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Analyse
Natürlich: Wenn es nach Donald Trump geht, ist
die Lage klar. Der US-Präsident wird nicht müde, seinen Gipfel in Singpaur mit
Kim Jong-un als Erfolg zu preisen: Die nukleare Bedrohung aus
Nordkorea sei gebannt, es gebe große Fortschritte, man habe viele
gute Gespräche mit den Nordkoreanern.
- Aber zwei Monate nach Trumps Handschlag mit dem nordkoreanischen Machthaber am 12. Juni in Singapur ist die Situation keineswegs so positiv, wie Trump sie darstellt.
- Der erhoffte große Wurf beim Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms blieb bislang aus. Die Fortschritte bei den Abrüstungsbemühungen sind bisher eher schleichend.
- Die derzeitige Stimmung auf der koreanischen Halbinsel könne wieder kippen, warnen Beobachter. Und im Weißen Haus zeigt sich nicht jeder öffentlich so optimistisch wie der Präsident.
Kleiner Blick zurück gefällig?
Wie denken die Amerikaner nach dem Singapur-Gipfel?
So warf Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton
Pjöngjang in dieser Woche vor, noch keine konkreten Schritte zur
atomaren Abrüstung unternommen zu haben. Die US-Regierung halte sich
an die Vereinbarung des Gipfels, die Nordkoreaner dagegen hätten noch
nichts getan, was für eine Denuklearisierung notwendig sei, sagte
Bolton.
Trump und Kim hatten bei dem Gipfel eine vage Absichtserklärung
unterzeichnet, in der der nordkoreanische Machthaber seine
Bereitschaft zu einer "umfassenden" atomaren Abrüstung bekräftigte.
Konkrete Schritte wurden aber nicht vereinbart.
Die USA setzten nach dem Treffen ein gemeinsames Militärmanöver
mit Südkorea aus – das gilt als großes Zugeständnis an Nordkorea.
Wie deutet Trump das Treffen mit Kim?
Trump reklamiert es als Erfolg, dass Nordkorea seit Monaten keine
Rakete abgefeuert habe. Darauf verweist auch die südkoreanische
Regierung. "In diesem Jahr hat Nordkorea weder einen Atomtest noch
einen Raketenstart unternommen", heißt es in einem Bericht, den das
Präsidialamt in Seoul vor einigen Tagen veröffentlichte.
Nordkorea habe "erste Schritte unternommen, das Kriegsrisiko auf
der koreanischen Halbinsel an den Wurzeln zu beseitigen, in dem es
seine Atomtest- und Raketentestanlagen abbaut", heißt es darin
weiter. Zuletzt lieferten etwa US-Experten anhand von
Satellitenbildern Hinweise darauf, dass Nordkorea wichtige Teile
einer Raketenstartanlage in Sohae demontiert.
Wie steht es um die atomare Abrüstung Nordkoreas?
Andererseits brachten die Wochen seit dem Treffen zwischen Kim
und Trump bisher nicht den gewünschten detaillierten Fahrplan für
eine atomare Abrüstung hervor. Nordkorea scheine darauf zu vertrauen,
dass der Abbau ihrer Atomwaffen- und Raketentestanlagen von Trump als
ernsthafte Schritte zu einer "vollständigen Denuklearisierung" angesehen würden, schrieb der Nordkorea-Experte Scott Snyder in einem
Blog der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations.
Die Denuklearisierung habe Kim Jong Un schließlich nicht nur
Trump, sondern auch dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und dem
südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In gegenüber versprochen. Und
Vertrauen sei nötig, denn die Maßnahmen Nordkoreas seien bisher ohne "adäquate Überprüfung von außen" durchgeführt worden, meint Snyder.
Die Abrüstungsverhandlungen drohen sich weiter in die Länge zu
ziehen. Noch herrscht zwischen Nordkorea und den USA nach wie vor
Uneinigkeit darüber, was überhaupt unter dem schwammigen Begriff der
Denuklearisierung zu verstehen ist. Für die international isolierte
Führung in Nordkorea sind Atomwaffen eine Überlebensgarantie, die es
nicht so schnell hergibt.
Was plant Kim?
