Im zweiten TV-Interview vor großem Publikum binnen weniger Tage hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Hoffnung geäußert, dass die schlimmste Phase der Corona-Pandemie vorüber ist. Konkrete Versprechen dazu, wann und wie Einschränkungen zurückgenommen werden, machte die Kanzlerin im Gespräch mit den RTL-Journalisten Nikolaus Blome und Frauke Ludowig allerdings nicht. Sie ging andererseits auf Fragen zu ihrer persönlichen Gefühlslage in der Corona-Krise ein.
Wir ordnen ihre wichtigsten Aussagen zu vier Themen ein.
Vorsichtige Hoffnung, dass das Schlimmste vorbei ist
Merkel sagt im Interview, sie sehe "ein leichtes Licht am Ende des Tunnels". Zum einen unterstreicht die Kanzlerin, dass die Infektionszahlen nach unten gehen, zum anderen verweist sie auf die Impfungen. Merkel sagt aber auch: "Es ist eine unglaublich schwere Zeit."
Die Kanzlerin versucht, auf entsprechende Nachfragen der interviewenden Journalisten Blome und Ludowig, Mitgefühl mit den Betroffenen der Corona-Krise zu zeigen. Sie kenne "sehr schwere Schicksale", sagt Merkel. Einmal bezieht sie das auf Unternehmer und Selbständige, die unter den wirtschaftlichen Folgen der Krise leiden, später im Gespräch auf Menschen, denen die Krankheit Covid-19 das Leben gekostet hat.
"Natürlich wissen wir, dass jede Entscheidung für so einen Lockdown eine Entscheidung auch für Einsamkeit ist", antwortet sie auf eine Frage zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien.
Wie es mit dem Lockdown weitergeht
Die Kanzlerin verbreitet also vorsichtigen Optimismus. Sie macht aber keine konkreten Versprechen dazu, wann und in welchem Umfang der Corona-Ausnahmezustand in Deutschland enden wird.
Das Coronavirus erfordere "maximale Flexibilität", meint Merkel. Sie spricht von der Gefahr, dass sich die Verbreitung durch Mutationen noch einmal beschleunigen kann. Und sie nennt erneut das Ziel, das die Regierenden in Bund und Ländern verfolgen: Die Inzidenz der Corona-Positiven soll wieder flächendeckend auf 50 pro 100.000 Einwohner sinken. Dann könnten die Gesundheitsämter Infektionsketten wieder nachvollziehen und somit das Virus eindämmen.
Geht der Lockdown, der bisher bis 14. Februar verlängert wurde, danach weiter? Merkel sagt nichts zu dem, was am kommenden Mittwoch, den 10. Februar, beschlossen werden soll, wenn die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer zu den nächsten Corona-Beratungen zusammentreffen. Sie wisse es noch nicht, bemerkt sie auf Nachfrage Blomes.
Merkel wörtlich:
"Ich kann's Ihnen noch nicht sagen, was wir Mittwoch machen werden, weil ich noch fünf Tage die Entwicklung abwarten muss."
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Schäden durch geschlossene Läden und Lokale warnt Merkel ausdrücklich vor zu schnellen Öffnungen – und verweist auf Portugal als abschreckendes Beispiel. Eine Situation wie dort könne sich Deutschland nicht leisten. Dort sei Folgendes passiert: "Große Öffnungen um die Weihnachtszeit, die britische Version des Virus, und dann ein überlastetes Gesundheitssystem." In Deutschland seien Ärzte und Pfleger vor Weihnachten an der Belastungsgrenze gewesen, so weit dürfe es nicht mehr kommen.
Es sei, sagt Merkel weiter, auch im Interesse der Wirtschaft, dass sich möglichst wenige Menschen mit dem Coronavirus infizieren. "Wenig Infektionszahlen bedeuten auch eine bessere Situation für die Wirtschaft, das haben alle Untersuchungen gezeigt", sagt die Kanzlerin. Es gebe keine Alternative zwischen Gesundheit oder Wirtschaft beziehungsweise Gesundheit oder Bildung, es gehe nur beides gemeinsam.
