmadiyya-Gemeinde von Mirza Ghulam Ahmad ins Leben gerufen. Er verstand sich als Reformer und Nachfolger des Propheten Muhammad.
Unter anderem deswegen sieht der Großteil der Muslime die Ahmadiyya-Bewegung als "un-islamisch", da es für sie keine neuen Offenbarungen nach dem Propheten geben kann.
Die Ahmadiyyas halten sich an die traditionellen Quellen von Kora, Sunna und Hadith, aber eben zusätzlich an die Schriften ihres Gründers. Sie gelten als liberal, sind für Trennung von Religion und Staat, aber trotzdem wertekonservativ.
In Deutschland leben ungefähr 35.000 Ahmadiyya-Anhänger mit etwa 71 Gemeinden.
Die Sufis sind nochmal eine ganz eigene Gruppe.
Sufis haben viele mystische und spirituelle Elemente, meditieren, streben Erleuchtung an, glauben an die Einheit allen Seins und eine persönlichen Beziehung zu Gott. In Sufi-Ordenschaften haben sich bereits im 12. Jahrhundert Sufis gesammelt.
Die nennt man meist Derwische. Aus einem dieser Sufi-Orden, den Kizilbash, sind sogar mal in späterer Konsequenz die Aleviten entstanden. Aleviten haben noch immer sufistische Elemente in ihrem Glauben. In Deutschland leben an die 10.000 Sufis.
Trance-Zustände helfen laut der sufistischen Lehre, die eigene Verbindung des Seins zu Gott herzustellen. Der Tanz der Derwische, der sema, bei dem sich die Tanzenden um die eigene Achse im Kreis drehen, ist da so ein Hilfsmittel.