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Proteste, Pussy, Plattitüden: Melania Trumps Biografie in zehn Punkten

Melania Trump bei einem Wahlkampfauftritt ihres Mannes Donald Trump
Melania Trump hat ein Buch geschrieben. Bist du auch so aufgeregt?Bild: imago images / Newscom World
Analyse

Proteste, Pussy, Plattitüden: Melania Trumps Biografie in zehn Punkten

Vier Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlichte Donald Trumps Ehefrau Melania ihre Memoiren. Wir sagen dir, was du dazu wissen musst.
12.10.2024, 11:12
Ralph Steiner / watson.ch
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Abtreibung

Es ist auf 182 Seiten die einzige Komponente mit echter politischer Brisanz. Melania Trump unterstützt das Recht auf Abtreibung und weicht damit von den Ansichten ihres Mannes ab.

In der Biografie heißt es: "Das Grundrecht einer Frau auf individuelle Freiheit, auf ihr eigenes Leben, gibt ihr die Befugnis, ihre Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie es wünscht." Schränke man dieses Recht ein, verweigere man einer Frau die Kontrolle über ihren eigenen Körper.

In Bezug auf trans* Frauen äußert Melania Trump hingegen konservativere Positionen. Sie sollten dem Frauensport fernbleiben, denn "männliche Körper haben im Allgemeinen körperliche Vorteile".

Black Lives Matter

Obwohl Melania Trump über die Black-Lives-Matter-Proteste sinniert, kommt der Name George Floyd in ihrer Autobiografie nicht vor. Sie nennt Floyd, dessen gewaltsame Ermordung durch Polizeibeamte die Demonstrationen erst auslöste, einen "schwarzen Bewohner von Minneapolis".

Dass es zu Unruhen kam, dafür sei "die aufrührerische Rhetorik der Black-Lives-Matter-Führer" verantwortlich, so Melania Trump.

ARCHIV - 28.05.2020, USA, Minneapolis: Demonstranten halten während eines Protestes Zettel mit dem Porträt von George Floyd, des in Minneapolis nach einem brutalen Polizeieinsatz gestorbenen Mannes af ...
Den Namen George Floyds nennt Melania Trump nicht.Bild: AP / Christine T. Nguyen / Minnesota Public Radio/

Die ehemalige First Lady erzählt von den Protesten vor dem Weißen Haus, die nach dem Tod Floyds Ende Mai 2020 stattgefunden haben. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie mehrere Stunden in einem Bunker unter der Erde verbringen müssen, so Melania Trump. Sie schreibt: "Nie hatte ich damit gerechnet, diesen Bunker benutzen zu müssen, um Zuflucht vor einer Menge aufgebrachter Demonstranten zu suchen."

Die verlorene Wahl 2020

Wie ihr Gatte, wie Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance und fast alle weiteren Vertreter der Maga-Bewegung möchte auch Melania Trump nicht zugeben, dass Joe Biden die Wahl 2020 gewonnen hat.

Allerdings geschieht dies auf etwas subtilere, weniger rüpelhafte Weise. Melania Trump fragt sich, weshalb das Auszählen der Stimmen so lange gedauert hat. "Man kann nicht tagelang Stimmen zählen, dies haben sie jedoch getan", so die 54-Jährige.

Sie sei nicht die Einzige, die das Resultat anzweifle. "Es war ein Chaos. Viele Amerikaner haben bis heute Zweifel am Ausgang der Wahl."

Sturm auf das Kapitol

Als die von Donald Trump aufgestachelte Meute am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmte, war Ehefrau Melania gerade mit der Überprüfung der Renovierungsarbeiten am Weißen Haus beschäftigt. Gemäß "New York Times" einer der wichtigsten Beiträge, die sie als First Lady geleistet hat.

Dass sie die Gewalt der Protestierenden nicht verurteilte, sei auf die damalige Situation zurückzuführen. Ihre Pressesprecherin, die sie nicht namentlich erwähnt, habe ihr nicht alle Einzelheiten über die Geschehnisse mitgeteilt.

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Melania Trump könnte 2025 erneut First Lady sein.Bild: imago images / Newscom World

Die Medien

Man kennt es von Donald Trump, und auch im Buch von Ehefrau Melania bekommt der Journalismus sein Fett weg. Die Medien seien einzig und allein darauf aus, ihrer Familie zu schaden und Botschaften absichtlich falsch zu interpretieren.

Die 54-Jährige spielt dabei auf einen Vorfall an, der sich im Juni 2018 ereignet hat. Damals besuchte sie Kinder von Migranten im Bundesstaat Texas; es war die Zeit, als Tausende von ihnen an der Südgrenze der USA von ihren Eltern getrennt wurden. Melania Trump trug dabei eine Jacke mit der Aufschrift: "Es ist mir wirklich egal, und dir?"

Diese Jacke, so Melania Trump, habe sie jedoch getragen, um sich an den Medien für deren "verzerrte Narrative" und "Negativität" zu rächen. "Wir leben in einer gefährlichen Zeit, wenn es um den Journalismus geht", schreibt die ehemalige First Lady in ihrem Buch.

