Die Lage scheint jetzt klar zu sein: Am Donnerstag hat der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella den bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Es ist die klare Entscheidung im kurzen aber heftigen Regierungskonflikt Italiens: Darin hatte sich der rechtsradikale Lega-Chef Matteo Salvini zu Beginn der Sommerferien mit seiner Forderung nach Neuwahlen verspekuliert. Statt in die Regierung geriet er ins Abseits. Und schließlich, am Mittwoch, einigten sich seine politischen Gegner – die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die italienischen Sozialdemokraten – auf eine Koalition. Und Mattarellas "Go" scheint die Sache endgültig zu besiegeln. Ende gut, alles gut?
Noch nicht ganz. Bis die neue Regierung steht, müssen die Sterne und die Sozialdemokraten noch drei Hürden nehmen.
Gemeinsame Pläne?
Die Fünf Sterne stehen als Partei für den Protest gegen das politische Establishement – und damit bisher zumindest auch auf die Sozialdemokraten, gegen deren Regierung sie bei der vergangenen Wahl erfolgreich angetreten waren.
Da stellt sich die Frage: Können die beiden Parteien überhaupt zusammen? Politisch liegen sie in vielen Bereichen weit auseinander. Die Fünf-Sterne-Bewegung sieht die EU skeptisch, die Sozialdemokraten sind europafreundlich. Die Fünf Sterne setzten mit Salvinis Lega einen brutalen Hardliner-Kurs gegen Migranten und Geflüchtete um, ihre MInister unterschrieben auch jene Dekrete, die Flüchtlingsboote daran hinderten, in Italien den Hafen anzulaufen. Die Sozialdemokraten verlangen bei all dem eine Wende.
Dazu kommt der Zeitfaktor. Die neue Koalition hätte weniger als einen Monat, um ihre inhaltlichen Konflikte zu klären. Denn Italien muss schon im September die Arbeit am neuen Haushalt 2020 beginnen, dessen Eckpunkte dann im Oktober nach Brüssel gehen. Millionen-Geschenke, wie sie die Fünf-Sterne-Bewegung mit der Lega bisher umsetzten, werden die Populisten mit den Sozialdemokraten kaum anbieten können.
Äußerungen des bisherigen und vielleicht künftigen Premiers deuten allerdings an, dass sich die Fünf Sterne wandeln können.
Conte sagte am Donnerstag:
"Dies ist der Moment für Mut, um zu versuchen, ein besseres Land zu gestalten. Dies ist die Zeit für einen neuen Humanismus"
Euronews
Der parteilose Conte hat seine Position gegenüber Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio in der aktuellen Regierungskrise gestärkt. Diesmal ist es auch Conte, der das Regierungsprogramm und das Kabinett zusammenstellt. 2018 hatten ihn die Fünf Sterne erst nach den Koalitionsverhandlungen mit der Lega als Premier ausgesucht.
Bei den italienischen Sozialdemokraten feierte dagegen ein alter Bekannter in der Regierungskrise sein Comeback: Ex-Premier Matteo Renzi. Der noch immer einflussreiche Renzi setzte durch, dass die PD überhaupt Gespräche mit der Fünf-Sterne-Bewegung begann. Parteichef Nicola Zingaretti war anfangs dagegen, schwenkte aber um. Ein Riss bei den Sozialdemokraten ist damit gekittet – könnte aber jederzeit wieder aufreißen.
Besonders eine Personalfrage wird brisant
Conte will bereits am Donnerstag Beratungen mit allen parlamentarischen Gruppen aufnehmen, um ein Regierungsprogramm und ein Kabinett zusammenzustellen.
Die neue Koalition müsste dann Abstimmungen in beiden Parlamentskammern gewinnen. Beide Parteien kommen auf eine knappe Mehrheit.
Aber die Zusammenstellung des Kabinetts dürfte Ärger bedeuten. Besonders kritisch ist eine Personalie: Vize-Premier Luigi Di Maio von den Fünf Sternen will sein Amt behalten, die Sozialdemokraten sind damit aber nicht einverstanden, wie "Politico" berichtet. Ihre Argumentation: Premier Conte stehe den Fünf Sternen nahe, damit stehe die Stellvertreterposition ihrer Partei zu.
Sollte das neue Bündnis auch diese Hürde nehmen, bliebe noch ein letztes Problem.
Die Wut der Fünf-Sterne-Anhänger
Die Fünf-Sterne-Bewegung verspricht, dass ihre Anhänger über die künftige Koalition auf dem Internetportal der Bewegung abstimmen dürfen. Auf der Plattform "Rousseau" lässt die Bewegung registrierte Mitglieder immer wieder über wichtige politische Fragen entscheiden.
2018 votierten die Mitglieder der Bewegung auf "Rousseau" für die ungewöhnliche Koalition mit der rechten Lega. Womöglich würden sie den Vorgaben ihrer Partei auch diesmal folgen.
Man darf aber anmerken: Sicher ist das nicht. Auch wenn vieles auf eine neue Regierung in Italien hindeutet, werden die nächsten Tage – wie vor der Regierungsbildung zwischen Fünf Sternen und Lega – auch Nachrichten der Unsicherheit bereithalten.
Das schadet der Fünf-Sterne-Bewegung auch intern. Die hat während der Zeit in der Regierung mit der Lega massiv an Zustimmung eingebüßt. In aktuellen Umfragen kommen Fünf Sterne und die Sozialdemokraten nicht länger auf eine Mehrheit. Das macht das wackelige Bündnis verwundbar für Attacken von Lega-Chef Salvin. Der wird als Oppositionsführer im kommenden Wahlkampf nicht leiser werden.
Hier die aktuellen Umfragewerte.
Aber: Auch die Lega büßte zuletzt einige Prozentpunkte ein, auch wenn sie die Umfragen anführt. Wenn die Regierungsbildung der neuen Koalitionäre also funktioniert und dann noch eine stabile Regierungsarbeit folgt, könnte Salvini es durchaus schwer haben.
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