Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius wird neuer Bundesverteidigungsminister. Der 62-Jährige wird damit Nachfolger von Christine Lambrecht, die am Montag ihren Rücktritt verkündet hatte. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager.
Im Kreis der Innenminister von Bund und Ländern hat sich Pistorius in den vergangenen Jahren einen Ruf als kenntnisreicher Fachpolitiker erworben. Auch wenn er stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und bei Koalitionsverhandlungen beteiligt.
Bei den Innenministerkonferenzen machte es dem als pragmatisch geltenden Pistorius immer sichtlich Freude, sich mit Konservativen wie dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf offener Bühne zu streiten, schlagfertig, mit spitzen Bemerkungen, aber nie respektlos.
Zur Idealbesetzung für den Posten des Verteidigungsministers macht Pistorius vielleicht auch sein Alter. Mit 62-Jahren kann ein Politiker schließlich ganz entspannt das Chefbüro im Bendlerblock beziehen, das gemeinhin als Schleudersitz und damit auch als potenzieller Karrierekiller gilt.
Pistorius wurden immer wieder Ambitionen für ein politisches Amt auf Bundesebene nachgesagt. Es gab beispielsweise Gerüchte, er könnte Bundesinnenminister werden, sofern Nancy Faeser bei der Landtagswahl in Hessen als Spitzenkandidatin für die SPD antritt.
Pistorius absolvierte eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius ist bereits seit 2013 Innenminister in Niedersachsen, vor wenigen Monaten begann seine dritte Amtszeit. Zuvor war er von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister in Osnabrück. Pistorius ist verwitwet und hat zwei Töchter.
Auf den neuen Minister kommen große Herausforderungen zu. Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine muss sich auch die Bundeswehr neu aufstellen. Dafür wurde ihr von der Regierung bereits ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro eingeräumt. Die kluge Umsetzung dieses Investitionsvermögens obliegt auch dem Verteidigungsminister.
Der Präsident des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, hatte am Montag – noch bevor also bekannt wurde, dass Pistorius der neue Verteidigungsminister wird – klare Forderungen an den Nachfolger von Christine Lambrecht formuliert.
"Wir haben 30 Jahre nur gelernt zu argumentieren, warum etwas nicht geht, warum wir etwas nicht können, warum die Bundeswehr schrumpft", sagte er. "Papiere haben wir genug, Kampfkraft muss da sein." Um die Bundeswehr kampfstark aufzustellen, müsse das 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr zügig umgesetzt werden. Material und Waffensysteme müssten schnell ankommen. Die Truppe brauche Klarheit über die Investitionen, "damit sie auch planen kann."
(nik / mit Material von dpa)