Dass der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bereits seit vielen Jahren als homosexuell geoutet ist, sollte vielen bekannt sein. Im WDR-Podcast "Böttinger. Wohnung 17" spricht der 33-Jährige nun darüber, wie sehr er unterschätzt hat, welche Rolle seine Sexualität im politischen Alltag spielt.
Kühnert hatte sich bereits vor vielen Jahren geoutet. Mit 15 das erste Mal, erklärt er in dem Podcast. "Das Ursprungs-Outing war bei den Eltern, Ticken später im schulischen Umfeld", erzählt er. Im gleichen Atemzug kritisiert Kühnert allerdings, dass es heutzutage noch immer so etwas wie eine Outing-Kultur gibt.
Er sagt:
Für seinen persönlichen Seelenfrieden hätte er das niemandem mitteilen müssen. Dann teilt er noch gegen eine ehemalige CDU-Politikerin aus, die von Jahr zu Jahr immer rechter wurde und sich nun für die rechtspopulistische AfD einsetzt.
Die Rede ist von Erika Steinbach. 2017 trat sie aus der CDU und deren Bundestagsfraktion aus und wurde fraktionslose Abgeordnete. Im Februar dieses Jahres trat sie dann offiziell der AfD bei, die sie bereits im Bundestagswahlkampf 2017 unterstützt hatte.
Kühnert sagt:
Innerhalb seiner Partei spiele seine Sexualität keine Rolle, erklärt der 33-Jährige. Doch offenbar, so sagt er, hat er die Brisanz dieses Themas unterschätzt. Er habe lernen müssen, dass Homosexualität in der Spitzenpolitik doch hin und wieder Thema sei, meint er.
Kühnert habe häufig "die etwas naive Annahme", dass die Gesellschaft schon so weit wäre, "dass ich das gar nicht mehr besprechen müsste, dass ich gar nicht mehr über meine Sexualität reden muss".
Er habe sich selbst nicht als homosexuellen Mann gesehen, der für andere homosexuelle oder queere Menschen eintreten müsse. "Und das – das musste ich erkennen – ist Schwachsinn", erklärt er.
Ihm hätten Menschen geschrieben, die sich auch durch ihn ermutigt gefühlt hätten, sich ihrer Familie gegenüber zu outen. "Das habe ich selber unterschätzt", offenbart Kühnert. "Ich dachte, das ist so ein Ding meiner Elterngeneration gewesen, aber das gibt es immer noch."
Kühnert sagt selbst, seine eigene Queerness sehe er als Filter, durch den er die Welt betrachtet – neben ganz vielen anderen Filtern. Dabei spricht er auch über Probleme, die er als Politiker hat. Zum Beispiel, wenn es ums Reisen geht.
"Andere reisen irgendwo durch die Welt. Als homosexueller, als queerer Mensch muss man sich zumindest mal die Frage stellen: Wie sind denn eigentlich die rechtlichen Rahmenbedingungen in dem Land, in das ich fahre – auch als Politiker?" Wenn er etwa politische Besuche in Teilen des afrikanischen Kontinents, auf der arabischen Halbinsel oder anderswo mache, frage er sich: "Gibt es Gesetze, die meine Sexualität, ihre Ausübung oder auch nur das darüber Sprechen verbieten?" Und das zum Teil unter gewaltvolle Strafe stellen bis hin zur Todesstrafe.
Würden diese Länder Ausnahmen machen, weil er Politiker ist? "Drückt man ein Auge zu, weil man diplomatische Verstimmungen befürchtet?", fragt er. "Und selbst wenn es Ausnahmen gibt: Will ich dann da überhaupt hinfahren oder will ich nicht sagen: Wenn ihr mich und meine Sexualität nicht wollt, dann könnt ihr mich als Gast streichen?"
Mit solchen Fragen müssten sich andere so höchstpersönlich nicht auseinandersetzen, meint Kühnert.