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Wehrdienst: Alles Wichtige zum Pistorius-Gesetz – zunächst keine Pflicht

22.07.2025, Bayern, München: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (2.v.r., SPD) begrüßt bei einem Besuch der Sanitätsakademie der Bundeswehr Soldaten. Gezeigt wird das mobile Labor des Institut ...
Verteidigungsminister Pistorius ist überzeugt, dass der neue Wehrdienst der Bundeswehr helfen wird.Bild: dpa / Tobias Hase
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Wehrdienst: Alle wichtigen Infos zum neuen Gesetz – zunächst keine Pflicht

Am Mittwoch hat die Bundesregierung das von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorgestellte Gesetz für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. Zunächst basiert dieser, wie angekündigt, auf Freiwilligkeit – doch das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Die wichtigsten Infos sind unten zusammengefasst.
27.08.2025, 15:3027.08.2025, 15:30
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Seine ersten Sitzung nach der Sommerpause hat das Bundeskabinett am Mittwoch ausnahmsweise im Verteidigungsministerium abgehalten. Im Berliner Bendlerblock beschloss das Kabinett die Pläne für den neuen Wehrdienst, mit dem Verteidigungsminister Boris Pistorius pro Jahr Zehntausende neue Rekruten zur Bundeswehr bringen will.

Alle wichtigen Fragen und Antworten zum Gesetz findet ihr hier.

Was sehen die Pläne vor?

Ab dem kommenden Jahr sollen alle jungen Männer und Frauen ab dem Geburtsjahrgang 2008 einen Fragebogen auf QR-Code-Basis zugeschickt bekommen. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidat:innen werden dann zur Musterung eingeladen.

Laut der "Tagesschau" erhalten zudem alle Frauen und Männer ab dem Jahrgang 2001 Informationsmaterial. Sie müssen ihre Bereitschaft nicht verpflichtend erklären, können dies aber freiwillig tun.

Ist alles im neuen Wehrdienst freiwillig?

Nein. Ab 1. Juli 2027 sollen alle 18-jährigen Männer zu einer verpflichtenden Musterung – auch wenn sie sich nicht für den freiwilligen Wehrdienst entscheiden. Ziel ist es nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium, ein "Lagebild" über die gesundheitliche Eignung deutscher Männer im wehrfähigen Alter zu erstellen.

Denn im Spannungs- oder Verteidigungsfall würde die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht nach aktueller Rechtslage ohnehin automatisch wieder in Kraft treten. Damit könnten alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren eingezogen werden, sofern sie den Kriegsdienst nicht verweigert haben.

Ist auch ein Umschwenken auf eine Wehrpflicht möglich?

Ja. Das ist im Gesetzentwurf vorgesehen, wenn die Rekrutierungsziele nicht erreicht werden oder die Sicherheitslage höhere Zahlen nötig macht. Es gibt aber keinen Automatismus, keine festgelegte Zahl und keinen festgelegten Zeitpunkt für eine Aktivierung der Wehrpflicht.

Bundeskanzler Friedrich Merz betonte bei der Vorstellung des Gesetzes am Mittwoch, es werde nachgeschärft, wenn man im Laufe der nächsten "ein, zwei, drei Jahre" sehe, dass die Anzahl an Freiwilligen im Wehrdienst nicht erreicht werde.

Um in einem solchen Schritt dann aber die ausgesetzte Wehrpflicht wiedereinzuführen, bräuchte es einen gesonderten Kabinettsbeschluss sowie eine neue Zustimmung des Bundestages.

Wie lange soll der Grundwehrdienst dauern?

Die neuen Soldat:innen können ihre Dienstzeit flexibel wählen – von sechs bis 23 Monaten. Zunächst erhalten alle eine einheitliche Ausbildung zu Wach- und Sicherungssoldat:innen und werden zum erweiterten Heimatschutz befähigt.

Ab einer Verpflichtungszeit von zwölf Monaten erfolgt nach Ministeriumsangaben eine weitere Ausbildung, etwa das Training an den bestimmten Waffensystemen.

Wie viel Geld bekommt man im Wehrdienst?

Der Sold liegt nach Angaben von Minister Pistorius bei rund 2300 Euro netto im Monat; Unterkunft und Krankenversicherung werden gestellt. Hinzu kommen der Zugang zu Sprachkursen und anderen individuellen Fortbildungsmaßnahmen sowie Zuschüsse zum Erwerb des Führerscheins.

Alle Wehrdienstleistenden sollen künftig als Soldat:innen auf Zeit berufen werden – und erhalten damit mehr Geld als die bisher freiwillig Wehrdienstleistenden.

Warum wird der neue Wehrdienst eingeführt?

Ziel der Pläne ist es letztlich, vor dem Hintergrund der Bedrohung durch Russland neue Vorgaben der Nato für den Konfliktfall zu erfüllen. Diese sehen einen Bedarf von etwa 460.000 deutschen Soldat:innen vor. Derzeit gibt es nur knapp 183.000 Soldat:innen bei der Bundeswehr.

Hinzu kamen 2024 gut 49.000 sogenannte beorderte Reservist:innen, die regelmäßig Dienst leisten. Pistorius strebt nun mindestens 260.000 Soldat:innen an sowie eine Gesamtzahl von 200.000 einsatzbereiten Reservist:innen.

Mit wie vielen Rekruten rechnet Pistorius?

Nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium werden im laufenden Jahr 15.000 Soldat:innen den bisherigen freiwilligen Wehrdienst leisten. Mit der Einführung des neuen Wehrdienstes ab 2026 solle ihre Zahl "im Schnitt um 3000 bis 5000" pro Jahr erhöht werden, um dann ab 2031 bis zu 40.000 pro Jahr zu erreichen.

Die Hoffnung ist, dass sich ein Teil dann für einen längeren Dienst bei der Bundeswehr entscheidet. Zudem stehen durch den Wehrdienst künftig mehr Reservist:innen zur Verfügung.

Warum gibt es am Wehrdienst Kritik?

Kritik am neuen Gesetz kommt unter anderem aus den eigenen Reihen. In der Union gibt es etwa massive Zweifel, ob das Freiwilligenmodell zum Ziel führt. Deshalb wird teilweise ein festgelegter Automatismus verlangt, um auf die Wehrpflicht umzuschwenken.

Mit der Debatte um einen möglichen Bundeswehr-Einsatz in der Ukraine könnte der Druck hier nochmals steigen.

Auch aus der Opposition gab es Kritik am Gesetz. Linken-Fraktionschef Sören Pellmann schrieb auf X: "Wir müssen wieder friedenstüchtig werden, nicht kriegstüchtig."

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge erkannte in dem Gesetz eine Androhung von Zwang und nannte dies bereits am Morgen im "ARD Morgenmagazin" ein "Misstrauensvotum gegenüber der jungen Generation". Sie betonte, wie wichtig eine Freiwilligkeit bleibt: "Am Ende kann man niemanden zum Dienst an der Waffe zwingen." Stattdessen müsse man "die jungen Menschen überzeugen".

(afp)

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