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USA: Wie die Republikaner Donald Trump loswerden wollen

Former President Donald Trump speaks at a campaign event at the South Carolina Statehouse, Saturday, Jan. 28, 2023, in Columbia, S.C. (AP Photo/Alex Brandon)
Der ehemalige Präsident Donald Trump wird offensichtlich zunehmend zur Last der Republikaner. Einige wollen ihn nun loswerden. Bild: AP / Alex Brandon
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Wie die Republikaner Trump loswerden wollen

Mächtige Geldgeber wenden sich vom Ex-Präsidenten ab.
11.02.2023, 15:57
Philipp Löpfe / watson.ch
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Die Grand Old Party befindet sich in einer politischen Version der bekannten Zwickmühle, die lautet: "Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben." Donald Trump stellt die Republikaner nämlich vor ein missliches Dilemma: Er hat gute Chancen, die Vorwahlen für sich zu entscheiden, aber mit ihm können sie die Demokraten nicht schlagen.

In den Reihen der Republikaner macht sich deshalb so etwas wie Panik breit. Eric Levin, ein wichtiger Geldbeschaffer für die Partei, vergleicht im Newsportal politico Trump mit einem wuchernden Krebsgeschwür und klagt: "Er ist wahrscheinlich der einzige Republikaner, ja die einzige Person im Land, die Joe Biden nicht schlagen kann."

Bedeutende Gönner gehen auf Distanz

Diese Einsicht beginnt sich auch bei den großen Gönnern der GOP herumzusprechen. Die Stiftung der Koch-Brüder und die mit ihnen verbandelten Organisationen wie "American For Prosperity" und der "Club of Growth" haben bereits signalisiert, dass sie einen Gegenkandidaten zu Trump unterstützen wollen. Stephen Schwarzman, der CEO von BlackStone, einem mächtigen Investmentfonds, der in den vergangenen Jahren 3.7 Millionen Dollar an Trump gespendet hat, erklärt: "Es ist Zeit, dass sich die Republikaner einer neuen Generation von Anführern zuwenden, und ich habe die Absicht, einen von ihnen zu unterstützen."

Ins gleiche Horn bläst auch Ken Griffin vom Hedgefonds Citadel, der für die Zwischenwahlen 2022 gar 60 Millionen Dollar für die Kandidaten der GOP gespendet hat. "Ich wünsche mir, dass sich die Republikaner nicht für einen Kandidaten entscheiden, der dreimal hintereinander als Loser dagestanden hat."

Trump loszuwerden ist leichter gesagt als getan. Der Ex-Präsident verfügt nach wie vor über eine solide Basis in der GOP, die ihm auch dann folgen würde, sollte er die Vorwahlen verlieren und als Unabhängiger ins Rennen steigen. Damit würde er jedem republikanischen Kandidaten die Wahl vermasseln.

Trump hat jedoch auch gute Chancen, die Vorwahlen für sich zu entscheiden. Sollte nämlich eine ganze Reihe von republikanischen Kandidaten antreten, dann werden die Stimmen aufgesplittert und der Ex-Präsident könnte dann dank seiner soliden Basis obenauf schwingen. Die Strategen der GOP hoffen daher inbrünstig, dass sich die Gegenkandidaten zu Trump die Demokraten zum Vorbild nehmen und sich schlussendlich hinter denjenigen stellen, der die größten Chancen hat, auch gewählt zu werden.

Former Vice President Mike Pence takes part in a FOX News Sunday Interview with Shannon Bream on Thursday, Dec. 1, 2022 in Washington. (AP Photo/Kevin Wolf)
Muss als Zeuge aussagen: Mike Pence.Bild: FR33460 AP / Kevin Wolf

Die demokratischen Kandidaten taten dies 2020, als sie ihre Ambitionen zugunsten von Biden hintenan stellten. Ein einflussreicher Berater erklärt gegenüber politico: "Ist es wirklich der Wunsch von Mike Pence, in die Geschichte einzugehen als derjenige, der mit einem Stimmenanteil von vier Prozent Trump zum Sieg verholfen hat? Dasselbe gilt auch für Nikki Haley und Mike Pompeo."