Persönliches

Melania Trump erzählt in ihrer Biografie, wie alles begann. Von der Dreizimmerwohnung in der Stadt Sevnica, in der sie und ihre Schwester Ines aufwuchsen, von den Sommern an der Küste Kroatiens.

Davon, wie sie als Model dem kommunistischen Slowenien entwichen war und mit 26 als Melanija Knauss nach New York kam.

Sie erwähnt Mutter Amalija, Österreicherin, Tochter eines Zwiebelbauern, später in der Bekleidungsindustrie tätig, und Vater Viktor, Chauffeur und Autoverkäufer.

Ihren späteren Mann Donald lernte Melania Trump in der VIP-Ecke des inzwischen aufgelösten Kit Kat Club kennen. Die geneigte Leserschaft erfährt, dass er sie zum ersten Date in einem schwarzen Mercedes abholte.

Skandale

Auf suboptimale Zwischenfälle, um es möglichst wertungsfrei auszudrücken, geht Melania Trump in ihrer Biografie nicht ein.

Man erfährt nicht, wie sich die damalige First Lady fühlte, als an die Öffentlichkeit gelang, dass ihr Ehegatte Pornostar Stormy Daniels bestochen hatte, um die Affäre mit ihr zu vertuschen, die notabene kurz nach der Geburt von Sohn Barron stattfand.

Auch der Skandal um die Äußerung Trumps, dass er Frauen an ihrer Vulva packen würde ("Grab 'em by the pussy"), die kurz vor der Wahl 2016 publik wurde, wird mit keinem Wort erwähnt.

Sohn Barron

Als Donald Trump 2020 ins Weiße Haus gewählt wurde, spekulierte Comedian Rosie O'Donnell öffentlich darüber, ob das einzige gemeinsame Kind von Melania und Donald Trump, Sohn Barron, von Autismus betroffen sei.

Im Buch schreibt die 54-Jährige, dass ihr Sohn online und im wirklichen Leben schikaniert worden sei. Und: "Keine Entschuldigung kann den Schaden, der ihm zugefügt wurde, ungeschehen machen."

Comedian Rosie O'Donnell musste sich damals entschuldigen, Barron ist gemäß Biografie nicht von Autismus betroffen. Die ehemalige First Lady hat ihre auf Kinder ausgerichtete Initiative "Be Best" nach dem Vorfall auf die Themen Kindeswohl und Cybermobbing konzentriert.

Und sonst so?

Die Biografie von Melania Trump beinhaltet zahlreiche Informationen mit überschaubarem Spannungsgehalt. Die Leserinnen und Leser erfahren von ihrer Abneigung gegenüber rohem Fisch und ihrem Entwurf eines neuen Blumenteppichs für den diplomatischen Empfangsraum des Weißen Hauses.

Sie werden über den Schmuck in Kenntnis gesetzt, den Melania verkauft, und über ihre Versuche mit Blockchain. Melania und ihr Mann lieben Elton John und führen mit König Charles III. eine Brieffreundschaft.

Melania durfte im Situation Room des Weißen Hauses zuschauen, wie das US-Militär IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi verfolgte. Und sie drängte ihren Mann dazu, ein Spital aufzusuchen, als er an Covid-19 erkrankte.

Die Rezension

"Bevor man 'Melania' aufschlägt, sollte man sich einen doppelten Espresso gönnen", schreibt die "New York Times". Die Reaktion der größten amerikanischen Tageszeitung ist von A bis Z vernichtend.

Das schwarze Cover des Buches könnte Trauer, Kultiviertheit oder eher erbärmliche Nichtigkeit symbolisieren, so NYT-Autorin Alexandra Jacobs, es sei jedoch "eine dreiste Schönfärberei einer Präsidentschaft und einer Ehe, die einige Turbulenzen erlebt hat".

Das Buch sei gespickt mit Plattitüden, sagt Jacobs und bezieht sich dabei auf Sätze wie diesen: "Ich erkenne an, dass unterschiedliche Standpunkte ein natürlicher Aspekt menschlicher Beziehungen sind." Oder: "Zu wissen, dass ich auf eigenen Füßen stehen kann, wenn es nötig ist, gibt mir großes Vertrauen in alles, was ich tue."

Es handle sich weniger um ein Bekenntnis, viel eher sei "Melania" als ein Lebenslauf zu betrachten, der mehr durch das auffalle, was er auslasse, als das, was er enthalte.

Kinderlose Katzen-Lady? Harris hat eine klare Botschaft an die Trump-Republikaner

"Ich möchte etwas klarstellen", sagt eine junge Frau und schaut auf ihre Notizen. Sie zitiert eine Aussage von Donald Trump, der erneut für das Weiße Haus kandidiert: "Einige US-Staaten töten Babys nach der Geburt". Sie blickt auf. Vor ihr sitzt die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Kamala Harris, kopfschüttelnd und mit hochgerissen Augenbrauen.

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