Für AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah wird die Luft aktuell dünn.Bild: AP / Jean-Francois Badias
Deutschland
Maximilian Krah ist der Spitzenkandidat der AfD zur Europawahl. Gewählt wird am 9. Juni und bislang liegt die ganz-weit-rechtsaußen-Partei in Umfragen mit Werten zwischen 16 und 20 Prozent auf Platz zwei hinter der Union. Eine neue Jugendstudie zeigt außerdem: Die AfD ist bei den 14- bis 29-Jährigen besonders beliebt.
Alarmierende Werte, bedenkt man, dass die programmatische DNA der AfD aus Menschenhass und antieuropäischen Positionen besteht. Die selbsternannte Alternative setzt auf einfache Lösungen bei komplizierten Problemen. Und ihr Spitzenkandidat Krah spielt dieses Spiel besonders gut. Mit Videos, in denen er jungen Männern erklärt, wie sie eine Freundin finden ("Echte Männer sind rechts"), ist er zur Tiktok-Berühmtheit geworden.
Krah sitzt bereits für seine Partei im Europa-Parlament – und will auf Listenplatz 1 erneut einziehen. Bereits im vergangenen Sommer wurde er auf dem AfD-Parteitag auf diese Spitzenposition gewählt. Mittlerweile, so macht es den Eindruck, bereut zumindest die Parteispitze diesen Schritt. Rückgängig gemacht werden, kann das aber nicht mehr. Krah ist gesetzt – wohl um den größten Schaden zu begrenzen, ist er nun aber von der Wahlkampfauftakt-Veranstaltung ausgeladen worden.
Der Grund: Zahlreiche Vorwürfe, mit denen sich Krah jüngst konfrontiert sieht. Was genau Krah vorgeworfen wird, hat watson für euch zusammengefasst.
Die mutmaßliche Spionage-Affäre
Ein Mitarbeiter Krahs ist Anfang der Woche wegen des Verdachts der Spionage für China festgenommen worden. Der Festgenommene soll laut dem Generalbundesanwalt Informationen aus dem Europäischen Parlament weitergegeben haben.
Krah behauptete, von der Festnahme seines Mitarbeiters Jian Guo aus der Presse erfahren zu haben. "Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen", erklärte er auf X.
Die Aufregung über den Fall ist in der AfD groß. In Chatgruppen an der Basis gebe es Forderungen, sich hinter dem Spitzenkandidaten zu versammeln und sich nicht von ihm zu distanzieren, war aus Parteikreisen zu hören – die berühmte Wagenburgmentalität.
Krah selbst sieht sich zu Unrecht im negativen Scheinwerferlicht. Bei X schrieb er, die Staatsanwaltschaft führe nun "bei der Presselage erwartbar und routinemäßig" Vorermittlungen, diese dienten dazu zu prüfen, ob es überhaupt einen Anfangsverdacht gibt. "Wir befinden uns also nach wie vor im Bereich der Vermutungen und Unterstellungen."
Nicolaus Fest, EU-Abgeordneter der AfD, warf Krah bei RTL vor, in Abstimmungen im EU-Parlament prochinesisch gestimmt zu haben. "Warum macht man sowas? Aus ideologischen Gründen sicherlich nicht. Aus Gründen der Menschenfreundlichkeit auch nicht – dann bleibt nicht mehr so wahnsinnig viel übrig", merkt Fest an. Weidel und Chrupalla hätten sich über derlei Warnungen aber hinweggesetzt.
Mögliche Zahlungen aus Russland und China
In einem anderen Vorwurf geht es um Krah direkt, sollte sich der Anfangsverdacht als wahr erweisen, könnte er hier also nicht auf Unwissenheit plädieren. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüft in Zusammenhang mit möglichen Zahlungen aus Russland und China Ermittlungen gegen den AfD-Spitzenkandidaten.
Im Zusammenhang mit angeblichen russischen Zahlungen für seine Tätigkeit als Europaabgeordneter ist ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Bei einem zweiten Vorermittlungsverfahren gegen Krah gehe es um angebliche chinesische Zahlungen.
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Diese Vorermittlungen sollen prüfen, ob sich überhaupt ein Anfangsverdacht wegen strafbaren Verhaltens und Abgeordnetenbestechung ergibt. Sollte sich ein Anfangsverdacht erhärten, könnte in der Folge dann ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.
Voraussetzung dafür wäre, dass das EU-Parlament, dem Krah angehört, zuvor dessen Immunität aufhebt. Krah selbst erklärte auf Nachfrage von MDR Aktuell, bislang nicht über den Schritt informiert gewesen zu sein, und bestritt jedes Fehlverhalten. Stattdessen fühlt er sich offenbar genauso ungerecht behandelt, wie es Ex-US-Präsident Donald Trump regelmäßig propagiert.
Hintergrund sind Medienberichte, wonach Krah 2023 von der US-Bundespolizei FBI zu möglichen Zahlungen von prorussischen Gönnern befragt worden sein soll. Die US-Ermittler:innen sollen Krah nach Medienberichten unter anderem eine Chat-Nachricht vorgehalten haben, in der ein prorussischer Aktivist seinem Bekannten Krah versichert habe, das Problem mit den "Kompensationen" für Krahs "technische Ausgaben" sei gelöst.
Von Mai an "wird es so sein, wie es vor Februar war". Die Formulierung habe den Verdacht nahegelegt, dass Krah schon länger verdeckt bezahlt worden sein könnte, hieß es weiter. Der "Spiegel" zitierte Krah mit den Worten, er habe von dem Aktivisten nie Geld bekommen, "keine Zahlungen, geldwerten Leistungen oder sonstige Kompensationen".
"Voice of Europe"-Affäre
Ende März hatte Tschechien nach Geheimdienstermittlungen die prorussische Internetplattform "Voice of Europe" (VoE) auf die nationale Sanktionsliste gesetzt. Die Internetseite sei Teil einer russischen Einflussoperation. Das Ziel: Die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage stellen.
Auf dem Portal waren unter anderem Interviews mit dem AfD-Politiker Petr Bystron und Spitzenkandidat Krah erschienen. Die tschechische Zeitung "Denik N" hatte berichtet, Bystron habe möglicherweise auch Geld entgegengenommen. Der AfD-Abgeordnete hat das mehrfach zurückgewiesen.
Krah hatte seinem Parteikollegen Bystron Anfang April nahegelegt, auf Auftritte im Europawahlkampf "bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe" vorerst zu verzichten. Mittlerweile ist Krah allerdings wohl davon überzeugt, dass es sich bei den Vorwürfen um den Versuch einer "Beeinflussung des Europawahlkampfs durch Geheimdienste" handele. Das zumindest erklärte er der Nachrichtenagentur dpa.
Dagegen müsse man sich wehren und dürfe sich nicht einschüchtern lassen. Er verwies darauf, dass die tschechischen Behörden eine Aufnahme mit möglichen Beweisen nicht herausgeben wollten. Damit sei klar, dass es kein "echter Vorwurf" sei. Krah betonte zudem, in seinem Fall behaupte nicht einmal der tschechische Geheimdienst, er habe Geld angenommen.
Die AfD hält bislang an beiden fest. Sie hätten schriftlich versichert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, stellte AfD-Parteichef Tino Chrupalla bei "Maybritt Illner" klar.
(mit Material der dpa)
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