Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag eine Rede zur Lage der Nation gehalten. Zur Grundsatzrede, in der es um die Zeitenwende nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Folgen für Deutschland und Europa ging, kam Politik-Prominenz ins Schloss Bellevue nach Berlin.
Es waren Vertreter:innen der Bundes- und Landespolitik bei der Rede im Publikum vertreten. Aus dem Bundeskabinett nahm hingegen niemand an der Veranstaltung teil. Geladen waren aber Diplomaten aus der Bundeshauptstadt: darunter auch der neue ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev.
In seiner Rede hat Steinmeier das Land auf harte Zeiten eingestimmt: "Es kommen härtere Jahre, raue Jahre auf uns zu", sagte er. "Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind."
Für seine rund 45-minütige Rede bekam er unter anderem Lob vom CDU-Chef Friedrich Merz. Allerdings nicht auf Anhieb.
Nach der Rede des Bundespräsidenten wurde Merz von der ARD befragt, ob die Rede ein Befreiungsschlag für Steinmeier sei. Merz lavierte herum. Befreiungsschlag als Beschreibung würde ihm als allerletztes einfallen. Dass die Frage sich um den Zeitpunkt der Rede anspielte, kommentierte Merz zunächst so: Über den Zeitpunkt ließe sich gewiss streiten. Dann fand er lobende Worte: Die Rede gebe klare Orientierung.
Der Zeitpunkt ist deshalb so kontrovers, weil Steinmeier erst eine Reise in die Ukraine unternehmen wollte, die erst im dritten Anlauf gelang. In Kiew wird seine frühere Russlandpolitik als Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder überaus kritisch gesehen.
Später ging Merz im Interview mit der "Rheinischen Post", das in der Samstagsausgabe zu lesen ist, dann doch anders auf den Aspekt des Zeitpunktes ein: "Das war eine außerordentlich wichtige Rede zum richtigen Zeitpunkt." Er führt fort: "Der Bundespräsident kann nur appellieren, und das hat er in beeindruckender Weise getan." Nun liege es "an der operativen Politik, die Aufgaben unseres Landes zu lösen."
Steinmeier forderte die Bevölkerung zu Engagement und Zusammenhalt auf: "Deutschland, unser Land, braucht Ihren Willen zur Veränderung, braucht Ihren Einsatz für unser Gemeinwesen, damit wir dort ankommen, wo wir hinwollen."
Dabei sei ihm klar, dass sich niemand gerne einschränke, fuhr Steinmeier fort. Er sagte:
Mit seiner Forderung erinnerte Steinmeier an die berühmte Rede des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy. Jedoch mit einem gravierenden Unterschied.
Steinmeiers Rede stieß nur in einem Punkt auf Kritik: nämlich dem Stil des Vortrags und der Darbietung der Inhalte. Es sei doch ohne Pathos, sagte der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, im ZDF-Mittagsmagazin. Ob es die große Rede geworden sei, die von vielen erwartet und von Steinmeier selbst suggeriert wurde, wurde der Experte gefragt. "Es war eine wichtige Rede. Groß sehe ich im Moment noch nicht." Vielleicht könne sie ja noch groß werden, die Rede sei aber vor allem notwendig.
(Mit Material von afp)