Das Energie-Entlastungspaket verringert unter anderem die Kosten für den Nahverkehr. Bild: dpa / Uwe Anspach
Deutschland
12.05.2022, 14:3412.05.2022, 14:36
Das Bundeskabinett brachte Ende April wegen der
stark gestiegenen Energiepreise ein milliardenschweres
Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg – jetzt soll der Bundestag darüber abstimmen.
Es profitieren Bahn- wie Autofahrer und fast alle Erwerbstätigen.
Doch umstritten ist, ob die Hilfen die explodierten Preise auch nur
annähernd abfedern können. Das wird letztlich auch vom Verlauf des russischen Krieges in der Ukraine abhängen.
Die Spitzen der Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatten sich
Ende März auf das Paket geeinigt, als klar wurde, welche Auswirkungen
der Krieg auf die Preise an der Tankstelle,
beim Heizen und auch im Supermarkt in Deutschland haben würde.
Bereits im Februar war unter anderem die Abschaffung der EEG-Umlage
über die Stromrechnung ab Juli beschlossen worden – darüber soll der
Bundestag an diesem Donnerstag endgültig entscheiden.
Sprit soll durch geringere Energiesteuern billiger werden
Die Spritpreise einer Berliner Tankstelle im März.Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schnellten
hierzulande die Spritpreise nach oben – teilweise um zweistellige
Centbeträge pro Tag und Liter. Super E10 erreichte seinen Höhepunkt
laut ADAC am 14. März mit 2.203 Euro im bundesweiten
Tagesdurchschnitt – das sind gut 45 Cent mehr als am Tag vor
Kriegsausbruch. Diesel war am 10. März mit 2.321 Euro pro Liter am
teuersten – ein Plus von fast 66 Cent im Vergleich zum
Vorkriegsstand.
Die Ampel-Koalition beschloss daher, die Energiesteuern auf
Kraftstoffe für drei Monate – von Anfang Juni bis Ende August – so
weit zu senken, wie es EU-Richtlinien erlauben. Man setzt darauf,
dass die Unternehmen das auch an die Kunden weitergeben. Bei Benzin
reduziert sich der Steuersatz laut Finanzministerium um 29,55 Cent
pro Liter, bei Diesel um 14,04 Cent.
Die Absenkung ist umstritten, nicht zuletzt, weil die Spritpreise inzwischen wieder gesunken sind.
9-Euro-Monatsticket im Nah- und Regionalverkehr
Bus und Bahn werden für drei Monate deutlich günstiger.Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
Als Ausgleich für die Subventionierung fossiler Energien – etwa
durch den günstigeren Sprit – will die Bundesregierung auch den
Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) billiger machen. Nicht nur
Auto-, sondern auch Bahnfahrer sollen also profitieren. Von Juni bis Ende
August sollen Fahrgäste bundesweit für 9 Euro pro Monat im Nah- und
Regionalverkehr fahren können – und damit viel günstiger als mit
üblichen Monatstickets.
Das Kabinett beschloss Änderungen am Regionalisierungsgesetz – das ist Grundlage für die Gelder, die der Bund den Ländern jährlich
zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung
stellt.
Der Bund will den Ländern für das 9-Euro-Monatsticket nun 2,5
Milliarden Euro extra geben. Allerdings reicht das den Ländern nicht
aus, sie wollen deutlich mehr Geld, um stark gestiegene Energie-,
Bau- und Personalkosten im ÖPNV ausgleichen zu können. Sie könnten
das Projekt daher im Bundesrat vorerst scheitern lassen.
300 Euro Energiepreispauschale
Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten deutloch gestiegen.Bild: Getty Images Europe / Christopher Furlong
Einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige sollen zum Ausgleich der
hohen Energiekosten eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto
bekommen. Das Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt
ausgezahlt, bei Selbstständigen wird die Steuer-Vorauszahlung
gesenkt. Anschließend unterliegen die 300 Euro der Einkommensteuer.
Dadurch bekommen Bürger mit hohem Steuersatz am Ende weniger raus,
wer unter dem Grundfreibetrag bleibt, profitiert von der vollen
Summe.
Umstritten ist, dass Rentner bei dem Auszahlungsweg leer ausgehen
sollen. Sozialverbände kritisieren, dass gerade Seniorinnen und
Senioren mit kleinen Renten aber auf das Geld angewiesen wären. Die
Ampel-Parteien führen dagegen die anstehende Rentenerhöhung an.
Ebenfalls umstritten ist, ob die 300 Euro ausreichen werden, um die
Mehrkosten durch die gestiegenen Preise etwa beim Heizen
auszugleichen.
Bonus für Familien mit Kindern und Sozialleistungsbezieher
Familien mit Kindern werden zusätzlich entlastet.Bild: Getty Images Europe / Matt Cardy
Familien sollen besonders entlastet werden – deshalb wird das
Kindergeld einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben. Der Bonus soll im
Sommer aufs Konto kommen und automatisch von der Familienkasse
ausgezahlt werden, er muss also in der Regel nicht beantragt werden.
Wer Sozialleistungen bezieht, soll zudem zusätzlich zum bereits
zuvor beschlossenen 100-Euro-Zuschuss eine weitere Einmalzahlung von
100 Euro bekommen.
Kosten für den Staat
Für das Entlastungspaket muss Finanzminister Christian Lindner
(FDP) seinen bereits beim Bundestag eingereichten Haushaltsplänen
nachträglich ein Update verpassen. In einem Ergänzungshaushalt plant
er mit fast 40 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden – darunter
summieren sich aber auch etwa Wirtschaftshilfen, die Verlängerung der
kostenlosen Coronatests und andere Maßnahmen.
Die Energiepreispauschale allein wird den Staat laut Entwurf etwa
10,4 Milliarden Euro kosten. Zwar summieren sich die Auszahlungen auf
13,8 Milliarden Euro, der Staat nimmt aber auch 3,4 Milliarden mehr
Lohn- und Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag ein. Für den
Kinderbonus sind in diesem Jahr Kosten von fast 9 Milliarden Euro
eingeplant. Auch diese werden in den Folgejahren zu etwas mehr
Steuereinnahmen führen. Durch die vorübergehende Steuersenkung beim
Sprit entgehen dem Bund nach Rechnung des Finanzministeriums
Steuereinnahmen von rund 3,15 Milliarden Euro
(crl/dpa/afxp)
Robert Habeck ist wohl eine der einprägsamsten Figuren der Politiklandschaft Deutschlands. Seit Dezember 2021 ist er Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler der Bundesrepublik. Als Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat er sich einen Namen als pragmatischer und kommunikationsstarker Politiker gemacht.