Es kann nur einen geben: Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet Mitte Oktober bei einem Online-Talk der Jungen Union. Bild: Getty Images Europe / Adam Berry
Analyse
Wer welche Chancen hat – und was Merz, Röttgen und Laschet uns Jungen bieten
Egal, wie es ausgeht: Am kommenden Samstag passiert etwas sehr Seltenes. Die CDU bekommt einen neuen Vorsitzenden und das erst zum neunten Mal seit 1949. Auf dem ersten digitalen CDU-Parteitag der Geschichte geht es darum, wer die mächtigste Partei Deutschlands in die Bundestagswahl im September führen soll – und durch die Jahre nach der Corona-Pandemie.
In der CDU gibt seit den 1970er-Jahren ein bemerkenswertes Phänomen: Parteichefs, die sich nur kurz halten, wechseln sich ab mit Vorsitzenden, die eine halbe Ewigkeit im Amt bleiben: auf Rainer Barzel (1971 bis 1973) folgte Helmut Kohl, der 25 Jahre die Partei führte; auf Wolfgang Schäuble (1998-2000) Angela Merkel, die 18 Jahre lang die Chefin blieb. 2018 folgte Annegret Kramp-Karrenbauer – deren kurze Amtszeit nach nur gut zwei Jahren zu Ende geht.
Wird der nächste Chef wieder ein Vorsitzender für eine ganze Generation?
Es ist ein spannender Moment für die Partei. Zum einen sind da die aktuellen Umfragewerte für die Union: 35 Prozent und mehr. Das sind teilweise zehn Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Partei profitiert vom Regierungsbonus während der Corona-Pandemie. Zum anderen die ungelösten Konflikte in der Partei: Konservative gegen Soziale und Liberale, Merkel-Fans gegen enttäuschte Traditionalisten. Soll die Partei offensiver für die ökologische Wende eintreten – oder lauter über Abschiebungen und Leitkultur sprechen?
Es wird eine spannende Wahl. Zwischen drei Kandidaten können sich die Delegierten entscheiden. Alle drei sind weiße Männer über 50, alle drei kommen aus Nordrhein-Westfalen und sind seit den 1990er-Jahren in der Politik. Aber sie unterscheiden sich in ihren Positionen und ihrer Persönlichkeit.
Watson liefert Euch einen Überblick darüber, wofür die Kandidaten stehen, wie sie gewählt werden – und warum die Entscheidung so spannend ist.
Armin Laschet, der Merkel-Versteher
Armin Laschet ist seit 2017 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Schon vorher war er Abgeordneter im Landtag von NRW, im Europaparlament – und, von 1994 bis 1998, im Bundestag. In den vier Jahren war Laschet Teil der sogenannten "Pizza-Connection": ein politischer Stammtisch, an dem sich Abgeordnete von CDU und Grünen trafen. Das war in den 1990ern ein Tabubruch: Grüne waren in den Augen eines großen Teils der Politiker in CDU und CSU damals gefährliche Linksradikale, verträumte Öko-Hippies – oder eine Mischung aus beidem. Laschet galt damals schon als liberaler als viele seiner Parteikollegen. Das Image hat er bis heute.
In den Diskussionen um die Flüchtlingspolitik hat Laschet sich seit 2017 verlässlich hinter Bundeskanzlerin Merkel gestellt, gegen den Widerstand der Konservativen in der Partei. Er inszeniert sich als verständnisvoller, versöhnlicher NRW-Landesvater – ist aber während der Corona-Krise in eine Reihe von Fettnäpfchen getreten (unter anderem einen von seinem eigenen Sohn vermittelten Deal zum Kauf von Mund-Nasen-Masken, der mindestens ungeschickt wirkt).
Parteienforscherin Isabelle Borucki, die an der NRW School of Governance in Duisburg arbeitet, erklärt Laschets Profil so: Er stehe für eine "Fortführung des Merkel-Kurses", also für "Kontinuität bei der Bearbeitung der drängenden Zukunftsfragen".
Laschet kandidiert im Duo mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In den vergangenen Wochen haben mehrere Medien berichtet, dass Spahn – laut einer Umfrage von Ende Dezember im Auftrag der "Bild am Sonntag" beliebtester Politiker Deutschlands – versucht haben soll, Laschet zu überreden, selbst Kandidat zu werden. Er soll sich außerdem bei führenden CDU-Politikern nach seinen Chancen auf eine Kanzlerkandidatur erkundigt haben. Spahn hat das aber bestritten und am Mittwoch gesagt, "Stand heute" wolle er nicht Kanzler werden.
