Von seinen fast täglichen Angriffen auf Journalisten und Medienhäuser über persönliche Angriffe auf politische Gegner bis zu Tiraden gegen ehemalige Mitarbeiter: Es ist atemberaubend, wie viele Menschen US-Präsident Donald Trump in gut dreieinhalb Jahren Amtszeit bisher beleidigt hat. Nichts davon könnte ihm aber derart schaden wie die Aussagen, über die das Magazin "The Atlantic" Ende vergangener Woche berichtet hat: Trump soll demnach im Herbst 2018 im Ersten Weltkrieg im Kampf gestorbene US-Soldaten als "Trottel" und "Verlierer" bezeichnet haben.
Der Präsident hat den Bericht von "The Atlantic" zurückgewiesen, von "Hexenjagd" und "Falschmeldung" gesprochen. Mehrere seiner Mitarbeiter haben ihn verteidigt und gesagt, nichts von solchen Äußerungen Trumps mitbekommen zu haben. Bemerkenswert ist aber auch, welche früheren Mitarbeiter Trumps ihn bisher nicht verteidigt haben: Dazu gehört John F. Kelly, im Herbst 2018 Trumps Stabschef und ehemaliger General des US Marine Corps. Kellys Sohn starb 2010 im Einsatz in Afghanistan.
Es gibt keine staatliche Institution, in die US-Amerikaner derart großes Vertrauen haben wie das Militär: Laut einer Umfrage des Pew Research Centers aus dem Jahr 2018 geben 80 Prozent an, großes oder erhebliches Vertrauen in die Streitkräfte zu haben.
Für Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Uni Köln, können die Berichte über Trumps Äußerungen für den Präsidenten zu einem großen Problem werden.
Jäger erklärt gegenüber watson wörtlich:
Trump, sagt Jäger weiter, habe in den vergangenen Monaten schon eine "Vielzahl von Offizieren gegen sich aufgebracht" – mit seiner Überlegung, das Militär im Inland gegen Protestierende einzusetzen. Jetzt drohe ihm, dass er die Stimme vieler Veteranen und ihrer Familien verliere.
Jäger dazu wörtlich:
Laut Thomas Jäger hilft Trump momentan vor allem eine Aussage: die von John Bolton, Trumps ehemaligem Sicherheitsberater. Bolton spricht seit Monaten öffentlich und deutlich darüber, dass der Präsident aus seiner Sicht unfähig ist, das Land zu führen (unter anderem in einem exklusiven Interview mit watson). Zu den Vorwürfen über angebliche Beleidigungen hat Bolton der "New York Times" allerdings erklärt, er habe Trump dies in seiner Anweseneheit nie sagen gehört. Er könne aber nicht ausschließen, dass Trump es zu einem späteren Zeitpunkt gesagt habe.
Jäger dazu:
Für Politologe Jäger trifft der Bericht von "The Atlantic" Trump an einem wunden Punkt. Die Äußerungen würden "gerade bei konservativen Wählern nachdenklich aufgenommen". Der Präsident habe sich diesen Wählern immer als "Garant amerikanischer Symbole" gezeigt. Dieses Image sei jetzt aber gefährdet.
Jäger erklärt dazu:
Ob Trumps demokratischer Gegenkandidat Biden davon aber tatsächlich profitiere, müsse sich noch zeigen.
Es könne auch sein, dass Trump selbst den Schaden durch diese Aussagen repariere. Schließlich habe er bereits im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf den US-Senator John McCain beleidigt, der im Vietnam-Krieg jahrelang in Kriegsgefangenschaft war und dort gefoltert wurde. "Ich mag die Leute, die nicht gefangen werden", sagte Trump damals öffentlich. Und am Ende wurde der zum Präsidenten gewählt.
Jägers Fazit:
Zu dieser Aufregung könnten auch weitere Berichte von "The Atlantic" über beleidigende Äußerungen gegenüber Soldaten beitragen.
Jeffrey Goldberg, Chefredakteur von "The Atlantic" und Autor des ersten Artikels über Trumps angebliche Beleidigungen, kündigte im Interview mit CNN an, in den kommenden Tagen und Wochen noch weitere ähnliche Texte zu veröffentlichen.