Auf die Frage, wann das Leben denn wieder gänzlich normal wird, antwortet Merkel zum einen, dass das wohl erst der Fall sei, wenn die Impfquote weltweit ausreichend hoch sei. Zum anderen aber meint sie, dass es im kommenden Herbst schon "deutlich besser" werde – sofern aggressive Virus-Mutationen den Kampf gegen die Pandemie nicht drastisch erschweren.
Die Kanzlerin steht weiter zur EU-Impfstrategie
Wie schon Tina Hassel und Rainald Becker beim Interview in der ARD am Montag, äußert Journalist Nikolaus Blome gegenüber der Kanzlerin in seinen Fragen Kritik an der Impfstrategie in Deutschland, einmal fragt er sogar, ob die EU-Staaten die "Impfdeppen des Planeten" seien. Die Kanzlerin reagiert darauf merkeltypisch unaufgeregt, sagt aber nichts Neues.
Die "Grundentscheidungen" in Sachen Impfungen seien richtig gewesen. Die USA hätten mehr Impfstoff, weil dort mehr produziert und fast nichts exportiert würde. Und die Briten hätten sich eben für eine Notzulassung der Impfstoffe entschieden und würden den Abstand zwischen erster und zweiter Impfdosis strecken, während man in der EU den "gründlichen Weg" gewählt habe, um das Vertrauen bei der Bevölkerung nicht zu gefährden.
Merkel sagt auch, mit Blick auf die Impfstoffe:
"Es ist einfach nicht erwiesen, muss man einfach sagen, dass, wenn wir mehr bezahlt hätten oder bestellt hätten, am Anfang mehr bekommen hätten."
Die EU-Staaten hätten ausreichend Vakzine bestellt, um allen Bürgern zwei Impfdosen verabreichen zu können. Im zweiten und dritten Quartal des Jahres werde sich die verfügbare Menge deutlich steigern.
Im ARD-Interview am Montag hatte Merkel das Versprechen der Bundesregierung wiederholt, bis Ende des Sommers werde jedem Bürger eine Impfung angeboten.
Die Kanzlerin betont im RTL-Interview wieder einmal, dass es aus ihrer Sicht nach wie vor erstaunlich ist, in wie kurzer Zeit Impfstoffe gegen eine neue Krankheit entwickelt worden sind. "Ich finde, das ist doch ganz schnell gegangen", meint sie.
Was die Krise mit ihr macht
Interviewerin Frauke Ludowig will von der Kanzlerin immer wieder wissen, was die Corona-Krise mit der Kanzlerin persönlich macht.
Sie fragt Angela Merkel, wer sich denn eigentlich um ihre Frisur kümmert – woraufhin die Kanzlerin antwortet: "Ich hab' ja bekanntermaßen da auch Unterstützung durch eine Assistentin. Wir halten natürlich alle sanitären Bestimmungen ein und, ja, dass man langsam grau wird, damit muss man natürlich leben."
Sie fragt Merkel, ob sie persönlich mit durch den Lockdown schwer getroffenen Menschen in Kontakt steht. Die Kanzlerin sagt dazu, sie kenne "sehr schwere Schicksale", die "Nervenanspannung" der Familien, die Angst bei anderen. Auch Politikern sei das genommen, was ihnen am meisten Freude mache – der Kontakt zu den Menschen, die Reisen. "Aber ich kenne viel, viel schwerere Schicksale natürlich, wo Menschen echte Existenzangst haben", ergänzt Merkel.
Sie will von der Kanzlerin wissen, ob sie die Schicksale der von der Krise getroffenen Menschen "mit nach Hause" nehme – und Merkel sagt: "Ja klar, natürlich" und meint später, dass sie manchmal auch nachts wachliege und über die Probleme nachdenke.
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