Friedrich Merz, der Liebling der Konservativen
Friedrich Merz war schon Ende der 1990er-Jahre einer der bekanntesten Politiker der CDU, erst als Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, dann als Fraktionsvorsitzender. Er trat für einen Rückbau des Sozialstaats ein, für Steuersenkungen und Privatisierungen. Sein bis heute berühmtestes Versprechen: die Menschen in Deutschland sollten ihre Steuererklärung in Zukunft auf einem Bierdeckel ausfüllen können. Rund um die Bundestagswahl 2002 verlor Merz einen Machtkampf mit der damals neuen Parteichefin Angela Merkel. Er gab den Fraktionsvorsitz ab, verließ 2009 den Bundestag.
War zuletzt in der Wirtschaft tätig: Friedrich Merz. Bild: dpa / Michael Kappeler
2018, nachdem Merkel ihren Rückzug vom Parteivorsitz bekannt gegeben hatte, war Merz wieder da, jedoch zunächst ohne Erfolg. Auf dem CDU-Parteitag im Dezember des Jahres verlor er in der Stichwahl gegen Annegret Kramp-Karrenbauer. Nun versucht Merz es zum dritten Mal, Parteichef zu werden. Er steht für einen konservativen und wirtschaftsliberalen Kurs und eckt damit regelmäßig an: etwa mit seiner Ankündigung, nach der Coronakrise müssten alle staatlichen Hifen auf den Prüfstand; mit einem Satz, in dem er Homosexualität und Pädophilie in einem Atemzug nennt oder mit der Aussage, wenige Tage nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau, dass er Rechtsradikalismus in Deutschland begegnen will, indem er mehr über sogenannte Clan-Kriminalität spricht.
Merz, sagt Parteienforscherin Borucki, stehe für "Wirtschaftspolitik und Abkehr vom Merkel-Kurs".
Norbert Röttgen: Grünfreundlich und CNN-tauglich
Wer sich immer wieder mal von CNN berieseln lässt, der könnte Norbert Röttgen auf dem globalen Nachrichtenkanal schon ein paar Mal dabei gesehen haben, wie er in auffällig gutem Englisch über die deutsche Regierungspolitik spricht. Röttgen ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, also quasi der mächtigste Experte für Außenpolitik im Bundestag. Dass ihm die großen Konflikte in der Welt wichtig sind, hat Röttgen in den vergangenen Monaten immer wieder behauptet. Und, dass es ihm wirklich ernst sei mit Klimaschutz und ökologischem Umbau der Wirtschaft. Das hat ihm sogar bei Luisa Neubauer, das Gesicht von Fridays for Future Deutschland, Anerkennung eingebracht, zumindest ein bisschen. Röttgen sehe im Unterschied zu Laschet und Merz "immerhin die Chancen", die in strengerem Klimaschutz stecken, sagte Neubauer kürzlich in ihrem Podcast "Die Klimafrage".
Parteienforscherin Borucki sieht in Röttgen einen "Vermittler zwischen den Lagern" und einen "erfahrenen Außenpolitiker" mit "diplomatischem Geschick".
Röttgen ist seit 1994 Bundestagsabgeordneter. Von 2009 bis 2012 war er Bundesumweltminister. Noch im Amt kandidierte er bei der NRW-Landtagswahl für den Posten des Ministerpräsidenten – und wurde nach seiner Wahlniederlage von Kanzlerin Merkel entlassen. Seither haftet ihm daher das Stigma des Wahlverlierers an.
Wie positionieren sich die Kandidaten bei jungen Themen?
Alle drei Kandidaten stehen nicht unbedingt im Verdacht, besonders jugendlich zu sein.
Immerhin: Norbert Röttgen hat mit einem Video, das ihn dabei zeigt, wie er ausdauernd einen Ball gegen seine Bürowand wirft und wieder fängt, in den sozialen Netzwerken bei der jüngeren Zielgruppe ein paar Sympathiepunkte gesammelt.
Die jüngste Delegierte beim CDU-Parteitag, Lilli Fischer, hält Röttgen für den Kandidaten, der am ehesten einen Verjüngungsprozess verspricht: Jünger, weiblicher, digitaler, dafür stehe Norbert Röttgen ihrer Meinung nach, das hat Fischer gegenüber watson erklärt.
Doch wie steht Röttgen beispielsweise zu bildungspolitischen Themen? Im Vorfeld der Vorsitzenden-Wahl hat der ehemalige Bundesumweltminister die mangelnde Digitalisierung an deutschen Schulen bemängelt.
In einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen Zeitung" sagte er: "Wir müssen Bildung und Schulen zu einem nationalen Thema von überragender Bedeutung machen, egal wer am Ende Kanzler wird." Er fordert einen stärkeren Einfluss des Bundes bei der Bildungspolitik, um die Digitalisierung an deutschen Schulen voranzutreiben.
Allerdings ist das auch der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich jeder im Moment einigen kann. Dass der digitale Unterricht in Deutschland aktuell noch nicht funktioniert, hat die Corona-Krise mehr als deutlich gezeigt. Konkret umsetzen musste Röttgen seine Forderungen bisher nicht. Außer als Umweltminister war er noch in keinem Regierungsamt, sein Schwerpunkt sind aktuell eher außenpolitische Themen.
#TeamMerz
Wenn es nach vielen der jüngsten Mitglieder der CDU geht, die sich in der Jungen Union organisieren, dann sollte Friedrich Merz nicht nur Vorsitzender, sondern auch Kanzler werden. Die Jugendorganisation hatte sich vor dem Parteitag für Merz ausgesprochen. Auch Merz' Kampagnenteam besteht aus auffallend vielen jungen Mitarbeitern.
Auf Twitter präsentieren sich Merz' Mitarbeiter und Unterstützer mit eigenem Rahmen fürs Profilbild.
Bildungspolitisch setzt Friedrich Merz seinen wirtschaftsliberalen Kurs fort. In der Vergangenheit hatte der ehemalige Aufsichtsrat des Vermögensverwalters Blackrock Schlagzeilen gemacht mit Forderungen wie der nach einer Bezuschussung öffentlicher Schulen durch Eltern oder private Geldgeber. So war Merz der Meinung, dass Bildung und Betreuung nicht mehr ausschließlich vom Staat finanziert werden sollten. Eine Forderung, die auf viel Kritik stieß, da die öffentliche, kostenlose Bildung in Deutschland allgemein als hohes Gut angesehen wird.
Armin Laschet ist wohl derjenige Kandidat, der in Sachen Bildungspolitik am ehesten punkten kann. 2006 war er als Familienminister in Nordrhein-Westfalen daran beteiligt, Kindertagesstätten in Familienzentren umzuwandeln, um die frühkindliche Bildung zu fördern. 2018 startete die Landesregierung Nordrhein-Westfalen unter seiner Führung eine Bildungsoffensive, bei der in sozialen Brennpunkten Schüler gefördert und sogenannte "Talentschulen" gegründet wurden.
Allerdings ist Armin Laschet als Ministerpräsident der einzige der Kandidaten, der auch direkte Verantwortung für die aktuell noch mangelhafte Digitalisierung trägt. Sein Bundesland NRW gerät immer wieder in die Schlagzeilen für die eher unzureichende Bildungspolitik im gesamtdeutschen Vergleich. 2019 lag NRW im Ranking zur Ganztagsbetreuung an Schulen an letzter Stelle.
Kein Klimakanzler
Ein wichtiges weiteres Thema, gerade für junge Wähler, ist das Thema Umweltschutz. In Sachen Nachhaltigkeit stellt Fridays for Future allen drei Kandidaten ein schlechtes Zeugnis aus. Nur Norbert Röttgen werden zumindest gute Ansätze zugestanden und erklärt, er würde sich bemühen. Allerdings war er als Umweltminister auch drei Jahre lang für die Energiewende zuständig, die vielfach als missglückt kritisiert wird.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wird der allgemein als zu langsam kritisierte Ausstieg aus der Kohle angelastet. Und Friedrich Merz will sogar noch mehr auf die Bremse drücken in Sachen Klimapolitik und warnt davor, dass zu viel Umweltschutz nachteilig für den Wirtschaftsstandort Deutschland sein könnte.
Einen Umweltkanzler würde es also mit einem der drei Bewerber um den CDU-Vorsitz wohl eher nicht geben.
Wer fehlt: Eine Kandidatin
Wenn die Wahl zum CDU-Chef vorbei ist, enden 21 Jahre mit einer Frau an der Spitze der Partei. Ist das eine unbedeutende Momentaufnahme – oder steht es für den Männerüberschuss in der Partei? Unter anderem Merkel und Kramp-Karrenbauer haben ihrer Partei immer wieder ins Gewissen geredet: Nur, wenn die CDU es schaffe, mehr weibliche Mitglieder zu integrieren, habe sie eine Zukunft als Volkspartei.
