Im nordöstlichen Pazifik haben Forschende einen drei Millionen Quadratmeter großen Wärme-Pool entdeckt.bild: picture alliance / ANP | Koen van Weel
Analyse
Extreme Hitzewellen, giftige Algenblüten, hohe Zahlen sterbender Seevögel und Meeressäuger: Dass diese Phänomene mit rapide steigenden Temperaturen im Pazifik zusammenhängen, hat ein Team des Exzellenzclusters "Climate, Climatic Change, and Society" (CLICCS) der Universität Hamburg herausgefunden. Veröffentlicht wurde die Studie im Fachblatt "Nature Communications Earth & Environment".
Dafür werteten Forschende um Hauptautorin Armineh Barkhordarian und Johanna Baehr sowohl Beobachtungsdaten (Messdatenreihen aus dem Meer) und Satellitendaten von 1981 bis 2021, als auch Daten aus Klimasimulationen aus.
Watson hat mit Forscherin Johanna Baehr über die Studie gesprochen und die wichtigsten Erkenntnisse daraus für euch zusammengefasst.
Weltweit deutlichster Temperaturanstieg im Ozean
Durch die systematische Filterung dieser Daten stießen die Forschenden auf einen drei Millionen Quadratkilometer großen Wärme-Pool im nordöstlichen Pazifik, der auf den vom Menschen verursachten Anstieg von Treibhausgasen zurückzuführen ist. Um ganze sechs Grad ist die Wassertemperatur in diesem Bereich gestiegen – mit verheerenden Folgen.
"Dies ist weltweit der deutlichste Anstieg", sagt Johanna Baehr gegenüber watson. Sie ist Mitglied im Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit CEN und forscht im Exzellenzcluster CLICCS der Universität Hamburg. Den Forschenden nach ist die Temperatur im Nordost-Pazifik in den vergangenen 25 Jahren durchschnittlich um 0,05 Grad im Jahr gestiegen. Auch kühlte die Region im Winter weniger ab, der Sommer dauerte im Schnitt 37 Tage länger.
Hitzewellen im Ozean können zu Dürren an Land beitragen
Baehr erklärt: "Die Studie zeigt ein weiteres Mal, wie stark der lokale Einfluss des Klimawandels sein kann." Noch in den 80er Jahren traten Hitzewellen in dem untersuchten Gebiet etwa alle zwei Jahre auf, in den letzten Jahren gab es im Schnitt 1,5 Hitzewellen im Pazifik pro Jahr. Allein die jüngste Hitzewelle dauerte ganze drei Jahre an, von 2019 bis 2021. "Sie treten also mehr als doppelt so häufig auf wie vorher und belasten die Ökosysteme im Meer, können aber auch zu Dürren an Land beitragen und die Ernten beeinträchtigen – wie zum Beispiel an der Westküste der USA", fasst Baehr zusammen.
Die Folge: Hitzewellen verringern die Produktivität der Ozeane "dramatisch", Nahrungsketten geraten aus der Balance, Seevögel und Meeressäuger können in hoher Zahl sterben, toxische Algenblüten entstehen", zählt Baehr auf. "Es drohen Einkommensverluste in der Fischerei, Nahrungsmittel können knapp werden und das Ökosystem Ozean kann wichtige Funktionen nicht mehr aufrechterhalten – wie zum Beispiel die Bindung von CO₂."
"Unsere Studie zeigt deutlich, dass es die Erwärmung und die damit verbundenen Hitzewellen im Pazifik ohne den menschlichen Einfluss nicht gegeben hätte."
Johanna Baehr, Professorin an der Universität Hamburg
Eine problematische Entwicklung. Dadurch, dass die Meere einen hohen Anteil CO₂ aufnehmen, haben sie der Erderwärmung lange Zeit entgegenwirkt. Doch weil die Konzentration von Treibhausgasen seit Jahrzehnten weiter ansteigt, drohen die Ozeane zu versauern – und schließlich zu kippen.
Der Mensch ist für den Temperaturanstieg im Meer verantwortlich
"Unsere Studie zeigt deutlich, dass es die Erwärmung und die damit verbundenen Hitzewellen im Pazifik ohne den menschlichen Einfluss nicht gegeben hätte", sagt Baehr. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Hitzewelle auch ohne den Einfluss der Menschen stattgefunden hätte, beträgt weniger als ein Prozent. Zwar sei diese Entwicklung zunächst lokal – "das Gefährliche ist aber der Klimawandel insgesamt, der lokal ganz verschiedene Auswirkungen hat."
Eines dieser Phänomene ist als tödlicher "Pacific Ocean Blob" in den Jahren 2014 und 2015 bekannt geworden – die Jahrtausend-Dürre in Kalifornien: Eine Naturkatastrophe, wie sie an der Westküste der USA seit mindestens 1200 Jahren nicht vorgekommen war. Damals brach die Produktivität des Ozeans ein, es entwickelten sich giftige Algenblüten. Zahlreiche Seevögel und Meeressäuger verendeten.
Wassererwärmung hat gravierende Folgen
Das Problem: Neben den gravierenden Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt führt eine Wassererwärmung laut Baehr gleichzeitig zur Erwärmung der Atmosphäre. Und beschleunigt damit die Klimakrise – wodurch wiederum weitere Effekte ins Rollen gebracht werden: Es kommt vermehrt zu Dürren und Wirbelstürmen, das Wasser dehnt sich aus, der Meeresspiegel steigt.
"Der Atlantik beeinflusst sowohl unseren Sommer wie auch unseren Winter."
Johanna Baehr
Auch wenn sich das Meer wieder abkühlen kann – "die Folgen zum Beispiel für die Ökosysteme sind in einigen Regionen schwerwiegend und nicht umkehrbar", betont Baehr. "Arten sterben aus, die Biodiversität leidet." Die Expertin appelliert daher, umgehend zu handeln. Die Emissionen müssten drastisch gesenkt und das Pariser Klimaabkommen eingehalten werden.
Weil die Ozeane in vielen Weltregionen eine Rolle bei der Entwicklung des Wetters spielen würden, wird die Temperaturentwicklung des Atlantiks von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genauestens im Blick behalten: "Der Atlantik beeinflusst sowohl unseren Sommer wie auch unseren Winter", sagt Baehr.
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