Donald Trump spaltet weiter. Bei seinem Auftritt in der Stadt Kenosha in Wisconsin verzichtete der US-Präsident jüngst darauf, die angespannte Lage vor Ort zu beruhigen und goss stattdessen weiter Öl ins Feuer. Siebenmal hatte dort ein Polizist dem 29-jährigen Jacob Blake in den Rücken geschossen. Dass der Polizist weiß und der angeschossene Blake schwarz ist, führte in dem beschaulichen Städtchen zu schweren Unruhen.
Doch statt einzuräumen, was bereits mehr als offensichtlich ist – nämlich, dass die USA ein Problem mit Rassismus und Polizeigewalt haben – wiegelt Trump ab. Sein Interesse gilt den Ladenbesitzern, deren Geschäfte in Mitleidenschaft gezogen wurden, und der Polizei. Er trauert demonstrativ um ein Möbelgeschäft und verspricht mehr Geld für die Gesetzeshüter bereitzustellen, damit diese wieder für Recht und Ordnung sorgen können.
Recht und Ordnung sind Trumps magische Worte, die er seit dem Beginn der Proteste der "Black Lives Matter"-Bewegung nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd im Mai dieses Jahres immer wieder twittert. Und auch in Kenosha stellte er sich erneut demonstrativ gegen die Bürgerrechtsbewegung und verteidigte das Vorgehen der Polizei.
Diese Woche erklärte er nun sogar, demokratisch regierten Städten den Geldhahn zuzudrehen, wenn sie seine "Law and Order"-Politik nicht unterstützen. Diesen "rechtlosen" Städte – genannt werden unter anderem New York City, Portland, Seattle und Washington D.C. – sollen die Fördergelder gestrichen werden. Wenn die Polizei vor Ort seiner Meinung nach nicht ausreicht, will Trump auch in Zukunft mit der Nationalgarde eingreifen.
Und das macht er in letzter Zeit sehr häufig. Überall dort, wo es brennt und Trump der Meinung ist, dass die lokalen Autoritäten zu schwach seien, schickt er das Militär – was offenlegt, wie schlecht es um den sozialen Frieden in den USA bestellt ist. Doch Donald Trump hat offenbar nicht nur kein Interesse daran, die Nation zu befrieden, er zieht sogar einen Nutzen daraus für seinen Wahlkampf.
Wahlkampf-Stratege Julius van de Laar war 2008 und 2012 an der Kampagne von Barack Obama beteiligt und unter anderem für den Bereich Wählermobilisierung im wahlentscheidenden Schlüsselstaat Ohio zuständig. Heute berät er Politiker und Medien zum Thema Wahlkampf. Er erkennt eine wenig verhohlene Strategie hinter Trumps Auftritt in Kenosha und seiner "Law and Order"-Rhetorik. Zu watson sagt van de Laar:
Diese Taktik ist allerdings nicht neu:
Gemäßigtere Wähler oder gar die Mitte der Gesellschaft spielen in Trumps Überlegungen daher offensichtlich keine Rolle.
Zusätzlich kommt Donald Trump das amerikanische Wahlsystem zu Hilfe, bei dem nicht derjenige die Wahl gewinnt, der prozentual die meisten Stimmen erhält, sondern der, der die meisten Wahlmänner aus den jeweiligen Bundesstaaten für sich gewinnen kann. Somit müssen Präsidentschaftsbewerber die einzelnen Bundesstaaten für sich gewinnen.
Michael Hochgeschwender, Professor für Amerikanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, sieht daher eine zusätzliche Motivation hinter Trumps jüngstem Auftritt in Kenosha im wichtigen Bundesstaat Wisconsin. Wisconsin ist ein sogenannter "Swing State", also ein Bundesstaat, der in der Vergangenheit für Präsidentschaftsbewerber beider Parteien gestimmt hat und daher von beiden Parteien umworben wird. Zu watson sagt Hochgeschwender:
Diese Taktik scheint laut Hochgeschwender auch aufzugehen, denn es dauerte einige Zeit, bis die Demokraten, allen voran Präsidentschaftskandidat Joe Biden, sich zu den Vorfällen äußerten. "Man sieht an den etwas lahmen Reaktionen der Demokraten, dass sie sich dieser Zwickmühle auch bewusst sind", so Hochgeschwender.
Inzwischen hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden angekündigt, den angeschossenen Jacob Blake in Kenosha zu besuchen. Allerdings kommt das wohl – wie so oft bei Bidens Wahlkampf – zu spät und zu zögerlich.