Ron DeSantis will ins Weiße Haus einziehen. Dafür muss er zunächst Donald Trump bei den Vorwahlen der Republikaner aus dem Weg räumen. Bild: AP / Artie Walker Jr.
Analyse
Ron DeSantis gilt als der gefährlichste Herausforderer von Donald Trump innerhalb der Republikaner. Der Gouverneur Floridas wirft den Hut in den Ring und will Präsident der Vereinigten Staaten Amerikas werden.
Doch zuvor muss er am politischen Schwergewicht Trump vorbei.
Besitzt DeSantis genügend Ausdauer, die richtige Beinarbeit und eine hohe Schmerztoleranz? Denn: Die Wahlschlacht gegen Trump wird laut Expert:innen schmutzig.
Für eine Präsidentschaft muss DeSantis am politischen Schwergewicht Trump vorbei.Bild: AP / Alex Brandon
Um seinen ehemaligen Mentor Trump aus dem Weg zu räumen, braucht DeSantis wohl ein dickes Fell. Ob es ihm am Ende gelingt – das ist von ganz bestimmten Punkten abhängig.
Hier sind drei Gründe, warum DeSantis den Kampf gegen Trump verlieren – oder eben auch gewinnen könnte.
3 Gründe, warum DeSantis gegen Trump verlieren könnte
1. Trump zerstört ihn
"Trump ist in der Wahlkampfkommunikation überlegen", erklärt USA-Experte Thomas Greven auf watson-Anfrage. Der Politikwissenschaftler ist Redakteur bei den "Blättern für deutsche und internationale Politik" und forscht an der Freien Universität Berlin.
Laut Greven besitzt Trump etwa die Fähigkeit, Gegner mit Spitznamen zu verunglimpfen. Für DeSantis hat er bereits eine ganze Liste – von "Meatball Ron", "Ron DeSanctimonious" bis hin zu "Rino Globalist".
Der ehemalige Präsident ist bekannt für seine verbalen Attacken gegen seine Feinde. So schreibt das US-Magazin "Mother Jones": "Trump wird alles tun, was nötig ist, um DeSantis zu vernichten." Er werde ihn als existenzielle Bedrohung betrachten und auf ihn "einschlagen" – bis Blut fließe.
Es heißt:
"Trump wird Geschichten über DeSantis erfinden. Er wird ihm schreckliche und unbegründete Behauptungen entgegenschleudern."
Trump weist noch immer eine große Anhängerschaft im Volk – aber auch innerhalb der Republikaner auf. Die sogenannten "Magadonianer:innen" folgen ihm offensichtlich wie einem Kultführer.
2016 gelangte er mit dem Wahlspruch "Make America Great Again" (auf Deutsch: Amerika wieder großartig machen) ins Weiße Haus, 2023 hat sich daraus die Maga-Bewegung entwickelt, die Trump wohl gegen DeSantis aufhetzen wird.
Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update!
Hier findest du unseren
Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne
hier auch auf Instagram.
Laut Greven müsste DeSantis aber genau diese solide, große Basis von Trump zumindest teilweise für sich gewinnen. Denn: Er sei Trump ähnlicher als die Mitkonkurrent:innen.
2. DeSantis ist zu radikal
DeSantis führt einen Kulturkrieg gegen die "woke" Welt. Seiner Anhängerschaft verspricht er: "Florida is where 'woke' goes to die." In Florida werde die sogenannte "Wokeness" sterben.
Casey DeSantis präsentiert den Kampfspruch ihres Mannes auf einer Lederjacke bei einer Veranstaltung in Iowa.Bild: AP / Hannah Fingerhut
DeSantis attackiert massiv LGBTQ-Rechte, vereinfacht die Todesstrafe, lockert die Waffengesetze, verbannt Inhalte in der Bildung sowie Bücher aus Bibliotheken und hetzt gegen Migrant:innen. Er legt sich auch mit einem der größten Arbeitgeber Floridas und beliebtesten Freizeitparks der Welt an: Disney World.
Laut US-Medien will DeSantis seinen Gegner Trump übertrumpfen – je radikaler, desto besser. Dieser Hardcore-Kurs könnte jedoch abschreckend wirken, vor allem auf jene Republikaner, die sich nach einer Alternative für Trump sehnen.
So sorgt etwa sein striktes Abtreibungsgesetz für Kritik. Ab der sechsten Schwangerschaftswoche ist keine Abtreibung erlaubt – auch nicht für Opfer von sexueller Gewalt.
Im Gespräch mit "CBS News" warnt etwa die Republikanerin Nancy Mace, dass sich DeSantis durch das strikte Abtreibungsverbot politisch die Finger verbrennen könnte. "Das bringt ihn in eine sehr schwierige Position für die Präsidentschaftswahl", sagt sie.
