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AfD-Umfragehoch: Experte erklärt, was Ampel-Regierung und CDU/CSU ändern müssen

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Aktuell befindet sich die AfD in einem Dauer-Umfragehoch.Bild: imago images / Jan Huebner
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AfD-Umfragehoch: Warum die Politik rhetorisch abrüsten muss

11.07.2023, 18:53
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Gasumlage, AKW-Ausstieg, Staatsbürgerschaftsreform, Cannabis-Legalisierung, Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Elterngeld, Heizungsgesetz: Viele der Vorhaben, die die Ampel-Regierung bisher angegangen hat, haben zu harten – teils aggressiven – Debatten geführt. Innerhalb der Koalition, im Bundestag und darüber hinaus.

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In den sozialen Medien sticheln Ampel und Opposition immer wieder gegeneinander. Auch die Ampel-Streitigkeiten werden öffentlich auf dem Marktplatz der Moderne ausgetragen. Als jüngstes Beispiel lässt sich hier der bittere Kampf von Grünen und FDP um die Deutungshoheit bei der geplanten Elterngeld-Reform heranziehen.

Neben Vorwürfen wurden hier Briefe als Beweismittel auf Twitter gepostet. Teilweise sogar ohne die Adressen unkenntlich zu machen. Eine Schlammschlacht.

Und nicht nur die Koalitionäre bekämpfen einander, auch die Opposition mischt munter mit. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) propagiert in den sozialen Medien einen Anti-Woke-Wahlkampf. Erklärter Hauptgegner: die Grünen. Ein Kontrahent, den auch CDU-Chef Friedrich Merz jüngst offiziell auserkoren hat.

Regelmäßig, so macht es den Anschein, vergreift sich die deutsche Politik aktuell im Ton. Sei es das Ehegattensplitting, die Elterngelddebatte, das Heizungsgesetz, die Gaspreisbremse oder auch die Staatsbürgerschaftsreform. Die Gegenseite nutzt solche Ausrutscher, um daraus wiederum politisches Kapital zu schlagen. Was aber auffällt: Die einzige Partei, die zurzeit gewinnt, ist die AfD.

Schnelllebige Debatten überzeichnen Fakten

Insgesamt werden die Debatten, die sich im politischen Berlin innerhalb der sozialen Medien entspinnen, immer lauter – und immer schneller. So wurde beispielsweise innerhalb weniger Tage die Schlammschlacht zwischen FDP und Grünen wegen des Elterngeldes abgelöst durch einen Streit von FDP und SPD wegen des Ehegattensplittings.

Außerdem auffällig: Immer wieder positioniert sich die FDP innerhalb dieser Grabenkämpfe als eine Art Opposition innerhalb der Regierungskoalition. Als Beispiele kann hier der Streit über den Kernkraft-Ausstieg genannt werden. Oder über E-Fuels. Oder das Heizungsgesetz. Oder die Schuldenbremse. Oder das Elterngeld. Oder das Ehegattensplitting. Oder oder oder.

Eine uneinige Koalition, die in der Öffentlichkeit um ihre Positionierung ringt, um Deutungshoheiten. Und die laut Umfragen immer weiter an gesellschaftlichem Rückhalt verliert. So käme sie aktuell auf 39 Prozent. Gefundenes Fressen für die AfD. Die rechtsaußen, in Teilen rechtsextreme, Partei klettert mittlerweile auf 21 Prozent in den Umfragen – und sieht sich dadurch bestätigt.

Die Rechtspopulist:innen sprechen seit Jahren von den "Altparteien" und den "Systemmedien" – durch die Debattenkultur kann die AfD nun anhand einzelner Streitereien beweisen, dass das "Establishment" eben uneins ist über Lösungen.

Eine zerstrittene Ampel fördert Misstrauen

Hinzukommt, dass umstrittene Gesetzentwürfe wie die Gasumlage oder auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) von der Koalition abgewiegelt werden müssen, ehe sie in Kraft treten können.

Die Gasumlage wurde im vergangenen Jahr nach viel Streit gekippt und durch die Gaspreisbremse ersetzt. Gerade erst ist wieder ein Gesetzentwurf aus dem Habeck-Ministerium in Schieflage geraten: das Gebäudeenergiegesetz. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat hier die Ampel zum Rückwärtsgang verpflichtet.

Denn genau dieses Gesetz, das die "Bild" gerne als "Habecks Heizhammer" bezeichnet, sorgt seit Monaten für Diskussionen – und für Sorgen bei der Bevölkerung. Grund dafür sind auch die vielen Fake News, die über den Inhalt des Gesetzes im Umlauf sind und waren. Vor Ostern wurde ein sehr früher Entwurf geleakt. Daraufhin breitete sich Panik aus, neue und funktionsfähige Gas- und Ölheizungen müssten ausgebaut und teuer ersetzt werden. Eine Erzählung, die sich bis heute hält.