Parteienforscherin Isabelle Borucki sieht in der rein männlichen Kandidatenrunde ein Zeichen für ein Problem, das die CDU lösen muss. Gegenüber watson erklärt sie:
"Das verweist auf die noch immer bestehende Dominanz von Männern, beziehungsweise männlichen Entscheidungsstrukturen in der Partei. Die hat damit nicht notwendigerweise ein Frauenproblem, weil ja sehr aktiv daran gearbeitet wird, das zu ändern. Noch aber sind patriarchale Strukturen deutlich sichtbar. Sichtbarer als in anderen Parteien, außer der CSU und der AfD – dort sind noch weniger Frauen aktiv."
Wie der Wettbewerb bisher gelaufen ist
Es ist ein seltsamer Wettkampf um den CDU-Vorsitz. Schon Ende Februar vergangenen Jahres haben erst Merz und Laschet mit Spahn, dann Röttgen ihre Kandidatur angekündigt. Damals war geplant, dass der CDU-Chef im April gewählt wird.
Dann traf die Pandemie Deutschland. Seither ist der Wettbewerb um den Parteivorsitz dahingeplätschert – und hat erst seit dem Herbst wieder richtig begonnen, nun aber unter Corona-Maßnahmen. Merz, Laschet und Röttgen haben sich zu mehreren per Livestream übertragenen Diskussionen getroffen. Wirklich gefetzt haben sie sich dabei nicht. Im Vergleich zu den teilweise leidenschaftlichen Streits zwischen den Kandidaten auf den SPD-Vorsitz im Herbst 2019 war es ein fast schon liebevoller Wettbewerb – in dem die drei Kandidaten vor allem ihr jeweiliges Image gepflegt haben.
Nach der Einschätzung von Parteienforscherin Borucki war der Wettstreit alles in allem "sachlich und ausgewogen" und geprägt von einer "für Wahlkämpfe untypischen Einigkeit". Eine "große Personalisierung" habe die Diskussionen geprägt. Die Kandidaten hätten versucht, "wenigstens ein paar Unterscheidungsmerkmale zu generieren".
Und wer hat die besten Chancen?
Kurz gesagt: Eigentlich weiß das niemand. Ja, es gibt die Umfragen unter CDU-Anhängern, die immer wieder veröffentlicht werden. In den meisten davon liegt Merz vorne, Röttgen hat darin Boden gut gemacht, Laschet Zustimmung verloren. Nur: Die CDU-Anhänger entscheiden nicht, wer CDU-Chef wird. Anders als 2019 bei der SPD dürfen auch nicht die gut 400.000 Parteimitglieder abstimmen. Wählen werden am kommenden Wochenende nur 1.001 Delegierte.
Wer die 1001 Delegierten sind, die über den CDU-Vorsitz entscheiden
Die Delegierten, das sind Vertreter der Partei, die von den Mitgliedern der CDU-Landes-, Kreis- oder Bezirksverbände gewählt werden. Jeder Delegierte vertritt also eine gewisse Zahl an Parteimitgliedern. Aus jedem Bundesland kommt eine bestimmte Zahl an Delegierten.
Beim CDU-Parteitag sieht die Aufteilung diesmal so aus:
Wie sich die Delegierten der CDU verteilen. Zwei Besonderheiten: Auch aus Belgien kommt ein Delegierter. Und: Die Delegierten aus Niedersachsen verteilen sich auf die drei Landesverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg – ein Überbleibsel aus der Zeit, als das heutige Niedersachsen noch in mehrere kleinere Länder unterteilt war.
Delegierte auf Parteitagen sind in aller Regel keine einfachen Mitglieder, die alle paar Wochen beim Stammtisch ihres Ortsvereins vorbeischauen – sondern meistens Leute mit politischen Mandaten. Also Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte, heutige oder frühere Abgeordnete in Landtagen, Bundestag oder Europaparlament, Jungpolitiker, die Karriere machen wollen. Ein beträchtlicher Anteil davon besteht aus hauptberuflichen Politikern.
Das führt dazu, dass Delegierte – bei der CDU wie bei anderen großen Parteien – auf Parteitagen bei ihrer Wahlentscheidung nicht nur darauf schauen, welcher Kandidat der eigenen politischen Position am nächsten steht. Sie berücksichtigen auch, wer aus ihrer Sicht der Partei die größten Erfolgschancen beschert. Für Delegierte der CDU heißt das: Welcher Kandidat kann als Parteichef dafür sorgen, dass CDU und CSU die Bundestagswahl mit einem starken Ergebnis gewinnen?