Spielt Kim etwa auf Zeit, wie einige Beobachter vermuten? "Nordkorea hat es vielleicht nie auf eine einseitige Abrüstung
abgesehen", sagt der Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung in
Seoul, Lars-André Richter. Er schließe nicht aus, dass Pjöngjang
austesten wolle, wie weit es in den Verhandlungen mit den USA gehen
könne. "Es könnte sein, dass Nordkorea schon auf die Zeit nach Trump
schielt." Sollte Trump allerdings 2020 wiedergewählt werden, sähe die
Lage anders aus.
Der Führung in Pjöngjang geht es darum, über die Zusammenarbeit
mit Südkorea China und anderen Ländern die eigene Wirtschaft
anzukurbeln. Investitionen und Außenhandel sollen helfen, Wohlstand
in dem isolierten Land zu erzeugen. Dazu muss es aber erst die
internationalen Sanktionen abschütteln.
Wie sehen die Südkoreaner die Lage?
Aus der Sicht Südkoreas und der USA geht es nicht nur um die
Beseitigung der Atomsprengköpfe und Raketen, sondern auch darum, dass
Nordkorea die Grundlage für die Produktion atomwaffenfähigen
Materials permanent entzogen wird.
"Unsere Position ist es, dass die UN-Sanktionen (gegen Nordkorea)
aufrechterhalten und gewissenhaft umgesetzt werden, bis wir konkrete
Aktionen zu einer kompletten Denuklearisierung sehen", betonte
Südkoreas Außenministerin Kang Kyung Wha.
Auch China kommt eine wichtige Rolle in der Region zu. Welche Rolle spielt Peking?
In dieser ganzen Gemengelage fällt China ein entscheidender Part zu. Welche einflussreiche Rolle Peking schon beim Singapur-Gipfel vor zwei Monaten spielte, zeigte sich mit dem Jumbo-Jet der chinesischen Fluggesellschaft Air China, in dem Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un anreiste. Von Schutzmacht zu reden, geht sicher zu weit, aber China dient Nordkorea heute wieder als eine Art "großer Bruder".
Seit den beiden Besuchen von Kim bei Staats- und Parteichef Xi
Jinping in China mischt Peking wieder kräftig mit. Die traditionelle
Freundschaft "stößt neue Lebenskraft aus", lobte Chinas Außenminister
Wang Yi am Wochenende bei einem Treffen mit seinem nordkoreanischen
Amtskollegen Ri Yong Ho beim Asean-Forum in Singapur.
Für Peking ist mit dem Gipfel die unmittelbare Kriegsgefahr
gebannt und der gewünschte Status quo wieder gesichert. Atomare
Abrüstung ist zwar ein Thema, aber eher für die Zukunft. China hofft,
dass die USA "die legitimen Sicherheitsinteressen" Nordkoreas
berücksichtigen und dem Land "auf halbem Wege entgegenkommen", sagte
Wang Yi. Damit stärkte er Nordkorea demonstrativ den Rücken. Sein
nordkoreanischer Kollege schwärmte von einer "blühenden" Freundschaft.
Die USA werfen China schon vor, heimlich die Sanktionen wieder zu
lockern. Wohl nicht im großen Stil, aber es rollen Beobachtern
zufolge wieder mehr Lastwagen über die Grenze nach Nordkorea. Auch
verzeichnen US-Satelliten illegale Ölverladungen auf hoher See. So
redeten beide Außenminister nach chinesischer Darstellung bei ihren
Gesprächen vor allem über Chinas Hilfe für Nordkorea, "wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen und den Lebensstandard
seines Volkes zu verbessern".
Sanktionspolitik klingt anders. Chinas Bereitschaft zur
Kooperation mit Trump hat auch schwer durch die Eskalation im
Handelskonflikt gelitten. Chinas Staatschef Xi ist verärgert, hat
kein Vertrauen mehr in Trump, der mit immer neuen Strafzöllen die
Daumenschrauben anzieht. Warum sollte Xi ihm da mit Nordkorea
helfen?
(pb/dpa)
Donald Trump und Kim Jong-un - was bisher geschah
Russland steht im Krieg gegen die Ukraine vor einem weiteren komplizierten Winter. Während die Truppen immer neue Eroberungen melden, ist der Verschleiß an Mensch und Material erheblich. Von der Front gibt es immer wieder Berichte über Kriegsverbrechen, korrupte Kommandeure und unterirdische Truppenmoral.