Ein Dorf soll verschwinden. Lützerath im Kreis Heinsberg, ganz im Westen des Landes und am Rande eines riesigen Kohlekraftwerkes, soll abgebaggert werden. Neue Kohle soll her.
Aktivist:innen wollen das nicht zulassen. Der Konflikt um das Braunkohledorf Lützerath ist zum Symbol des Klimakonflikts geworden. Nun wird es ernst und die Polizei schaltet sich ein.
Der Abriss des Dorfes war schon im Oktober beschlossen worden – trotz der Entscheidung für den Kohleausstieg. Klimaaktivist:innen halten nun die Siedlung, dessen einstige Bewohner:innen weggezogen sind, besetzt. Sie wollen die anrückenden Bagger stoppen.
Lange war der Konflikt eher theoretischer Natur, am Montag aber wurde er nun zur Realität. Seitdem geht es heiß her. Polizei und der Energiekonzern RWE, dem Grundstücke und Häuser mittlerweile gehören, rückten an. Sie wollen die Räumung – die erst Mitte Januar erfolgen soll – vorbereiten.
Auch die Debatten nehmen erneut Fahrt auf. Nun schaltet sich ein ehemaliger Polizist ein und wendet sich vor Ort an die Einsatzkräfte, die sich vor den Demonstrierenden in einer Kette aufgestellt haben. Mit Fahrradhelm auf dem Kopf trug Rolf Brombach seine Botschaft vor. Er sagte:
Er hoffe, dass die Beamten das Ausmaß des Skandals und die Tragweite ihres Handelns erkennen. Ihm zufolge sei genügend Kohle vorhanden und die Weichung Lützeraths nicht notwendig. "Das mit der Versorgungssicherheit" sei "albern".
Laut Brombach ist es Unrecht, dass der Ort für den Kohleabbau weichen muss. Er setze Vertrauen in die Polizist:innen und hoffe, dass sie sich seine Worte durch den Kopf gehen lassen.
Rund um das Dorf stehen ächzende Bagger, Polizei in schwerer Schutzmontur versucht, gegen die Aktivist:innen vorzugehen. Bei denen kommt das erwartungsgemäß nicht gut an. "Die Leute hier versuchen zu verhindern, dass die Polizei ins Dorf kommt, um Vorbereitungen zu treffen, damit das Dorf abgerissen wird", sagt Julia Riedel, Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt". Während sie die Worte ausspricht, steht sie direkt an der brennenden Barrikade. Eigentlich hatten die Aktivist:innen auch zum "Aktionstraining" eingeladen, um Blockade-Methoden zu üben. Das wurde kurzfristig abgesagt.
Denn: Nun hätten "andere Sachen Priorität", sagt Mara Sauer, eine weitere Sprecherin.
Es herrscht Chaos in Lützerath. Und es ist nicht einfach, den Überblick zu behalten. Journalist:innen wurden von der Polizei mit Warnwesten versorgt, um als Presse erkennbar zu sein. Das Blau der Westen ähnelt jedoch jenem der Polizei und wird am Ort des Geschehens mitunter irritiert beäugt.
Die Stimmung ist zunehmend angespannt. Die Konfrontationen zwischen Polizei und Aktivist:innen nehmen Fahrt auf. Eine unwirkliche Szenerie, wie von einem ambitionierten Filmregisseur entworfen. Etwa wegen eines gigantischen Braunkohlebaggers, der sich im Regen um die eigene Achse dreht.
Irgendwann stehen sich mehrere Aktivist:innen und Polizist:innen Auge in Auge gegenüber, direkt am Ortsschild von Lützerath. "Jeder anständige Polizist, der ein bisschen auf die Verfassung gibt, wechselt jetzt die Seite!", ruft ein Aktivist.
(Mit Material der dpa)