Aktuell wäre wohl Ron DeSantis derjenige, hinter dem sich die andern scharen müssten. Der Gouverneur von Florida ist der Einzige, der in den Umfragen mit Trump mithalten kann. Doch DeSantis ist zwar erfolgreich in Florida, auf nationaler Ebene hingegen muss er sich erst noch bewähren. Er gilt als schlechter Wahlkämpfer und soll – wie es im Jargon der Boxer heißt – ein "Glaskinn" besitzen.

Auf Trumps Versprechen folgen Bidens Taten

Die Republikaner müssen auch hilflos zusehen, wie ihnen die Felle davonschwimmen. Joe Biden setzt um, was Trump nur versprochen hat. Der Präsident hat seine eigene Version von "Make America Great Again" gefunden. In seiner "State of the union"-Rede hat er ein Wirtschaftsprogramm verkündet, mit dem er die Arbeiter in den alten Industriestaaten wieder zurückgewinnen will. Und während Trump immer wieder von einer "Infrastruktur-Woche" schwafelte, hat Biden ein entsprechendes Gesetz durch den Kongress gepeitscht und kann nun regelmäßig beim Spatenstich von neuen Brücken, Straßen und Tunnels in die Kameras lächeln.

Biden setzt geschickt dem rechten Populismus eine progressive Alternative gegenüber. Er wettert gegen die mächtigen Tech-Konzerne, droht Banken, Hotels und Airlines, ungerechtfertigte Gebühren zu verbieten, und er verspricht vor allem, die Sozialwerke unangetastet zu lassen. Die Republikaner machen sich derweil mit Hearings gegen Twitter und Hunter Bidens Laptop zum Affen.

President Joe Biden arrives to deliver his State of the Union address to a joint session of Congress at the Capitol, Tuesday, Feb. 7, 2023, in Washington. (AP Photo/Carolyn Kaster)
Hat gepunktet: Joe Biden nimmt ein Bad in der Menge nach seiner gefeierten Rede.Bild: AP / Carolyn Kaster

Henry Olsen, konservativer Kolumnist in der "Washington Post", rauft sich darob die Haare. Er beklagt sich, dass die Republikaner immer noch mit alten Klischees des Neoliberalismus hausieren gehen, anstatt Alternativen anzubieten. "Die Wähler der Arbeiterklasse wollen eine Regierung, die stark und aktiv ist und sie vor wirtschaftlichem Unbill bewahrt", klagt Olsen. "(…) Biden setzt darauf, dass die GOP zu blind ist, um das zu erkennen. Republikaner, die ihr Land zurückgewinnen wollen, sollten endlich aufwachen."

Trump könnte bald auf der Anklagebank landen

Derzeit ist es nicht absehbar, wie die Republikaner aus eigener Kraft der Trump-Falle entkommen können. Vielleicht helfen ihnen jedoch ausgerechnet der verhasste Justizminister Merrick Garland und sein Sonderermittler Jack Smith. Dieser muss abklären, ob gegen Trump Anklage erhoben werden soll, sei es wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol, sei es wegen der Geheimpapier-Affäre.

Attorney General Merrick Garland speaks during a meeting with Ukrainian Prosecutor General Andriy Kostin, at the Justice Department in Washington, Friday, Feb. 3, 2023. (AP Photo/J. Scott Applewhite)
Justizminister Merrick Garland könnte Donald Trump anklagen lassen.Bild: AP / J. Scott Applewhite

Soeben ist bekannt geworden, dass Smith Trumps Vize Mike Pence als Zeugen vorgeladen hat. Einer solchen Einladung des Ausschusses zur Abklärung der Ereignisse vom 6. Januar 2021 hat sich Pence verweigert. Dass er dies auch beim Sonderermittler tun kann, gilt als wenig wahrscheinlich. Er hat bereits ein Buch veröffentlicht, in dem er seine Rolle am besagten Tag ausführlich beschrieben hat, und kann sich daher nicht auf ein "executive privilege" berufen. Zudem haben zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter – Marc Short, sein Stabschef, und Greg Jacob, sein Anwalt – bereits ausgesagt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump tatsächlich angeklagt wird, steigt. Sollte er auch verurteilt werden, dann könnte der Ex-Präsident nicht mehr antreten – und die GOP wäre ihre Sorgen los.

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