Es wird ein schwieriges Balance-Kunststück für Ursula von der Leyen: Die designierte EU-Kommissionchefin hat in ihrer Bewerbungsrede versprochen, die Kommissionsposten 50:50 an Männern und Frauen zu vergeben.
Seit 1958 habe es nur 35 Kommissarinnen gegeben. "Wir machen die Hälfte der Bevölkerung aus, wir wollen unseren fairen Anteil", sagte von der Leyen.
Das Problem ist nur: Schon jetzt zeichnet sich ab, wie schwer es der neuen EU-Kommissionschefin fallen wird, dieses Versprechen auch zu halten. Denn es liegt nicht in ihrer Hand, die Posten zu besetzen.
So wird die EU-Kommission von von der Leyen besetzt
Alle 28 EU-Mitgliedstaaten stellen jeweils einen Kommissar oder eine Kommissarin. Dafür nominieren sie eine Kandidatin oder Kandidaten. Die gesamte Liste wird dann im Einverständnis mit der designierten Kommissionschefin vom Europäischen Rat (das sind die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten) mit einer zweidrittel Mehrheit abgesegnet.
Und jetzt kommen wir zum problematischen Teil für Ursula von der Leyen:
Sie hatte die EU-Mitgliedsstaaten gebeten, jeweils einen Mann und eine Frau als Kandidaten vorzuschlagen. Daran haben sich diese aber nicht gehalten.
Nominiert sind bisher zehn Männer und fünf Frauen (inklusive der Chefin):
Von den verbleibenden 13 Posten müssten nun noch neun mit Kandidatinnen besetzt werden. Nur noch vier könnten an Männer gehen, um die Parität zu wahren.
Frauen: Dringend gesucht
Die belgische Zeitung "L'Echo" hat für Belgien durchgespielt, wer als Kandidaten für den Kommissionsposten in Frage kommen: Es sind fünf Männer und nur eine Frau.
Laut eines Berichts von Bloomberg will die italienische Regierung Giancarlo Giorgetti vorschlagen, einen Berater von Italiens Innenminister Matteo Salvini.
Blieben, pessimistisch gedacht, zwei Slots für Männer übrig. Die in Brüsseler Angelegenheiten gut informierte Nachrichtenseite "Politico" berichtet am Freitag, immerhin in Frankreich, Polen, Rumänien, Frankreich und Tschechien würden Politikerinnen als Kandidaten gehandelt.
Bis Oktober hat von der Leyen noch Zeit, mit den EU-Staatschefs zu reden und auf weibliche Kandidaten zu pochen, damit sie ihr Ziel erreicht. Unmöglich ist das nicht.
Von der Leyen kann einzelne Kandidaten ablehnen. Dann könnte sich aber auch die Zusammenstellung ihrer Kommission bis zum Amtsantritt am 1. November verzögern.
Und dennoch zeigen die ersten Nachrichten zum Thema bereits, wie schwer es fällt, in der Politik eine faire Repräsentation von Frauen durchzusetzen.
Von der Leyen steht ein harter Job bevor
Die Besetzung zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern war ja bei weitem nicht das einzige vollmundige Versprechen, das von der Leyen in ihrem kurzen "Wahlkampf" in Brüssel und Straßburg gemacht hat.
In den ersten 100 Tagen will sie ein Klimagesetz vorschlagen, die EU soll bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt werden. Von der Leyen hatte auch versprochen, das Mehrheitsprinzip bei Entscheidungen in der Außenpolitik der EU einzuführen. Dazu aber müssten die EU-Verträge geändert werden. Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit finanziell zu ahnden, wie von der Leyen das will, bräuchte die einstimmige Entscheidung des Europäischen Rates.
Alle das sind Dinge, die von der Leyen nicht alleine auf den Weg bringen kann. Sie mag die bald mächtigste Frau der EU sein, allmächtig ist sie nicht.
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