Auch die rechtskonservative US-Kolumnistin Ann Coulter kritisiert DeSantis' Abtreibungsverbot als "totale Katastrophe" und einen "großen Fehler".
3. DeSantis fehlt es an Charisma
Das Baden in der Menge ist wohl nicht gerade DeSantis' Stärke. Immer wieder heben US-Expert:innen hervor, wie kühl und unnahbar DeSantis im Austausch mit seinen Anhänger:innen wirkt. Dabei verliert er offenbar auch schnell seine "Coolness", meint Rechtsanwalt Ron Filipkowski auf Twitter. Der in Florida lebende Amerikaner fokussiert sich auf Rechtsextremismus.
Auch bei großen öffentlichen Events kann DeSantis offenbar nicht mit Trumps Entertainment-Skills mithalten. In einem früheren Gespräch mit watson, meint Greven, DeSantis wisse, dass ihm Trump etwa in Debatten überlegen ist. Laut ihm besitzt DeSantis wenig Charisma und ist auf der bundespolitischen US-Bühne unerprobt.
Doch DeSantis sei noch jung – ein Pluspunkt angesichts des älteren Trumps. "Nicht nur Biden hat da ein Problem", sagt Greven. Bis zu den Vorwahlen sind es noch mehr als sechs Monate hin – in dieser Zeit kann viel passieren. So steht Trump immer wieder in der Fehde mit der Justiz.
3 Gründe, warum DeSantis eine Chance gegen Trump hat
1. Trumps Probleme mit der Justiz
Sexueller Missbrauch, Schweigegeldzahlung, Sturm auf das Kapitol, Aufbewahrung von Geheimdokumenten in seiner privaten Villa in Florida – die Liste ist lang.
Laut US-Expert:innen büßt Trump durchaus Zustimmung bei seiner Partei durch die juristischen Verfahren ein. Laut Greven könnte hier das "Wählbarkeitsargument" für DeSantis sprechen.
Sprich, er hat weniger persönliche Skandale an der Backe. Nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen 2020 – die Trump noch immer nicht anerkennt – könnten die Republikaner auf "moving on" setzen: auf einen Neubeginn mit DeSantis.
Betend bei einer Veranstaltung: Ron DeSantis und seine Frau Casey gelten als Vorzeigefamilie.Bild: AP / Charlie Neibergall
"Jeder weiß, dass die Mehrheit der Republikanischen Partei nach vorne blicken möchte", sagt Generra Peck, DeSantis' Gouverneurswahlkampf-Managerin, gegenüber der US-amerikanischen Tageszeitung "Politico".
Das sehen wohl auch die Geldgeber:innen für den kostspieligen Wahlkampf.
2. Spender weichen auf DeSantis aus
"Ich weiß das aus all meinen Gesprächen im ganzen Land in den vergangenen sechs Monaten: Das Netzwerk der Großspender hat sich [von Trump] abgewandt, sie suchen nach einer neuen Führung, und 85 Prozent von ihnen warten auf DeSantis", sagt der in Texas ansässige Geschäftsmann Roy Bailey gegenüber "Politico".
Laut US-Medienberichten wenden sich so einige republikanische Geldspender:innen von Trump ab und wollen in Zukunft auf DeSantis setzen. Denn: Umfragen und Expertenstimmen zeigen, in wichtigen US-Staaten kann es DeSantis durchaus mit Joe Biden aufnehmen.
3. DeSantis könnte Biden schlagen
Im Bericht von "Politico" heißt es etwa: In den vier eher demokratischen Bundesstaaten Colorado, Minnesota, New Mexico und Virginia liegt DeSantis entweder gleichauf mit Präsident Biden oder unterliegt ihm knapp. Trump schneidet in jedem dieser Bundesstaaten in einem direkten Duell gegen Biden hingegen schlechter ab.
Weiter heißt es, dass DeSantis auch in den für die Vorwahlen wichtigen "Kickoff-Staat" Iowa ein größeres Wohlwollen als Trump genießt. Brisant: In Iowa beginnt traditionellerweise der republikanische Wettbewerb beim Kampf ums Weiße Haus. Trotz allem genießt Trump noch immer einen Vorsprung in den nationalen Umfragen.
Laut der US-Datenwebsite "FiveThirtyEight" würden in den Vorwahlen aktuell 58 Prozent für Trump stimmen. DeSantis folgt ihm mit 30 Prozent und lässt anderen Kanditat:innen weit hinter sich. Die Konkurrenz wie Ex-Vizepräsident Mike Pence erreicht nur einstellige Prozentzahlen.
DeSantis bleibt demnach Trump auf den Fersen und könnte ihm noch gefährlich nahekommen. Das zeigt die Erfolgsgeschichte von Barack Obama. Lange Zeit dominierte seine Konkurrentin Hillary Clinton die nationalen Umfragen zur Nominierung der Demokraten. Doch Obama konnte aufholen und gewann die Vorwahlen der Demokraten 2008.