Das Feuer auf Hawaii wütete auch in der historischen Stadt Lahaina. Zerstörte Häuser und Gebäude umgeben das Gebiet nach dem Brand.Bild: Getty Images North America / Justin Sullivan
Analyse
Die Blätter der Palmen hängen zu Boden. Hier und da steigt noch immer Qualm auf. Ausgebrannte Autos blockieren die Straßen. Geschmolzene, eingebrochene Dächer lassen erahnen, wo einmal Häuser standen.
Flammen verwandelten ein buntes Paradies zu einem weiß-grau-schwarzen Albtraum. Es sind Bilder, die man aus der ukrainischen Stadt Bachmut kennt, verwüstet durch den brutalen Angriffskrieg Russlands. Doch hier zeigte die Natur ihre Kraft – eine Kraft, die wir Menschen zu oft unterschätzen, wie die Debatte um die Klimakatastrophe zeigt.
Eine Frau gräbt in den Trümmern eines vom Feuer zerstörten Hauses in Lahaina, Hawaii.Bild: AP / Rick Bowmer
Über 100 Menschen haben ihr Leben in den Flammen verloren – noch heute findet man Opfer in den Trümmern. Viele Personen gelten noch als vermisst. Die Brände auf Maui sind die tödlichsten in den USA seit mehr als 100 Jahren.
Während die einen leiden, wittern andere bereits das große Geschäft: Investment-Unternehmen sowie Immobilienmakler:innen sollen sich wohl die Hände reiben und auf das große Geld hoffen. Davor warnen US-Medien und auch die gemeinnützige Organisation für Umwelt und soziale Gerechtigkeit "Slow Factory".
Paradies Hawaii ist eine Goldgrube für Immobilienhaie
Sonne, Strand, Meer mit Palmen – wer möchte nicht gern auf einer tropischen Insel mit ganzjährig sommerlichen Temperaturen leben? Das denken sich auch Berühmtheiten, wie etwa US-Expräsident Barack Obama, der auch gebürtiger Hawaiianer ist oder TV-Moderatorin Oprah Winfrey. Auch Milliardär und Amazon-Gründer Jeff Bezos soll sich laut Medienberichten ein Anwesen auf Maui für 78 Millionen Dollar gegönnt haben.
Paradies auf Erden: Wohlhabende und einflussreiche Leute zieht es nach Hawaii. Bild: imago images/ Pond5 Images
Die Nachfrage nach Wohnraum auf Hawaii ist groß – und das treibt die Preise in die Höhe. Der Tourismus übt zusätzlich Druck aus. Teure Vermietungen etwa über "Airbnb" sowie steigende Preise für Häuser, Eigentums- sowie Mietwohnungen stellen die lokalen Gemeinden vor große Herausforderungen.
"Ein Haus zu kaufen ist für die durchschnittliche Arbeiterfamilie auf Hawaii so gut wie unerreichbar", sagt Tedorian Gallano in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur "Associated Press" im April.
Der 49-Jährige möchte ein Haus für seine Frau und seine drei jüngsten Kinder auf Hawaii kaufen, aber die Immobilienpreise seien vor acht Jahren so stark gestiegen, dass er wieder bei seinen Eltern wohne. In dem Haus teilen sich acht Mitglieder aus drei Generationen von Gallanos Großfamilie ein Badezimmer, die Garage dient als weiteres Schlafzimmer.
"Jetzt, wo Maui verwüstet ist und Tausende evakuiert wurden, wollen die Immobilienspekulanten noch mehr Geld verdienen", warnt die Organisatin "Slow Factory" in einem Post auf Instagram.
Auch in der historischen Stadt Lahaina liegen zahlreiche Familienhäuser in Schutt und Asche. Das Zuhause von Einheimischen, die teilweise mehrere Generationen dort lebten. Ihre Not könnte nun ausgenutzt werden – aus Profitgier.