Wie die Stimmung unter den Delegierten ist
Hört man sich in den Tagen vor dem Parteitag unter CDU-Politikern um, dann hört man nachdenkliche Worte. Dass es knapp wird, glauben die meisten. Der größte Landesverband Nordrhein-Westfalen zum Beispiel, der fast ein Drittel der Delegierten stellt, sei zwischen den drei Kandidaten gespalten, heißt es immer wieder.
Die Folge dieser Spaltung: Wahrscheinlich wird keiner der drei Kandidaten im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit der Stimmen holen – und es wird zur Stichwahl kommen. Davon gehen alle CDU-Politiker aus, mit denen watson gesprochen hat.
Was für Merz spricht:
An der Basis ist Merz beliebt, in ostdeutschen Landesverbänden, aber auch in Baden-Württemberg, dem zweitgrößten Landesverband. Von den 153 Südwest-Delegierten, schätzt einer von ihnen, dürften rund 100 für Merz stimmen – und die anderen sich auf Röttgen und Laschet verteilen.
Aus ostdeutschen Verbänden ist ebenfalls zu hören, dass die meisten Delegierten dort zu Merz tendierten – während etwa in Thüringen die Spitze des Landesverbands für Laschet stimmen wolle. Allerdings sind die ostdeutschen Landesverbände nicht entscheidend. Ohne Berlin machen sie nur 103 von 1.001 Delegierten aus.
Was Röttgen zugutekommen kann:
Er soll Boden gut gemacht haben. Jemand aus dem Berliner CDU-Landesverband etwa erklärt gegenüber watson, dass Röttgen "überraschend gut" abschneiden könnte. Ein besonders guter Schachzug sei demnach gewesen, dass Röttgen erkennen hat lassen, dass er dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder die Kanzlerkandidatur überlassen könnte.
Söder schätzen erstens viele CDU-Mitglieder – und zweitens wissen sie, dass er laut Umfragen aktuell der mit Abstand beliebteste Kanzlerkandidat ist. Was Röttgen aber schaden könnte: Seine Aussage vom Mittwoch, dass er nach der Wahl eher nicht mit der FDP in eine Koalition gehen würde. Viele CDU-Politiker aber sehen die Liberalen nach wie vor als naheliegendsten Koalitionspartner.
Und Laschet?
Laschet kann sich aber auch gute Chancen ausrechnen – zumindest laut den CDU-Vertretern, mit denen watson gesprochen hat. Ja, Laschets Ansehen unter den Delegierten hat offenbar unter Fehlern in der Corona-Politik gelitten. Und ein Delegierter weist darauf hin, dass die öffentliche Unterstützung prominenter CDU-Politiker wie Hessens Ministerpräsident und Parteivize Volker Bouffier für Laschet ihm eher schaden dürfte – weil viele in der CDU so etwas inzwischen als Bevormundung empfinden.
Was man laut einer CDU-Politikerin aber nicht unterschätzen sollte: Falls Laschet es in eine Stichwahl gegen Merz schafft, habe er eine große Chance. Denn viele Delegierte wüssten, dass die Partei mit Merz als Parteichef "keine Wahlen gewinnen kann" – weil der zu stark polarisiere. Das sehen offenbar auch Vertreter anderer Parteien so: Von führenden Vertretern von SPD und Linkspartei heißt es gegenüber watson, ein Wahlkampf gegen Merz wäre für beide Parteien am einfachsten.
Ein prominenter Vertreter der baden-württembergischen CDU sieht das anders: Er glaubt, gerade mit Blick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf könnten sich viele Delegierte für Merz entscheiden. Denn Merz, so die These, könnte besonders hilfreich sein in einem Wahlkampf, in dem die anderen Parteien sich voraussichtlich vor allem auf die CDU einschießen. "Die Stimme der CDU muss zu hören sein", heißt es dem Südwest-Landesverband. Und Merz könne "wahrnehmbar kommunizieren".
Wirkt der Wohnzimmer-Effekt?
Ein CDU-Politiker glaubt außerdem, dass bei diesem Parteitag ein besonderer Faktor die Wahl beeinflussen wird: Wie die drei Kandidaten bei ihren Bewerbungsreden in den Wohnzimmern der Delegierten-Familien wirken. Wenn der Partner oder die Partnerin die Rede mitverfolgten und dann ausriefen: "Das war super" oder "Den kannst Du nicht wählen!" dann könne das durchaus noch einen Einfluss auf die Wahlentscheidung haben.
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