Robert Habeck Buendnis 90/Die Gruenen, Bundesminister fuer Wirtschaft und Klimaschutz und Vizekanzler, aufgenommen im Rahmen einer Sitzung des Bundesrats. Berlin, 07.07.2023. Berlin Deutschland *** Ro ...
Wirtschaftsminister Robert Habeck sorgt mit Gesetzentwürfen aus seinem Haus immer wieder für Ärger.Bild: imago images/photothek/Thomas Trutschel

Gemeinsam mit den sich weiterhin überlappenden Krisen sorgt all das nach und nach zu einer Überforderung, schätzt Bendix Hügelmann im Gespräch mit watson die Lage ein. Hügelmann ist politischer Analyst und berät mit seiner Agentur politische Akteur:innen bei ihrem Auftritt im digitalen Raum.

Besonders gravierend: Bei den aktuellen Transfomationsvorhaben der Koalition handelt es sich oftmals um Gesetze, die sich sehr eng am Privaten der Bürger:innen bewegen – und dadurch für besonders viele Emotionen sorgen. Am Ende führe all die Streiterei dazu, meint Hügelmann, dass das Gefühl entsteht, dass sich jene, die dafür gewählt sind, den Laden am Laufen zu halten, in Streitereien verlieren.

Und die AfD? Die nutzt diese Rückschläge natürlich – ebenso wie die restlichen Oppositionsparteien – aus. Immer wieder schimpft die AfD auf den "Ampel-Wahnsinn" und "ideologische Gesetze" – gerade wenn es um Themen geht, die stark in das Privatleben der Bürger:innen eingreifen. Wie die Sorge um die Stromversorgung oder auch das warme Zuhause.

Im vergangenen Sommer – zur Hochphase der Gaskrise – prophezeite die Partei bereits den drohenden Wutherbst. Letztlich ist dieser zwar ausgeblieben, die Angst aber, hat die Partei anscheinend in Teilen der Gesellschaft gesät.

Debatte polarisiert stärker als tatsächliches Ergebnis

Hinzukomme, dass sich viele Menschen, die in den sozialen Medien aktiv sind, darüber hinaus oftmals nicht für Politik interessieren. Das wiederum bedeutet: Am Ende bleiben die Inhalte der Gesetze kaum hängen, dafür die scharfe Diskussion umso mehr. Ebenso wie aus dem Kontext gerissene Überspitzungen. Hügelmann sagt: "Das bestellt den Boden für populistische Töne, denn so wird es leicht, anzugreifen."

"Die Ampel erlaubt sich zu viel öffentliche Spaltung", sagt der Experte. In Zeiten von Klimawandel, Artensterben, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und Inflation sei die Akzeptanz für diese internen Streitereien nicht besonders hoch. Für den gesellschaftlichen Wandel, den die Ampel gestalten möchte, braucht sie mindestens 51 Prozent Rückhalt in der Bevölkerung.

Populismus profitiert von Polarisierung

Stattdessen werden in Deutschland zahlreiche Debatten immer erbitterter geführt. Eine Polarisierung im politischen Diskurs nennt Hügelmann das. Er hat den Eindruck, dass sich der Korridor, in denen sich die Parteien bewegen, verengt hat. Dass eine gewisse Wagenburgmentalität zunehme. Er sagt:

"Einige Gruppierungen ziehen sich in ihre Blasen zurück. Statt einen inhaltlichen Austausch zu fördern, geht es oft mehr darum aufzuzeigen, wo man selbst recht hat und der Rest unrecht."

Am Ende, meint Hügelmann, kämen Gesellschaft und Politik nicht voran, wenn die Konservativen beispielsweise von einer "Klima-RAF" sprechen oder die Grünen bei jeglicher Kritik Kampagnen vermuteten. Auch sei nicht jeder alternative Lösungsvorschlag bei Migration, Energiepolitik oder der Klimakrise direkt Geschwurbel.

Den aktuellen AfD-Erfolg nur der Union zuzuschreiben, wie es die Ampel immer wieder versucht, sei genauso zu kurz gegriffen, wie ihn nur der Regierung zuzuschreiben, meint der Experte. Letztlich gehe es vielmehr darum, dass die Parteien erörtern, wieso sie selbst nicht mehr bei den Bürger:innen landen.

FDP startet Wahlkampagne – und setzt voll auf Christian Lindner

Die letzten Wochen waren hart für die FDP. Nach dem Ampel-Aus sind die Zustimmungswerte für die Liberalen schwach geblieben. Die Partei kämpft um die Fünf-Prozent-Hürde und damit auch um den Wiedereinzug in den Bundestag bei den vorgezogenen Wahlen im Februar.

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