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"Slow Factory" wirft etwa Immobilienmaklern und Investoren vor: "Sie wollen nicht helfen, sondern nur ihre Gewinne steigern, indem sie billig kaufen und später verkaufen, wenn die Preise wieder hoch sind."
Das werde nur noch mehr Einheimische, wie die Kanaka Maoli, aus dem Land vertreiben. Laut des US-Senders ABC15-News erhalten Betroffene von Maui bereits Angebote, ihr Land zu verkaufen.
Immobilienmakler melden sich bereits bei Betroffenen auf Maui
"Ich bin so frustriert über die Investoren und Immobilienmakler, die die Familien anrufen, die ihr Haus verloren haben, und ihnen anbieten, ihr Land zu kaufen", zitiert der Sender die Hawaiianerin Tiare Lawrence. Sie ermutigt die Einheimischen, ihre Immobilien in dieser schwierigen Zeit nicht zu verkaufen.
Sie appelliert an die Betroffenen:
"Ihr müsst bleiben, vor allem ihr Mehrgenerationenfamilien. Lasst euch nicht dazu verleiten, wegzuziehen. Wir werden nach Hause zurückkehren und alles wieder aufbauen."
Nach eigener Angabe habe sie von mehreren Familien gehört, die in der vergangenen Woche von Agent:innen kontaktiert wurden. Ihrer Meinung nach sollten die Betroffenen alle Daten über diese Unternehmen sammeln, um sie auffliegen zu lassen. Auch der Gouverneur von Hawaii, Josh Green, sprach dieses Thema bereits in einer Pressekonferenz an.
Gouverneur von Hawaii will Verkauf verhindern
Green gab an, den Generalstaatsanwalt gebeten zu haben, ein Moratorium für den Verkauf von beschädigtem oder zerstörtem Eigentum auf Maui in Erwägung zu ziehen, und wies darauf hin, dass es "sehr lange dauern" werde, bis die Insel wieder aufgebaut werden könne.
Er sagte weiter:
"Ich möchte die Leute darauf hinweisen, dass es sehr lange dauern wird, bevor (...) Wohnungen gebaut werden können. Sie sind also ziemlich schlecht informiert, wenn Sie versuchen, unseren Leuten Land zu stehlen und dann hier zu bauen."
Doch es gibt auch Immobilienmakler:innen, die den Betroffen vor Ort helfen, wie etwa Mary Kerstulovich.
Wiederaufbau oder Verkauf? Zukunft für Betroffene ist bisher unklar
Gemeinsam mit einem örtlichen Maklerverband stellt Kerstulovich eine Liste leerstehender Ferienhäuser auf – in der Hoffnung, darin Betroffene unterzubringen. Das berichtet die "Washington Post". Doch das sei nur eine Übergangslösung.
Die Zukunft der betroffenen Menschen ist ungewiss – bleiben sie? Verkaufen sie? Die Antwort darauf wird wohl auch davon abhängen, wie viel finanzielle Unterstützung sie etwa von der US-Regierung, Hilfsorganisationen und Spenden von Privatpersonen erhalten werden.
Zwei Frauen von Lahaina liegen sich angesichts der Katastrophe in den Armen. Bild: AP / Jae C. Hong
Die Brände auf der paradiesischen Insel heizen damit weiter die Spannungen an: Milliardär:innen, Investierende und Immobilienmakler:innen, die sich offenbar auf Hawaii austoben und dabei die spürbaren Konsequenzen für die lokale Bevölkerung ignorieren. Für Menschen, wie die Kanaka Maoli, für die Orte wie Lahaina heilig sind.
In wenigen Tagen wählen die USA. Auf den letzten Metern zur Zielgeraden rühren beide Kandidat:innen nochmal kräftig die Werbetrommeln für sich. Jedes Wort und jede Tat bleiben jetzt besonders bei den Wähler:innen hängen, wie die Entgleisungen bei Donald Trumps Kundgebung im Madison Square Garden Anfang der Woche.